Zusammenfassung
Wir kommen im folgenden zu einem Grundsatz, der die bisher behandelten großenteils mit umfaßt, und der wegen seiner besonderen Tragweite den Brennpunkt der Auseinandersetzung über die Grundlagen der allgemeinen Psychologie bildet. Man kann diese allgemeinste inhaltliche Voraussetzung der überlieferten psychologischen Theoriebildung etwa folgendermaßen in Worte fassen:
Frei sich selbst überlassenes natürliches Geschehen ist von sich aus keiner Ordnung fähig; es geht früher oder später in chaotische Zustände über. Findet sich an Vorgängen oder unstarren Gebilden Ordnung, die über das zufällige Zusammentreffen eines Augenblickes hinaus andauert, so kann diese ihnen nur von außen aufgezwungen sein*). Hierfür gibt es grundsätzlich zwei Möglichkeiten: entweder ist sie durch die Ordnung starrer Gebilde bedingt, die das Unstarre und Bewegliche innerhalb bestimmter Grenzen festhalten oder in bestimmte Bahnen leiten (Formen, Gefäße; Röhren, Kanäle, Schienen, Leitungsdrähte); oder sie wird durch fortgesetzte Eingriffe eines überwachenden Geistes aufrecht erhalten. Ändert sich der Verlauf eines Geschehens, das durch starre Leitungen geordnet ist, so bedeutet dies notwendig eine Annäherung an das Chaos (Ausbruch, Überschwemmung, Entgleisung, Diffusion, Irradiation), — wenn nicht die Änderung durch besondere Eingriffe eines überwachenden Geistes veranlaßt ist. Kurz: es gibt keine eigene, innere, natürliche, sondern nur äußere, fremde, aufgezwungene Ordnung: es gibt keine Ordnung ohne Leitung; entweder Zwang oder Chaos.
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Referenzen
Es ist wohl klar, daß „Ordnung“ hierbei nicht in dem verwässerten Sinn beliebiger „Anordnung“, sondern in dem guten und ausgeprägten Sinn der alltäglichen Rede vom „Ordnung machen“, „in Ordnung bringen“, als Gegensatz von „Unordnung“ gemeint ist.
Kapitel 2.
Kapitel 3–5.
***) Kapitel 3.
Kapitel 2, § 9.
Man vergleiche hierzu die Ausführungen über psychische Gestalten in Kapitel 3,
Daß in der Größenordnung der Atome und Elektronen auch die Zwangsordnung sich als dynamische herausstellt, kann den Gegensatz, der für die Verhältnisse im Großen besteht, in keiner Weise aus der Welt schaffen; dies im einzelnen auseinanderzusetzen ist freilich hier nicht der Ort.
Die Vpn. waren in der Mehrzahl Schüler verschiedener Länder, Schichten und Kreise; dadurch ist die Behauptung über die Typenbedingtheit der Prägnanztendenz (Eilks 1936) klar widerlegt.
Was feste Reizbindung bedeutet, ergibt sich ohne weiteres aus der Umkehrung der Möglichkeiten gelockerter Reizbindung, § 7, 1 dieses Kapitels.
Vgl. Kapitel 4, § 20 f.
Diese Beständigkeit als Folge einer „Erwartung über Wirkliches“ (im 1. Sinn) zu erklären (Erismann 1938), ist nicht möglich, da es auch unfestes Wirkliches ebenso wie anschaulich Unfestes gibt (Mach 1922*; Metzger 1934).
Der Leser mag hieraus entnehmen, daß wir unter „Reiz“ ausschließlich ein solches Geschehen verstehen, das unmittelbar an einer Sinneszelle angreift, daß wir also eine entfernte Reizquelle nicht „Fernreiz“ nennen, wie dies noch vielfach üblich ist (Brunswik 1952); — aus Gründen, auf die wir im Kap. 8, § 9, zurückkommen.
In genügend lang fortgesetzter Dauerbeobachtung besteht übrigens die oben angedeutete besondere Vorbereitung des Beobachters, unter der dieser auch beim Fehlen einer oder der anderen aufgezählten Bedingung gelegentlich mehr als die beiden ersten Fassungen zu Gesicht bekommt (vgl. auch Sakurabayashi 1953).
Siehe auch Kap. 7, § 8, 4.
Siehe oben Kap. 2, § 5.
Siehe Kap. 2, § 5.
Das in § 2, 2, dieses Kapitels Gesagte bestätigende.
Siehe § 6, 1 dieses Kapitels.
Kap. 2, § 9, 2.
Vgl. § 12 dieses Kapitels.
Siehe § 5 dieses Kapitels.
Näheres hierüber Kap. 8.
Vgl. Kap. 8, Fußnote zu § 4, 2.
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Metzger, W. (1963). Das Problem der Ordnung. In: Psychologie. Wissenschaftliche Forschungsberichte, vol 52. Steinkopff, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-43189-4_7
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-43189-4_7
Publisher Name: Steinkopff, Heidelberg
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