Zusammenfassung
K. H. Kingdon und H. E. Tanis1) haben kürzlich ein Entladungsrohr beschrieben, mit dem es ihnen gelungen ist, außerordentlich intensive Röntgenblitze sehr kurzer Zeitdauer (≈5μs) zu erhalten. Wir haben gleichzeitig2) und unabhängig davon ähnliche Versuche ausgeführt, über die wir hier berichten wollen3). Der wesentliche Unterschied der Anordnungen von K. H. Kingdon und H. E. Tanis einerseits und der von uns untersuchten besteht wohl darin, daß bei der amerikanischen Arbeit das Ziel war, hohe Intensitäten sehr harter Strahlung — vermutlich vor allem zu therapeutischen Versuchen — zu erhalten, während wir uns außerdem bemüht haben, gleichzeitig einen kleinen Brennfleck auf der Anode (Antikathode) zu erzeugen, der für die Gewinnung möglichst scharfer Röntgenbilder erforderlich ist. Das Interesse der Röntgentechnik an derart kurzen Röntgenblitzen liegt in der sich damit bietenden Aussicht, Bewegungsvorgänge im Innern der verschiedensten Objekte untersuchen zu können: so etwa die Bewegungen des schlagenden Herzens — gegebenenfalls in kinematographischer Folge — aber vor allem noch viel raschere Vorgänge, wie etwa das Eindringen eines Geschosses in irgendwelche Ziele, oder die Strukturuntersuchung rasch bewegter, dynamisch belasteter Maschinenteile. Dabei bietet sich im letzteren Falle bei periodischen Bewegungen noch die Möglichkeit, bei Objekten solcher Dicke, daß ein Einzelröntgenblitz zur Aufnahme nicht ausreicht, mit mehreren synchron zur Bewegungsperiode des bewegten Maschinenteiles gesteuerten Einzelblitzen ausreichende Belichtungen zu erreichen. Die im folgenden beschriebenen Anordnungen sind nun zwar noch durchaus davon entfernt, als technische Untersuchungsgeräte für die genannten Zwecke dienen zu können; immerhin aber zeigen diese Laboratoriumsversuche bereits Ergebnisse, die solche Geräte einmal möglich erscheinen lassen.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Literatur
K. H. Kingdonu. H. E. Tanis: Phys. Rev. 53 (1938) S. 128.
DRP. am 21. Okt. 1937. 3) Vorläufige Mitteilung in Naturwiss. 26 (1938) 5. 476.
Der Grund für den raschen Aufbau der Funkenentladung liegt letzten Endes darin, daß die Elektronen in der Funkenstrecke bei den kleinen Weglängen in dem dichten Gas sehr rasch aufeinanderfolgende Ionisierungsakte ausführen können, während in der Vakuumentladung die entsprechenden Ionisierungsvorgänge sich viel langsamer folgen, weil die Elektronen zwischen zwei gaskinetischen Zusammenstößen viel größere Strecken zurücklegen müssen.
Siehe z. B. die Behandlung der Zündung von Glühkathodenrohren in A. v. Engel u. M. Steen-beck: Elektrische Gasentladungen 2, Berlin (1934) S. 189.
Daß wir trotz der hohen Spannung zwischen Kathode und Anode auch in diesem Fall quasineutrales Plasma annehmen dürfen, zeigt folgende Überschlagsrechnung: Bei einem Elektrodenabstand von 10 cm, wie ihn K. H. Kingdon und H. E. Tanis etwa verwendet haben, und bei einem Elektronenüberschuß von nur 101° Elektronen cm-3 würde diese Elektronenraumladung ein Spannungsgefälle zwischen Kathode und Anode von 900000 V brauchen, wenn die Feldstärke nirgendwo negativ werden soll; bei einer Elektrodenspannung von 100 kV kann dementsprechend höchstens ein Elektronenüberschuß von etwa 1 10° bestehen. Die gesamte Elektronendichte im Plasma erreicht aber einen Wert von 1011 1012 cm -3, wie die weitere Rechnung ergibt. Demgegenüber ist der mögliche Elektronenüberschuß also vernachlässigbr klein.
Zahlenangaben siehe A. v. Enge 1 u. M. Steenbeck: Elektrische Gasentladungen 1, Berlin (1932) S. 35.
Wir rechnen mit einem durchweg reibungsfreien Elektronenflug, weil in dem in Frage kommenden Druckbereich die freien Weglängen größer sind als der Elektrodenabstand, insbesondere bei den hier auftretenden hohen Elektronengeschwindigkeiten.
An sich ist eine genauere Berechnung durch Integration von (5) natürlich ohne weiteres möglich. Bild 4 zeigt das Ergebnis dieser Rechnung. Die genaueren Anfangsbedingungen, die wir hier unbestimmt lassen wollen [Abweichungen von der Quasineutralität (s. S. 4)], äußern sich lediglich in dem ersten Beginn des Stromverlaufes. Die mit eingezeichnete Länge ‘rmin zeigt, daß diese Größe in der Tat ein vernünftiges Maß für die Entladungsdauer ist. — Ein nur um 11% anderes Zeitmaß erhält man aus.
A. v. Engel u. M. Steenbeck 1: a. a. O.
F. Kohlrausch: Lehrbuch der praktischen Physik. 13. Aufl. Leipzig u. Berlin (1921) S. 534.
Unter Umständen sogar mehr als 100%, weil mehrfache Ionisierungen möglich sind.
Ähnliche Begrenzungen des Entladungsstromes wie bei den „Kälteüberspannungen“ in Quecksilberdampf- Gleichrichtern.
W. Espe u. M. Knoll: Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik Berlin (1936) S. 20.
Siehe z. B. F. Oendorff in R. Rothe, F. 011endorff u. K. Pohlhausen: Funktionentheorie. Berlin (1931), S. 137 ff.
Gaskinetische Geschwindigkeit des Quecksilberatoms bei 300° K etwa 2 104 cm/s; auch bei starker Überhitzung des Dampfes ist vermutlich im vorliegenden Fall die Geschwindigkeit nicht größer als einige 105 cm/s 100000° K). Innerhalb der Entladungsdauer von 1 N.s kann sich die Dampfwolke daher nicht wesentlich weiter als einige mm von der Anode entfernt haben.
Im Schrifttum bekannt als „Striktionsstrahlen`, siehe z. B. Müller -Pouillet: Lehrbuch der Physik. 11. Aufl. 4, Teil 3, Braunschweig (1933) S. 378.
Sehr reines Sintereisen mit mehr als 99,98% Fe. Siehe z. B. W. Espe u. M. Knoll, Werkstoffkunde der Hochvakuumtechnik. Berlin (1936), S. 61.
Für Hilfe bei den Schießversuchen sowie für Überlassung von Gewehr und Munition habe ich den Herrn Prof. Dr. H. Kändler und E. Wüstling zu danken.
Editor information
Editors and Affiliations
Additional information
Besonderer Hinweis
Dieses Kapitel ist Teil des Digitalisierungsprojekts Springer Book Archives mit Publikationen, die seit den Anfängen des Verlags von 1842 erschienen sind. Der Verlag stellt mit diesem Archiv Quellen für die historische wie auch die disziplingeschichtliche Forschung zur Verfügung, die jeweils im historischen Kontext betrachtet werden müssen. Dieses Kapitel ist aus einem Buch, das in der Zeit vor 1945 erschienen ist und wird daher in seiner zeittypischen politisch-ideologischen Ausrichtung vom Verlag nicht beworben.
Rights and permissions
Copyright information
© 1938 Springer-Verlag Berlin Heidelberg
About this chapter
Cite this chapter
Steenbeck, M. (1938). Über ein Verfahren zur Erzeugung intensiver Röntgenlichtblitze. In: Wissenschaftliche Veröffentlichungen aus den Siemens-Werken. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-24676-4_1
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-24676-4_1
Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-22745-9
Online ISBN: 978-3-662-24676-4
eBook Packages: Springer Book Archive