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Politische Urteilsbildung in der politischen Bildung und „Postfaktizität“ – Eine Problembestimmung

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Orientierungen politischer Bildung im "postfaktischen Zeitalter"

Part of the book series: Politische Bildung ((POLBIL))

Zusammenfassung

Politische Urteilskompetenz bildet ein zentrales Bildungsziel der politischen Bildung. Darunter wird eine politische Positionierung verstanden, die unter Bezugnahme zu Sach- und Wertaussagen begründet und prinzipiell in einem öffentlichen Raum diskursiv verhandelt werden kann. Politische Bildner in der Demokratie können das politische Urteil der Lernenden nicht im Modus richtig/falsch verhandeln, sind gleichwohl aber den Fakten sowie den verallgemeinerbaren Grund- und Menschenrechten des Grundgesetzes verpflichtet. Der Beitrag untersucht, inwiefern das Phänomen der ‚Postfaktizität‘ diese normativen Orientierungen unter Druck geraten lässt und sucht nach didaktischen Antworten.

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Notes

  1. 1.

    Es ist für Massings Urteilskonzept und vor allem für die politische Urteilsbildung in Schule und Unterricht folgenreich, dass er nicht nur die Frage nach der Legitimität des politischen Urteils stellt, sondern auch bereits unter Verweis auf die Demokratie und die Grund- und Menschenrechte beantwortet (ich komme darauf zurück; Kap. 3).

  2. 2.

    In diesem Sinne formuliert Hanna Arendt, „dass innerhalb des Bereichs menschlicher Angelegenheiten jeder Anspruch auf absolute Wahrheit, die von den Meinungen der Menschen unabhängig zu sein vorgibt, die Axt an die Wurzeln aller Politik und die Legitimität aller Staatsformen legt“ (Arendt 2013, S. 51).

  3. 3.

    Vgl. für eine über diese Anmerkungen hinausgehende Darstellung die konzise Zusammenfassung der Diskussion um Lüge, organisierte Lüge und Wahrheitsregime im Anschluss an Augustinus, Hannah Arendt, Friedrich Nietzsche und Michel Foucault bei van Dyk 2017.

  4. 4.

    Tobias Hürter (2017, S. 23) betont, dass im Zuge des Phänomens Bullshit der Wahrheitsanspruch umso intensiver erhoben wird: „Jeder glaubt zu wissen, was Sache ist, allseits erheben sich belehrende Zeigefinger. Selten war die Wahrheit so umstritten. Selten hatte sie so viele Fürsprecher und schien doch so bedroht“.

  5. 5.

    Emotionaler Validierung des Urteils kommt in diesem Zuge Vorrang vor distanziert rationaler Prüfung zu. Das ‚Bauchgefühl‘ erscheint als zumindest notwendiges Kriterium für den Wahrheitsgehalt eines Urteils.

  6. 6.

    Folgende Systematik ist inspiriert durch einen Vortrag vom Wilhelm Heitmeyer auf der GPJE-Jahrestagung in Essen (23.06.2017) sowie Häusler und Roeser (2015, S. 22–27); Pfahl-Traughber (2010); Verkamp und Wratil (2017).

  7. 7.

    So Sabine Manzel und Georg Weißeno (2017, S. 66): „Insofern hat ein Modell politischer Urteilskompetenz für den Unterricht die Wertfrage allein auf einer Fachwissensebene anzusiedeln“.

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May, M. (2019). Politische Urteilsbildung in der politischen Bildung und „Postfaktizität“ – Eine Problembestimmung. In: Deichmann, C., May, M. (eds) Orientierungen politischer Bildung im "postfaktischen Zeitalter". Politische Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-23851-3_4

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