Zusammenfassung
Standort des Unterschlagungstatbestandes im Strafgesetzbuch ist seit 1871 der § 246. Am Inhalt dieser Vorschrift war seit Bestehen des StGB über ein Jahrhundert lang nichts verändert worden. Im Zuge des 6. Strafrechtsreformgesetzes hat der Gesetzgeber das Erscheinungsbild des Tatbestandes durch Entfernung alter und Hinzufügung neuer Merkmale erheblich umgestaltet. Um das Delikt Unterschlagung nach der neuen Fassung des § 246 zu verstehen und insbesondere seine Grenzen zu erkennen, wird man immer wieder einen Blick auf die Rechtslage vor dem 1. 4. 1998 werfen und den bis dahin erzielten Erkenntnisstand der Strafrechtsdogmatik als Interpretationsrichtlinie heranziehen müssen.
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Notes
- 1.
Hohmann (2013), 161: „… wohl tiefsten Eingriff …“.
- 2.
§ 246 I a. F. „Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.“
- 3.
Fahl (2014), 382 (384).
- 4.
Sinn (2002), 64 (66).
- 5.
Zur Neufassung des § 246 passt diese Aussage nicht mehr, Gropp (1999), 1041 (1045).
- 6.
Maiwald (1970), 209.
- 7.
Maiwald (1970), 209.
- 8.
- 9.
Tenckhoff (1984), 775 (776) Fall 1.
- 10.
Maurach et al. (2009), § 34 Rn. 12.
- 11.
BGHSt 8, 273.
- 12.
Samson (1990), 5 (6).
- 13.
Wessels et al. (2013c), Rn. 308.
- 14.
BGH, NJW 1954, 889; OLG Braunschweig, JR 1966, 393 (394).
- 15.
Wessels et al. (2013c), Rn. 314.
- 16.
Rengier (2014a), § 5 Rn. 11.
- 17.
- 18.
- 19.
- 20.
- 21.
Die Vermischung des frisch getankten Benzins mit dem schon zuvor im Tank befindlichen und dem Kunden gehörenden Kraftstoff führt gem. §§ 947, 948 BGB zum Miteigentum an der Gesamtmenge.
- 22.
- 23.
- 24.
AG Hamburg, NJW 1986, 945 (947); Mitsch (1994), 877 (879).
- 25.
Hier – wie bei allen Eigentums- und Vermögensdelikten – gilt also, worauf Krack et al. (1995), 17 im Zusammenhang mit einem Problem des § 263 hinweisen: „Ohne eine sorgfältige Klärung der zivilrechtlichen Fragen lässt sich aber eine sachgerechte strafrechtliche Lösung nur schwer vorstellen.“ Kritisch zur Zivilrechtsabhängigkeit des Unterschlagungstatbestandes Baumann (1956), 522 ff.
- 26.
OLG Düsseldorf, NStZ-RR 1999, 41 (42).
- 27.
RGSt 30, 88 (91); BGHSt 14, 38 (44); OLG Köln, NJW 1963, 1992.
- 28.
OLG Düsseldorf, NJW 1992, 60; Gribbohm (1963), 106.
- 29.
BGH, NJW 1970, 1753 (1754); Arzt et al. (2009), § 15 Rn. 5.
- 30.
RGSt 61, 65 (66); BGHSt 1, 262; 5, 61 (62); 34, 309; BGH, NJW 1987, 2242 (2243); BGH, wistra 2007, 18 (20); OLG Celle, NJW 1974, 2326 (2327); Hauck (2008), 241 (244).
- 31.
RGSt 61, 65 (66).
- 32.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 22.
- 33.
Baumann et al. (2003), § 17 Rn. 105.
- 34.
So aber Weber (1981), 133 (143).
- 35.
Eine Ausnahme ist z. B. § 306 e StGB.
- 36.
Hohmann (2013), 161.
- 37.
Hörnle (1998), 169 (170).
- 38.
Zur Fundunterschlagung vgl. Duttge et al. (1998), 884 (891).
- 39.
Eindrucksvoll krass das Beispiel der telefonischen Fahrrad-Schenkung bei Sander et al. (1998), 273 (276), deren aus § 246 n. F. ableitbare Qualifikation als Unterschlagung die Autoren zu Recht ein „befremdliches Ergebnis“ nennen; ebenso Duttge et al. (1998), 884 (909); Fahl (2014), 382 (383); Jahn (1999), 195 (207); Otto (2003), 87 (88); Schenkewitz (2003), 17 (21). Für unbegründet hält diese Kritik Börner (2004), 215.
- 40.
- 41.
Cantzler (2001), 567 (569).
- 42.
Jahn (1999), 195 (214): ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal.
- 43.
- 44.
Sinn (2002), 64.
- 45.
Das Merkmal „gehört“ in § 274 I Nr. 1 stellt nicht auf das Eigentum, sondern auf die Beweisführungsbefugnis ab, vgl. BGHSt 29, 192 (194).
- 46.
RGSt 49, 194 (198).
- 47.
Welzel (1969), S. 345.
- 48.
Arzt et al. (2009), § 15 Rn. 9; Fahl (2014), 382 (383).
- 49.
Die große berichtigende Auslegung wollte nur die Lücke schließen, die entsteht, wenn der Täter im Zeitpunkt der Zueignung keinen Gewahrsam hat. Als selbstverständlich vorausgesetzt wurde dabei, dass der Eigentümer keinen Gewahrsam an der Sache mehr hatte.
- 50.
- 51.
- 52.
- 53.
Vgl. dazu auch Duttge et al. (1998), 884 (889 ff.); Jahn (1999), 195 (197 ff.).
- 54.
Feldhaus (1953), 1738 (1739), nach dem es gegen Art. 3 I GG verstieße, den Unterschlagungstatbestand nicht auf die Fälle zu erstrecken, die nur mittels großer berichtigender Auslegung als Unterschlagung qualifiziert werden können.
- 55.
- 56.
- 57.
Als X dem T den Ring abnahm, befand dieser sich im Gewahrsam des T und konnte daher wieder gestohlen werden.
- 58.
Nach Ansicht von Duttge et al. (1997), 281 (286); (1998), 884 (891) schon vorher.
- 59.
- 60.
Zu der Frage, ob eine der ersten Zueignung folgende Handlung überhaupt Zueignung sein kann, unten 2.2.1.4.5.
- 61.
Bockelmann (1953), 3 (8) Fn. 55.
- 62.
- 63.
BGHSt 4, 76 (77); 13, 43 (44); AG Hamburg, NJW 1986, 945 (947); Gössel (1996), § 11 Rn. 2.
- 64.
Gössel (1996), § 11 Rn. 25.
- 65.
Sander et al. (1998), 273 (276).
- 66.
Jäger (2000), 1167.
- 67.
- 68.
Maiwald (1970), 193.
- 69.
Sinn (2002), 64 (67) Fn. 54.
- 70.
Kudlich (2001), 767 (772).
- 71.
- 72.
Otto (1970), 129.
- 73.
Diebstahl scheidet aus, weil der Geldkoffer mit dem Abwurf gewahrsamslos geworden war.
- 74.
Zur Unterschlagung in mittelbarer Täterschaft vgl. Otto (1970), 263.
- 75.
Otto (1970), 130.
- 76.
- 77.
- 78.
BGHSt 40, 8 (18); Maiwald (1971), 643 (644).
- 79.
- 80.
Schenkewitz (2003), 17 (18).
- 81.
Schenkewitz (2003), 17 (20).
- 82.
Gribbohm (1963), 106.
- 83.
- 84.
Gribbohm (1963), 106 (107).
- 85.
- 86.
Maiwald (1970), 196.
- 87.
Kargl (1991), 136 (163).
- 88.
Samson (1990), 5 (7).
- 89.
Sinn (2002), 64 (67); vgl. auch den Fall OLG Brandenburg, NStZ 2010, 220, wo die Angeklagte die Sache dem Eigentümer im Hauptverhandlungstermin zurückgab.
- 90.
Vgl. LG Potsdam, NStZ-RR 2008, 143.
- 91.
Degener (2001), 388 (397).
- 92.
Zur Verteidigung gegen den Vorwurf der Unterschlagung hätte T mit Aussicht auf Erfolg die unwahre Behauptung aufstellen können, er habe die CDs dem O im Jahr 1990 gestohlen. Dieser angebliche Diebstahl wäre im Jahr 2020 nämlich schon längst verjährt, § 78 III Nr. 4. Dagegen würde die Verjährung der Unterschlagung im Jahr 2020 gerade mal beginnen, vgl. § 78 a.
- 93.
In tatsächlicher Hinsicht wird dabei unterstellt, dass die Beständigkeit des Materials, aus dem die CDs hergestellt sind, eine erhebliche Abnutzung und Entwertung derselben sogar bei häufigem Abspielen über einen sehr langen Zeitraum hinweg ausschließt. Anders wäre der Fall also bei den alten Vinylscheiben zu beurteilen, deren Substanz durch mechanische Einwirkungen (z. B. Kratzer) allmählich verschlechtert wurde; vgl. BGHSt 34, 309 (312).
- 94.
- 95.
- 96.
Arzt et al. (2009), § 15 Rn. 19, 21.
- 97.
- 98.
Dencker et al. (1998), Rn. 56, nach dem ein tauglicher beendeter Enteignungsversuch ausreicht.
- 99.
Basak (1999), 173 (189).
- 100.
- 101.
RGSt 61, 65 (66); OLG Hamm, JR 1952, 204; Haberkorn (1962), 704 (706).
- 102.
Otto (1970), 127.
- 103.
Bockelmann (1982), 32.
- 104.
Tenckhoff (1984), 775 (780).
- 105.
Ausführliche Kritik bei Degener (2001), 388 (390 ff.).
- 106.
- 107.
Berechtigte Kritik auch bei Mylonopoulos (2001), 917 (920).
- 108.
Treffend die Kritik an der h. M. von Kargl (1991), 136 (139): „… aber worin der objektive Gehalt der Zueignung konkret bestehen soll, bleibt doch völlig unklar.“
- 109.
Aus demselben Grund versagt auch eine auf den Täter- oder Teilnehmerwillen abstellende Methode zur Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme, treffend dazu Renzikowski (1997), 17.
- 110.
- 111.
Basak (1999), 173 (188).
- 112.
- 113.
- 114.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 21.
- 115.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 26.
- 116.
Basak (1999), 173 (190).
- 117.
- 118.
Umgekehrt Degener (2001), 388 (398): Enteignung mit Aneignungsabsicht.
- 119.
- 120.
- 121.
RGSt 49, 16 (18).
- 122.
- 123.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 13.
- 124.
- 125.
- 126.
- 127.
- 128.
- 129.
- 130.
- 131.
- 132.
- 133.
- 134.
Sinn (2002), 64 (68).
- 135.
Schmid (1981), 806 (808).
- 136.
OLG Düsseldorf, StV 1990, 164.
- 137.
BayObLG, NJW 1961, 280 (281); Arzt et al. (2009), § 13 Rn. 145.
- 138.
BGHSt 34, 309 (312), OLG Düsseldorf, StV 1990, 164.
- 139.
- 140.
- 141.
Maiwald (1970), 202.
- 142.
Zu einer der Wegnahme unmittelbar nachfolgenden Unterschlagung vgl. BGH, NStZ 2011, 36 (37).
- 143.
- 144.
- 145.
- 146.
Im Fall BGHSt 16, 280 (281) stand der Betrug, mit dem sich der Täter die Sache verschafft hatte, der Anwendung des § 246 auf einen späteren Zueignungsakt nicht entgegen, da der Betrug nur auf Erlangung des Fremdbesitzes gerichtet – also selbst noch keine „Zueignung“ – war (Eigentumsvorbehalt); Otto (1970), 133.
- 147.
OLG Stuttgart, JZ 1973, 739 ff.
- 148.
- 149.
Selbstverständlich ist dem neuen Gewahrsamsinhaber gegenüber eine weitere Wegnahme derselben Sache möglich.
- 150.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 19.
- 151.
Zur Rechtsnatur des Verwarnungsgeldes (§ 56 OWiG) vgl. Mitsch (2005), § 25 Rn. 1.
- 152.
Der Auftritt als „Politesse“ (vgl. § 57 OWiG) ist außerdem Amtsanmaßung, § 132.
- 153.
Otto (1970), 135.
- 154.
- 155.
RGSt 76, 131 (134).
- 156.
Otto (1970), 113: „Zueignen wie auch Aneignen deuten auf Bewegung hin.“
- 157.
Schünemann (1968), 114 (117).
- 158.
- 159.
- 160.
Zur Zueignung durch Verpfändung vgl. BGHSt 12, 299 (302); Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 17.
- 161.
- 162.
Maiwald (1970), 268.
- 163.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 24.
- 164.
aA Gössel (1996), § 11 Rn. 31.
- 165.
- 166.
Samson (1990), 5 (9).
- 167.
- 168.
- 169.
- 170.
In diesem Fall wird X Eigentümer, wenn O die Verfügung des T genehmigt bzw. dem O den Pkw rückübereignet, § 185 II 1 BGB.
- 171.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 22.
- 172.
E hat das Fahrrad dem K nicht bereits nach § 931 BGB übereignet.
- 173.
Die Untergrenze des Strafrahmens ist bei der Veruntreuung nicht erhöht, sondern liegt bei 1 Monat Freiheitsstrafe, vgl. § 38 II.
- 174.
Dazu oben 1.3.1.1.2.
- 175.
Maiwald (1970), 209.
- 176.
Samson (1990), 5 (10).
- 177.
- 178.
BGHSt 9, 90 (91).
- 179.
BGHSt 16, 280 (282).
- 180.
Arzt et al. (2009), § 15 Rn. 35, wo der Tatbestand auf Fälle „begründeten“ Vertrauens beschränkt wird.
- 181.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 30.
- 182.
RGSt 40, 222 (223); Maiwald (1970), 210.
- 183.
- 184.
- 185.
Die Vereitelung dieser Sanktionen durch Beiseiteschaffen der Gegenstände kann daher als Strafvereitelung strafbar sein, vgl. §§ 258, 11 I Nr. 8.
- 186.
An- und Verkauf des Falschgeldes sind darüber hinaus nach § 146 I Nr. 2 und Nr. 3 strafbar.
- 187.
- 188.
- 189.
Umfassend zur strafrechtlichen Relevanz der Kunstverfälschung Döpfner, Der Restaurierungsbetrug, 1989.
- 190.
Gehrmann (2002), 193; Hörnle (1998), 169 (171).
- 191.
- 192.
Mikolajczyk (2005), 146.
- 193.
Jescheck et al. (1996), § 16.
- 194.
- 195.
BGH, NStZ 2012, 628; Cantzler et al. (2003), 483.
- 196.
Gehrmann (2002), 194; Hohmann (2013), 161 (162).
- 197.
Gehrmann (2002), 194.
- 198.
Gropp (2005), § 10 Rn. 57.
- 199.
- 200.
- 201.
Außerdem ist § 212 bzw. § 211 keine „andere Vorschrift“, dazu näher unten 2.4.2.4.
- 202.
Eisele (2012b), Rn. 263; Rengier (2014a), § 5 Rn. 58.
- 203.
Nowakowski (1971), 633 ff.
- 204.
Jescheck et al. (1996), § 14 I 2.
- 205.
Dies ist auch in Bezug auf die Subsidiaritätsklauseln der §§ 125 I, 248 b I und 265 a I weitgehend anerkannt; anders nur BGHSt 43, 237 ff.
- 206.
- 207.
- 208.
aA Wagner (1999), 797 (802 ff.).
- 209.
Wagner (1999), 797 (800).
- 210.
BGHSt 43, 237 ff.; nunmehr auch zu § 246 BGHSt 47, 243 (244).
- 211.
- 212.
Gehrmann (2002), 195.
- 213.
- 214.
BGHSt 14, 386 (388), wo die Verdrängungswirkung auf die Tatbestandsebene verlagert und sogar im Verhältnis zu § 249 anerkannt wird.
- 215.
Stree (1991), 285 (286).
- 216.
Daneben natürlich auch Unterschlagung, die aber hinter der Hehlerei zurücktritt.
- 217.
Schönke et al. (2014), § 259 Rn. 50.
- 218.
- 219.
Stree (1991), 285 (286).
- 220.
Gehrmann (2002), 195.
- 221.
- 222.
Maiwald (1970), 223.
- 223.
RGSt 49, 194 (198).
- 224.
Schönke et al. (2014), § 246 Rn. 1.
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Mitsch, W. (2015). Unterschlagung, § 246 StGB. In: Strafrecht, Besonderer Teil 2. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-44934-9_2
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