Zusammenfassung
Zweiseitige Plattformen unterscheiden sich aus industrieökonomischer Sicht von einseitigen Plattformen durch das Vorliegen indirekter Netzeffekte. Dementsprechend verhalten sich zweiseitige Plattformen zum Teil signifikant anders als einseitige Plattformen oder gewöhnliche Pipeline-Märkte. Die Strategie von Plattform-Unternehmen ist darauf ausgerichtet, indirekte Netzeffekte zu erkennen, zu nutzen, zu stärken und zu erhalten. Die Theorie der zweiseitigen Märkte zeigt, wie sich indirekte Netzeffekte auf Unternehmen auswirken. Aus den theoretischen Modellen können so Handlungsempfehlungen für den Markteintritt, die Preissetzung oder das Verhalten im Wettbewerb abgeleitet werden. Das vorliegende Papier arbeitet die Relevanz der indirekten Netzeffekte heraus und stellt einige Implikationen für das strategische Verhalten von Plattformen dar.
Wir bedanken uns bei zwei anonymen Gutachtern für sehr wertvolle Hinweise!
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Notes
- 1.
Im Gegensatz dazu profitieren bei direkten Netzwerkeffekten die Nutzer auf einem Markt von der Zahl der Nutzer auf demselben Markt (zum Beispiel Nutzer eines sozialen Netzwerkes).
- 2.
Vgl. zum Beispiel Deutsche Bank (2017).
- 3.
Vgl. Dewenter (2007).
- 4.
Wir beschränken uns im Folgenden der Einfachheit halber auf zwei Marktseiten. Mehrseitige Plattformen können jedoch ebenso drei oder mehr Marktseiten aufweisen. In diesem Fall ist die Analyse entsprechend für alle Marktseiten.
- 5.
Im Folgenden sprechen wir von Kundengruppen oder Marktseiten. Zweiseitige Märkte verbinden immer mindestens zwei unterschiedliche Kundengruppen oder Märkte. Beide Marktseiten können auch als Kundengruppen angesehen werden. Die beiden Begriffe werden deshalb synonym verwendet.
- 6.
Matchmaker wie Immobilienmakler reduzieren die Transaktionskosten, indem ein Match zwischen Käufern und Verkäufern herbeigeführt wird. Transaktionssysteme reduzieren die Transaktionskosten, indem der Austausch zwischen bereits zusammengeführten Parteien erleichtert wird. Aus diesem Grund handelt es sich bei den Transaktionssystemen auch nicht um Matchmaker.
- 7.
Vgl. Rochet und Tirole (2003).
- 8.
Je mehr Frauen eine Dating-Plattform gewinnen kann, desto größer ist der Nutzen für Männer, die die Plattform nutzen (und umgekehrt). Je mehr attraktive Wohnungen in guten Lagen auf Airbnb angeboten werden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass Reisende lieber private Apartments statt Hotels nutzen. Bei werbefinanzierten Plattformen kann es aber auch zu negativen Netzeffekten kommen: Werbung wird als störend wahrgenommen und senkt somit den Wert des Produkts: So sinkt der Nutzen und damit die Zahlungsbereitschaft der Nutzer durch den Netzeffekt.
- 9.
- 10.
- 11.
- 12.
Vgl. Salminen (2014).
- 13.
Vgl. Hagiu (2007).
- 14.
- 15.
In Parker et al. (2016) werden acht gängige Strategien aufgezählt, die angewendet wurden, um das Henne-Ei-Problem zu lösen.
- 16.
Dass dies nicht immer trivial ist, zeigt das Beispiel des Suchmaschinenmarktes. Während die Gruppen der Suchenden und der Werbekunden offensichtlich zu den Nutzergruppen gehören, existiert mit den Inhalteanbietern eine dritte Gruppe. Jede Website, die Inhalte zur Verfügung stellt, ist demnach ein potenzielles Ziel einer Suchanfrage. Durch einen Komplettscan des Netzes lässt sich jede dieser Websites katalogisieren. Auf diese Weise fällt es den Suchmaschinen leicht, die alle denkbaren Ziele einer Suche zur Verfügung zu stellen. Die richtige Auswahl der Inhalte durch eine herausragende Suchstrategie entscheidet dann über den Erfolg der Suchmaschinen.
- 17.
- 18.
Bei Audience-Makern stellt sich die Frage in der Regel nicht, da hier zunächst der Inhalt zur Verfügung gestellt werden muss, um die Aufmerksamkeit der Nutzer zu generieren. Bei anderen zweiseitigen Plattformen wie etwa bei Matchmakern kann die Identifikation der richtigen Marktseite dagegen komplexer sein.
- 19.
Multihoming bezeichnet eine Situation, in der die Marktseiten mehr als eine Plattform gleichzeitig nutzen. Greift ein Nutzer zum Beispiel abwechselnd auf Google Search und Bing zurück, liegt demnach Multihoming vor.
- 20.
Vgl. Fath und Sarvaryi (2003), Chaillaud und Jullien (2003) und Hagiu (2006).
- 21.
Die Nutzung bereits bestehender Netzwerke ist jedoch nicht darauf beschränkt, eigene Nutzergruppen zu adressieren. Ebenso denkbar sind Kooperationen mit anderen Unternehmen, die eine Nutzung fremder Netzwerke erlaubt.
- 22.
Vgl. Hagiu (2009).
- 23.
Die Begriffe „subventioniert“ und „ausgebeutet“ bedeuten hier nicht unbedingt, dass eine tatsächliche Subventionierung oder Ausbeutung vorliegt. Vielmehr wird dadurch nur unterstrichen, dass ein Preis im Vergleich zum einseitigen Markt gering und der andere Preis entsprechend hoch gesetzt wird.
- 24.
Dies hängt natürlich auch damit zusammen, dass in diesem Fall angenommen wurde, dass die Marktgrößen und die Preiselastizitäten in beiden Märkten eins entsprechen und damit identisch sind. Trifft diese Annahme nicht zu, können dennoch unterschiedliche Preise resultieren.
- 25.
Vgl. Dewenter und Rösch (2015).
- 26.
Im negativen Bereich in Abb. 6 bei einem Netzeffekt von d > 1, ergibt sich ein deutlich stärker negativer Preis im Monopolmodell. Dieses Phänomen ist auf den Vorteil des Monopolisten bei der Internalisierung der Netzeffekte zurückzuführen. Während das Monopol die gesamte Marktmenge anbieten kann, kann die duopolistische Plattform lediglich die Hälfte der Marktmenge anbieten. Der Effekt auf die jeweils andere Marktseite ist demnach auch geringer. Liegen starke Netzeffekte vor, so kann dies ein Monopol durch geringe Preise besser ausnutzen als ein Duopolist. Da eine monopolistische Plattform die Netzeffekte besser ausnutzen kann, ist der Markterweiterungseffekt auch stärker als bei allen anderen Marktformen. Unter Umständen kann dies dazu führen, dass der Markterweiterungseffekt im Monopol größer ist als der negative Effekt auf die Konsumentenrente. In diesem Fall ist dann die Wohlfahrt im Monopol größer als etwa im Cournot-Duopol.
- 27.
- 28.
Natürlich ist wie auch in anderen Märkten eine Kombination aus einem festen Preisbestandteil und einer nutzungsabhängigen Komponente denkbar. Auf diese Weise würde eine Preisdifferenzierung erreicht, die jedoch ein gewisses Maß an Marktmacht erfordern würde (vgl. Rochet und Tirole 2003).
- 29.
Vgl. Filistrucchi et al. (2014). An dieser Stelle soll darauf hingewiesen werden, dass eine Transaktionsplattform nicht mit einem Transaktionssystem gleichzusetzen ist. Erstere ist eine Definition auf der Ebene der Beobachtbarkeit von Transaktion, während Letztere eine Art der zuvor definierten zweiseitigen Plattformen darstellt.
- 30.
Natürlich spielt auch hier die Preiselastizität der Nachfrage eine Rolle. Ist diese zum Beispiel aufgrund von starker Konkurrenz sehr hoch, hat auch dies Auswirkungen auf die Preishöhe.
- 31.
Neben den Nullpreisen lassen sich ebenso negative Preise feststellen. Zeitungs- und Zeitschriftenabonnements sind zum Teil im ersten Jahr durch diverse Beigaben so stark subventioniert, dass der Wert des Abos inklusive der Beigaben über dem Abonnementpreis liegen können. Typische Beigaben sind Kaffeemaschinen oder andere technische Geräte sowie diverse Gutscheine.
- 32.
- 33.
Vgl. Dewenter und Rösch (2015).
- 34.
Vgl. Parker et al. (2016).
- 35.
Picard und Wildman (2015).
- 36.
Dabei sollte darauf verwiesen werden, dass diese zusätzlichen Angebote nicht notwendigerweise von der Plattform selbst angeboten werden müssen. Auch andere Unternehmen können Zusatzservices bereitstellen, allerdings muss die Plattform dies zulassen bzw. die entsprechende Infrastruktur dafür zur Verfügung stellen.
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Dewenter, R., Löw, F., Rösch, J. (2021). Digitale Plattformen aus industrieökonomischer Sicht. In: Seiter, M., Grünert, L., Steur, A. (eds) Management Digitaler Plattformen. ZfbF-Sonderheft, vol 75/20. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31118-6_2
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