Zusammenfassung
Analoge Alltagspraktiken sind mittlerweile auf vielfältige Weise mit der digitalen Sphäre verbunden. Digitale Technologien wirken somit bis in den Sozialraum hinein und beeinflussen das Zusammenleben in Quartier und Nachbarschaft. Viele dieser kleinräumlichen Effekte sind allerdings noch unbekannt. Im vorliegenden Beitrag nehmen wir in den Blick, wie Nachbarschaftsplattformen und soziale Medien die heutigen Nachbarschaftspraktiken beeinflussen. Als kontrastierender Analyserahmen dient das Nachbarschaftskonzept von Bernd Hamm von 1973, das anhand der Ergebnisse der vhw-Studie Vernetzte Nachbarn und unter Einbeziehung weiterer Untersuchungen auf seinen aktuellen Gehalt überprüft wird. Die Autor*innen kommen dabei zu dem Schluss, dass die grundlegenden Funktionen von Nachbarschaft auch in der Postmoderne erfüllt werden. Jedoch hat sich das Spektrum an Praktiken deutlich erweitert, die durch die Digitalisierung zudem transformiert und zum Teil erst ermöglicht werden. Daher plädieren die Autor*innen dafür, Quartiere stärker als hybride Räume zu verstehen, bei denen die digitale Sphäre in sozialräumlichen Analysen konsequent miteinbezogen wird.
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Becker, A., Schnur, O. (2020). Die Digitalisierung des Zusammenlebens. In: Hannemann, C., Othengrafen, F., Pohlan, J., Schmidt-Lauber, B., Wehrhahn, R., Güntner, S. (eds) Jahrbuch StadtRegion 2019/2020. Jahrbuch StadtRegion. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30750-9_1
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