Zusammenfassung
I. Die Regelung der Arbeitszeit ist gesetzestechnisch im neuen Arbeitsrecht nicht einheitlich für alle Arbeitnehmer erfolgt, sondern getrennt für gewerbliche Arbeiter im allgemeinen, für die Arbeiter in Bäckereien und Konditoreien im besonderen, und für Angestellte. Für die ersteren gilt die V.O. vom 23. 11. 18 (R.G.BI. S. 1334), ergänzt durch V.O. vom 17. 12. 18 (R.G.Bl. S. 1436), für die Arbeiter in Bäckereien und Konditoreien gilt die V.O. vom 23. 11. 18 (R.G.Bl. S. 1329), für die Angestellten die V.O. vom 18. 3. 19 (R.G.Bl. S. 315). Sowohl für Arbeiter wie für Angestellte, sofern sie im Handelsgewerbe beschäftigt sind, endlich gilt die V. O. vom 5. 2. 19 über Sonntagsruhe (R.G.B]. S. 176). Die Verordnungen über die Regelung der Arbeitszeit für Arbeiter und Angestellte („Arb.V.O.“ und „Ang V O “) gelten nur für die Zeit der wirtschaftlichen Demobilmachung, während die Bäckerei-V.O. vom 23. 11. 18 („Bäck.V.O.“) und die V.O. über Sonntagsruhe im Handelsgewerbe vom 5. 2. 19 auch darüber hinaus gelten 1).
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Literatur
Die Literatur über das neue Arbeitszeitrecht behandelt meist nicht die gesetzliche, sondern die durch Tarifvertrag zu treffende Regelung der Arbeitszeit, vor allem für die Bergarbeiter. Vgl. indessen die eingehende Darstellung von Gottschalk, Die Regelung der Arbeitszeit der Angestellten. Jur. Woch. 19, S. 353. Kürzere Inhaltsangabe der neuen Bestimmungen Arbeiterrechtsbeilage des Korrespondenzblatts der Generalkommission der Gewerkschaften Deutschlands 19, S. 18.
Über die auf völlig anderer (privatrechtlicher) Grundlage beruhende Regelung der Arbeitszeit der landwirtschaftlichen Arbeitnehmer vgl. unten S. 275.
A. M. Potthoff, Arbeitsrecht 5.72/73, der annimmt, der Ausdruck „gewerbliche Arbeiter“ könne nur im Sinne der Gew.O. Titel VII verstanden werden, umfasse hier aber auch die Angestellten einschließlich der Handlungsgehilfen. Richtig ist zwar, daß der Titel VII grundsätzlich auch fur diese gilt. Praktisch ist aber seine Geltung durch § 154 GewO. so gut wie ausgeschlossen. Gerade die für die Arbeitszeit in Betracht kommenden Bestimmungen der Gew.O., an welche doch die neuen Verordnungen anknüpfen, gelten danach für die kaufmännischen Angestellten nicht. Dazu kommt, daß man die Verhältnisse der Angestellten offenbar besonders regeln und nicht unter die obige Regelung für Arbeiter fallen lassen wollte (vgl. Denkschrift des Reichsarbeitsministers Bauer für die Nationalversammlung S. 31). So kommt man zu obigem Ergebnis.
Der hier mitgeregelte Arbeitszeitschutz der landwirtschaftlichen Nebenbetriebe wird indessen durch die Regelung der Landarbeitsordnung vielfach modifiziert (vgl. unten S. 270 ff.). Denn die Landarbeitsordnung ist das spätere Gesetz, und was danach als Inhalt des Arbeitsvertrages erlaubt ist, kann nicht gleichzeitig durch öffentlichrechtliche Schutzvorschriften verboten sein.
Genannt werden in §1, Abs.3 Gast-und Schankwirtschaften, Speiseanstalten aller Art (Pensionen, Heilanstalten, Fabrikkantinen), Warenhäuser, Mühlen und and ere gewerbliche Betriebe, sowie Bahnhofswirtschaften.
Wegen der Sonntagsruhe in Apotheken vgl. unten S. 151, wegen der Angestellten in landwirtschaftlichen Betrieben unten S. 273.
Die Aufsicht über Betriebe und Bureaus der Körperschaften des öffentlichen Rechts steht den die allgemeine Dienstaufsicht führenden Behörden zu (§ 16, Abs. 2 Ang. V. 0.).
Vgl. auch Potthoff, Gew.- u. Kaufm.Ger. 24, S. 260, und über die Übertragung weiterer Aufgaben an die Gewerbeaufsicht Fischer, Soz. Monatshefte 19, Bd. II, S. 788.
Für die Verjährung gilt § 145, Abs. 2 GewO. Gottschalk, a. a. 0.
Das künftige Recht dürfte auch längere Abschnitte, vor allem das Arbeitsjahr, der Regelung zugrunde legen, wobei indessen die drei Mittel der Regelung (Bestimmung der Höchstdauer, der Verteilung und der Unterbrechung der Beschäftigung) die gleichen bleiben. Ansätze hierzu finden sich bereits im geltenden Recht: a) Einmal wird, soweit Ausnahmen vom Arbeitszeitschutz zugelassen werden, gleichzeitig bestimmt, daß diese Ausnahmen eine bestimmte Höchstzahl von Tagen nicht übersteigen dürfen. b) In der Landarbeitsordnung ist die Höchstdauer der Arbeitszeit für die verschiedenen Jahresdrittel verschieden bestimmt (vgl. unten S. 275). Eine ähnliche Bestimmung galt übrigens auch schon bisher nach § 14 der Preuß. V.O. für piegelbeleganstalten vom 18.5.89 (H.M.BI. S. 77). c) Eine Unterbrechung des Arbeitsjahres durch Urlaubszeiten ist gesetzlich zwar noch nicht vorgeschrieben, in Tarifverträgen aber schon jetzt regelmäßig ausbedungen und dürfte künftig auch Bestandteil des Schutzrechts werden. Vgl. dazu auch Mitteilungsblatt..des Schlichtungsausschusses Groß-Berlin 8, S. 86, und für Deutsch-Osterreich Grünberg in Gew. u. Kaufm.Ger. 25, S. 36ff.
Nur für die in Steinkohlenbergwerken an Betriebspunkten mit einer gewöhnlich höheren Temperatur als + 28° C unterirdisch beschäftigten Arbeiter galt nach § 93 c des Allg. Berg. Ges. ein 6 ständiger Maximalarbeitstag.
Bescheid des Reichsarbeitsministers vom 10.7.19. Mitteilungsblatt des Schlichtungsausschusses Groß-Berlin 12, S. 138.
Vgl. Erlaß des Eisenbahnministers vom 11.12. 18 bei Syrup, Anm. 2 zu Art. III Arb. V.O.
Selbstverständlich sind die 8 Stunden nicht genau auf die Minute zu berechnen, geringfügige Überschreitungen um wenige Minuten sind daher, vor allem bei Angestellten, ausnahmsweise zulässig. So darf z. B. ein Anwalt einen angefangenen Brief zu Ende diktieren. Gottschalk, a. a. O. S. 355/56.
Dennoch wird in der Praxis, vor allem bei den kaufmännischen Angestellten, vielfach anders verfahren. Vielfach wird nämlich der Maximalarbeitstag nur der Lohnberechnung (Tariflohn) zugrunde gelegt, und die 8 Stunden übersteigende Arbeitszeit als iJberstundenarbeit bezahlt. Dies ist zweifellos formell gesetzwidrig, aber praktisch notwendig und bis zum Erlaß eines neuen Gesetzes, das die Ausnahmen eingehender regelt, als durch stillschweigende Duldung legalisiert anzusehen.
Zum Verkehrsgewerbe gehört auch die Straßenbahn. Gottschalk, a. a. O.
Unter diese 20 Tage fällt jeder Tag, an dem auch nur ein einziger Angestellter beschäftigt ist (§ 5, Abs. 2).
Das Nachtbackverbot der V. O. vom. 15. 1. 15 (R.G.BI. S. 8) war keine arbeitsrechtliche Bestimmung zum Schutze der Arbeiter in Bäckereien, sondern eine wirtschaftspolitische Maßregel zur Streckung der Mehlvorräte.
Die Bestimmung erfolgt durch diese, nicht durch den Arbeitgeber. Gottschalk, a. a. 0.
Vgl. Gottschalk, a. 3.0.
Bei Beschäftigung unter 4 Stunden braucht eine Pause überhaupt nicht gewährt zu werden.
Dagegen enthält der in Art. IV Arb. V. O. geregelte Fall, wonach den erwachsenen männlichen Arbeitern, die alle 3 Wochen einmal zu 16 stilndiger Arbeit herangezogen sind (vgl. oben S.140), in diesen 3 Wochen zweimal eine Mindestrnhezeit von je 24 Stunden zu gewähren ist, keinen Fall der Mindestruhezeit, sondern der Unterbrechung der Arbeitswoche durch freie Ruhetage. Dieser Fall ist daher unten S. 152 behandelt.
Dagegen ist trotz des § 7 Ang.V.O., der den § 2 mit zitiert, eine abweichende tarifliche Regelung unzulässig, vielmehr kann sich § 7 vernünftigerweise nur auf die Dauer der Arbeitszeit beziehen, wie ja auch das Zitat des § 3 daselbst bedeutungslos ist. Die Bestimmung des § 5 kommt hier nicht in Frage.
Doch gilt dies nur für diese, nicht auch für die in § 4 genannten Anlagen zur Herstellung von Zwieback, Keks, Biskuit, Honigkuchen, Waffeln oder Matze; für die letzteren gilt vielmehr (vgl. oben S. 142) lediglich die Nacht:uhe (§ 8 B tek.V.O.).
Zur geschichtlichen Grundlegung vgl. K ö hn e die Idee des Rechts auf arbeitsfreie Tage. Archiv für Rechts-u. Wirtschaftsphilosophie 12, S. 207.
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Kaskel, W. (1920). Die Regelung der Arbeitszeit. In: Das Neue Arbeitsrecht. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-26492-8_7
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