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Die Ko-Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen – eine organisationssoziologische Konzeption

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Die Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen

Part of the book series: Migrationsgesellschaften ((MIGRAGS))

Zusammenfassung

Für den konzeptionellen Rahmen dieser Untersuchung sollen verschiedene Aspekte verknüpft werden. Wie dargelegt wurde, steht im Kern das Verständnis von städtischen Verwaltungen als Organisationen – es gilt daher, ihre Praktiken und Strukturen organisationstheoretisch zu fassen. Die Konzeption soll darüber hinaus das Zusammenspiel der Verwaltungsorganisationen mit weiteren Kontexten und Dynamiken erfassen: mit integrationspolitischen Programmen und Diskursen, mit beruflichen Werdegängen und Praktiken (potenzieller) Beschäftigter aus Einwandererfamilien sowie mit dem städtischen Kontext und der zunehmend durch Migration geprägten Bevölkerung.

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Notes

  1. 1.

    ‚Die Produktion von Migration‘ lautet der Titel des Graduiertenkollegs am Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), in dessen Rahmen und Diskussionszusammenhang diese Arbeit entstanden ist.

  2. 2.

    Weitere Typen sozialer Systeme bilden nach der Systemtheorie die Gesellschaft und ihre Funktionssysteme (wie Politik, Recht, Ökonomie, Erziehung etc.) sowie Interaktionssysteme (d. h. Kommunikation unter physisch Anwesenden).

  3. 3.

    Kommunikation besteht laut Luhmann aus den drei Bestandteilen: Mitteilung, Information und Verstehen (Luhmann 1984, S. 193–201). Sie kommt zustande, wenn die Mitteilung einer Information von dem Adressaten verstanden wird. Erst das Verstehen macht Kommunikation möglich – ohne Verstehen würde die Mitteilung der Information im Leeren verpuffen und keine weitere soziale Relevanz haben.

  4. 4.

    Die immer wieder geäußerte Kritik an den fehlenden Akteuren in der systemtheoretischen Organisationssoziologie greift daher zu kurz (siehe auch Nassehi 2005, S. 182).

  5. 5.

    Als ‚Entscheidung‘ wird nur diejenige Kommunikation gefasst, die für die Reproduktion der Organisation notwendig ist (Luhmann 2000a, S. 68). Daneben kommt in einer Organisation andere Kommunikation vor, etwa Anfragen, die auf Entscheidungen bezogen sind, alltägliche Handgriffe und sozialer Austausch. Im Zweifelsfall könne aber fast alles Verhalten als Entscheidung thematisiert werden (Luhmann 2000a, S. 68).

  6. 6.

    Reckwitz stellt die praxeologische Perspektive zwar der Systemtheorie entgegen, die er als ‚textualistisch‘ klassifiziert (Reckwitz 2003, S. 288 f.), jedoch basiert dies auf einem verkürzten Verständnis des systemtheoretischen Grundkonzepts der ‚Kommunikation‘ (Nassehi 2011, S. 24).

  7. 7.

    Diese Gemeinsamkeit soll nicht die Unterschiede der Theorierichtungen verneinen. So ist insbesondere der praxistheoretische Fokus auf Materialität und Körperlichkeit (Reckwitz 2003, S. 290 f.) nicht direkt mit der ‚immateriellen‘ kommunikationstheoretischen Systemtheorie kompatibel (für einen Versuch der Verknüpfung siehe Nassehi 2011, S. 25 f.).

  8. 8.

    Laut Luhmann „legt sich die Organisation auf eine Welt fest, die sie selber konstruiert hat und an die sie glaubt, weil sie das Resultat ihrer eigenen Entscheidungsgeschichte ist“ (Luhmann 2000a, S. 216). Sie beobachtet bzw. konstruiert eine (Um-)Welt auf der Basis der Raster, die sie anlegt, um sich selbst von der Umwelt zu unterscheiden. Die von einer Organisation konstruierte Umwelt unterscheidet sich von der Umwelt, die eine andere beobachtende Instanz, etwa eine andere Organisation, konstruiert – und ist nicht die ‚objektive‘ Welt, die in der radikalkonstruktivistischen Beobachtungstheorie ohnehin von keiner Position aus beobachtet werden kann (Luhmann 2000a, S. 72).

  9. 9.

    Der systemtheoretische Ansatz bestimmt das Verhältnis zwischen Politik und Verwaltung auch vom politischen System aus: Verwaltung (im Singular) wird als Teilsystem des politischen Systems gefasst, dessen gesellschaftliche Funktion in der Herstellung kollektiv bindender Entscheidungen liegt (Luhmann 2010, S. 152). Dies geschieht unter anderem durch Verwaltungsorganisationen, jedoch sind diese, wie erläutert, mehr als Teile des politischen Systems.

  10. 10.

    Czarniawska und Joerges heben zwar hervor, dass sich neue Konzepte im institutionellen Kontext von Organisationen räumlich verbreiten („travels of ideas“) und an konkreten Orten je spezifisch ‚materialisieren‘ (Czarniawska und Joerges 1996, S. 23), doch bezieht sich das ‚Lokale‘ dabei auf die organisationalen Kontexte und nicht auf eine lokale Umwelt, in die diese eingebettet sind.

  11. 11.

    Der Aspekt der räumlich-vertikalen Zuordnung von Zuständigkeiten und ihrer Dynamiken hat Ähnlichkeiten mit dem sozialgeografischen Konzept der ‚Scale‘. Es beschreibt, dass soziale Gegebenheiten, Prozesse und Problemlagen räumlich auf unterschiedlichen Maßstabsebenen (von lokal bis global) organisiert sind und politisch bearbeitet werden (siehe Belina 2014, S. 42–44).

  12. 12.

    Der Unterschied zwischen formalen und informellen Strukturen besteht darin, dass das Erfüllen formaler Regeln im Unterschied zu informellen Erwartungen von den Mitgliedern eingefordert werden kann und bei Nichterfüllung Sanktionen (z. B. Kündigung) ausgesprochen werden können (Luhmann 1964, S. 38). Steht die Unterscheidung zwischen Formalität und Informalität in klassischen Organisationstheorien noch zentral, wird sie in neueren Ansätzen, die Dynamik und Prozesshaftigkeit des Organisierens betonen, nachrangig (siehe Groddeck und Wilz 2013). Dies gilt auch für den systemtheoretischen Ansatz (siehe Tacke 2013, S. 71–74).

  13. 13.

    Stefan Kühl knüpft das im systemtheoretischen Ansatz später ergänzte Konzept der Organisationskultur an das frühere Konzept der Informalität an (Kühl 2011, S. 113–117). Veronika Tacke argumentiert, dass dies jedoch (system-)theoretisch nicht konsistent sei (Tacke 2013, S. 70–74).

  14. 14.

    Für eine Diskussion dieses Ansatzes mit anderen Konzepten organisationaler Identität siehe Seidl (2003), Scheidemann (2009, S. 89–93).

  15. 15.

    Ein konstruktivistisches Verständnis von Ethnizität entwickelte bereits Max Weber (1976, S. 174). Dass die Grenzziehungen zwischen Gruppen den Kern von ‚Ethnizität‘ bilden und nicht die vermeintliche Essenz einer Gruppe, betonen insbesondere auch Barth (1969), Brubaker (2004) und Wimmer (2008).

  16. 16.

    Mit welchen Begriffen dies alltäglich und wissenschaftlich geschieht, ist von gesellschaftlichen Pfadabhängigkeiten und Konventionen des Sagbaren geprägt: Während etwa in Großbritannien oder den USA die Kategorie ‚race‘ gang und gäbe ist, hat sich in Deutschland seit einigen Jahren der ‚Migrationshintergrund‘ als zentrale Unterscheidungskategorie etabliert, weshalb in dieser Arbeit insbesondere auch von ‚migrationsbezogenen‘ Unterscheidungen gesprochen wird. Um den Konstruktionscharakter dieser Kategorien zu verdeutlichen, könnten Begriffe wie ‚ethnisch‘ in Anführungszeichen gesetzt werden. Aus Gründen der Lesbarkeit wird hierauf verzichtet, wenn aus dem Kontext, etwa durch das Sprechen von ‚ethnischen Differenzierungen‘ o. ä., das konstruktivistische Verständnis hervorgeht.

  17. 17.

    Inklusion bedeutet systemtheoretisch, dass nur die organisationsrelevanten Rollen bzw. Kommunikationen inkludiert werden, nicht das ‚gesamte Individuum‘ mit den vielfältigen weiteren Rollen, Einstellungen und Befindlichkeiten (siehe Luhmann 2005, S. 229; Drepper 2003b, S. 154).

  18. 18.

    Im frühen organisationssoziologischen Ansatz Luhmanns werden die Grenzen einer Organisation über die Unterscheidung zwischen Mitgliedern und Nichtmitgliedern definiert (Luhmann 1964, S. 38). Im späteren kommunikationstheoretischen Verständnis werden über die Mitgliedschaft „die Grenzen der Adressierbarkeit organisationaler Kommunikationen“ (Drepper 2003b, S. 155) bestimmt.

  19. 19.

    In einem systemtheoretischen Verständnis sind Individuen in Organisationen in doppelter Hinsicht inkludiert – oder exkludiert: In ‚Leistungsrollen‘ und in ‚Publikumsrollen‘ (siehe Bommes 2011a, S. 79).

  20. 20.

    In systemtheoretischer Terminologie werden diese Beziehungen als ‚strukturelle Kopplungen‘ zwischen Arbeitsorganisationen, Erziehungssystem und dem System Familie bezeichnet. Damit wird beschrieben, dass Arbeitsorganisationen auf Leistungen des Erziehungssystems wie auch auf die familiären Sozialisations- und Erziehungsleistungen angewiesen sind (siehe Itschert 2013, S. 266 f.).

  21. 21.

    Studien, die mit dem Konzept arbeiten, beziehen sich entsprechend stärker auf sozialpsychologische Ansätze (z. B. Pager und Karafin 2009).

  22. 22.

    Das Konzept stellt eine organisationstheoretische Weiterentwicklung des anglo-amerikanisch geprägten Ansatzes des ‚institutionellen Rassismus‘ dar (Gomolla und Radtke 2009, S. 43–46). Zu einer Diskussion der empirischen Befunde aus Sicht der quantitativen Ungleichheitsforschung siehe Diehl und Fick (2016). Hier interessieren jedoch in erster Linie die organisationalen Mechanismen, die das Konzept beschreibt.

  23. 23.

    Da die Auswahlentscheidungen selbst empirisch nicht beobachtet wurden, können die Autorinnen letztlich nur vermuten, dass die von den befragten Personalverantwortlichen geäußerten ethnischen Stereotype die Einstellungspraxis orientierten. Der methodisch näherliegenden legitimierenden Funktion ethnischer Unterscheidungen wird jedoch nicht gesondert nachgegangen.

  24. 24.

    Der Neo-Institutionalismus etablierte sich seit den 1970er Jahren in der Organisationsforschung und bildet eine heterogene Strömung, die Makrolevel- und Mikrolevel-Ansätze vereint, und sich sozialtheoretisch auf Ethnomethodologie, Praxistheorie und Wissenssoziologie gründet (DiMaggio und Powell 1991b, S. 19–24; für einen Überblick siehe z. B. Greenwood et al. 2008).

  25. 25.

    Gemeinsam ist Neo-Institutionalismus und Systemtheorie vor allem, dass sie sich mit der Frage nach den Beziehungen zwischen Organisationen und ihren gesellschaftlichen Kontexten auseinandersetzen (Hasse 2005, S. 249; Hasse und Krücken 2008). Jedoch werden die beiden Ansätze selten zusammen diskutiert und komplementär verstanden – was vermutlich auch damit zusammenhängt, dass die organisationssoziologischen Werke Luhmanns nicht ins Englische übersetzt sind (für Ausnahmen, die beide Ansätze verbinden siehe Boswell 2009; Holzer et al. 2015).

  26. 26.

    Meyer und Rowan knüpfen mit ihrem Konzept der ‚Entkopplung‘ an die Beobachtung von Karl Weick (1976) an, dass die unterschiedlichen Bereiche einer Organisation nur ‚lose gekoppelt‘ sind.

  27. 27.

    Siehe für diese Unterscheidung Abschn. 3.1.2 und vor allem Stichweh (2000).

  28. 28.

    Besio und Pronzini vergleichen entsprechend die systemtheoretische Unterscheidung zwischen Semantiken und Strukturen mit der Brunsson‘schen Unterscheidung zwischen ‚talk‘ und ‚action‘ (Besio und Pronzini 2010, Abs. 18).

  29. 29.

    Luhmanns kritisiert am Neo-Institutionalismus, auf den er sich wiederkehrend und nicht unpolemisch bezieht (z. B. Luhmann 2000a, S. 412, 437), vor allem, dass die ‚Innenseite‘ zu wenig berücksichtigt werde. Er gesteht jedoch zu, dass die Annahme, dass sich Organisationen an ihre Umwelt anpassen, „eine unbestreitbare Wahrheit für sich“ habe, die er „nicht durch eine Gegentheorie aushebeln“ wolle (Luhmann 2000a, S. 437).

  30. 30.

    Hierzu für die Migrationsforschung v. a. Glick Schiller und Çağlar (2009).

  31. 31.

    Lokalisierungen erfolgen nicht zuletzt durch Wissenschaftlerinnen, die institutionelle Umwelten unter räumlichen Vorzeichen beobachten und als ‚lokalen Kontext‘ einer Organisation beschreiben.

  32. 32.

    Ich verstehe diesen Gedanken des Zusammenspiels nicht als inkompatibel mit dem systemtheoretischen Ansatz, der die relevante Umwelt selbst als einen Teil der Organisation konzipiert (siehe oben). Gegenüber dem möglichen systemtheoretischen Einwand, dass die Organisation dann ja mit sich selbst zusammenspielte, würde ich argumentieren, dass zwar die Relevanz des institutionellen Kontexts in der Organisation entschieden wird, dies aber nicht unabhängig davon ist, was ‚Außen‘ kommuniziert wird: Werden keine Erwartungen herangetragen, können sie auch nicht relevant werden; ist eine Organisation hingegen mit deutlichen Forderungen konfrontiert, muss sie zumindest symbolisch reagieren, möchte sie nicht ihre Legitimität riskieren.

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Lang, C. (2019). Die Ko-Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen – eine organisationssoziologische Konzeption. In: Die Produktion von Diversität in städtischen Verwaltungen. Migrationsgesellschaften. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-25955-6_3

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-25955-6_3

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  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

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