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Über Konzeption und Methodik computergestützter Simulationen

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Die Maschine: Freund oder Feind?
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Zusammenfassung

Die computergestützte Simulation hat sich im Zuge steigender konzeptioneller und technischer Möglichkeiten zu einer zentralen Kulturtechnik herausgebildet. Neben herkömmlicher Theorie und Experiment stellt sie nunmehr einen gleichberechtigten digitalen Methodenapparat zur Analyse und Vorhersage und schließlich zur Schaffung wissenschaftlicher Erkenntnisse dar. Die Auslagerung schwieriger Problemstellungen in die digitale Welt ermöglicht in vielen Fällen deren effiziente Lösung. Umgekehrt ermöglicht Simulation die vergleichende Evaluation verschiedener Szenarien und lässt so die Bewältigung von Optimierungsproblemen zu. Ferner erlaubt sie die Steuerung digitaler Systeme sowie deren Reaktion im Hinblick auf sensorische Dateneingaben und lässt dadurch eine adäquate Interaktion dieser Systeme mit ihrer realen Umwelt zu. Dieser Beitrag führt unter konzeptionellen Gesichtspunkten in die Grundlagen computergestützter Simulationen ein und zeigt Möglichkeiten und Grenzen des resultierenden technischen Methodenapparats auf.

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Notes

  1. 1.

    In einer ausgereifteren Konstruktion des französischen Mathematikers und Philosophen Blaise Pascal wurde dieses Problem wenig später 1642 gelöst.

  2. 2.

    Übersetzung frei nach (Stein 2015) aus dem Lateinischen: „indignum est excellentium virorum horas servili calculandi labore perire quia machina adhibita velissimo cuique secure transcribi possit“.

  3. 3.

    Eine arbeitsfähige Replik wurde 1990 durch Nikolaus Joachim Lehmann realisiert. In diesem Zusammenhang kamen aufgrund handfester feinmechanischer Schwierigkeiten Zweifel auf, ob Leibniz tatsächlich eine solche fehlerfrei arbeitende Maschine praktisch konstruieren konnte. Die Entwicklung mechanischer Rechenmaschinen wird in mehreren Ausstellungen geeignet aufbereitet. Hier sind im deutschsprachigen Raum insbesondere die Dauerausstellungen des Arithmeums im Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn und das Heinz Nixdorf MuseumsForum in Paderborn zu erwähnen, sowie international das Computer History Museum in Mountain View, Kalifornien (Vereinigte Staaten).

  4. 4.

    Vorrausgegangen waren Konstruktionen der Z1 im Jahr 1937 und der Zuse Z2 im Jahr 1939. Die Z1 verfügte über ein frei programmierbares Rechenwerg, das allerdings aufgrund mechanischer Probleme unzuverlässig arbeitete und keine hinreichende Genauigkeit erreichte. Bei der Konstruktion der Zuse Z2 erprobte Zuse die Relaistechnik, mit der die mechanischen Probleme der Z1 gelöst werden konnten. Allerdings wurden die Pläne durch einen alliierten Bombenangriff im Zweiten Weltkrieg zerstört, sodass erst die 1941 fertiggestellte Zuse Z3 den ersten funktionsfähigen Digitalrechner darstellt (Rojas 1998). Die der Zuse Z3 zugrunde liegende binäre Zahlencodierung hat ideengeschichtlich ihren Ursprung bei Leibniz, der bereits über zwei Jahrhunderte zuvor die Verknüpfung arithmetischer und logischer Prinzipien durch Verwendung des Binärsystems erkannt hatte (Leibniz 1679, 1703).

  5. 5.

    Der britische Programmierer John Graham begann 2010 (Graham-Cumming 2012) mit der Mittelakquise für eine wissenschaftliche Studie, die unter anderem das auf den Plänen von Babbage basierende virtuelle Design der Analytical Engine zur Ermöglichung ihrer praktischen Konstruktion vorsieht.

  6. 6.

    Im Vergleich zu deterministischen Modellen weisen diese wahrscheinlichkeitstheoretische Bezüge auf. Der Ursprung vieler heute verwendeter Ansätze zur Modellierung derartiger Prozesse ist ungeklärt. Sie entstammen möglicherweise bereits dem frühen Mittelalter. Die heute gebräuchliche axiomatische Formulierung der Wahrscheinlichkeitstheorie basiert auf in den 1930er Jahren eingeführten Formulierungen des sowjetischen Mathematikers Andrei Nikolajewitsch Kolmogorow (Kolmogorov 1933).

  7. 7.

    Die first principles können als der Modellformulierung zugrunde liegende Axiome interpretiert werden. Die generelle Frage, ob eine Axiomatisierung in der Physik überhaupt möglich ist, wurde seit deren Vorstellung auf dem Internationalen Mathematiker-Kongress von 1900 als Hilberts sechstes Problem bekannt und ist bis heute unbeantwortet (Hilbert 1900). Insbesondere durch die auf Basis der später entwickelten Quanten- und Relativitätstheorie gewonnenen tieferen Einblicke in die Beschaffenheit der Natur und den damit aufgeworfenen neuen Fragestellungen (etwa die Unbestimmtheit physikalischer Vorgängen und deren immanente Beeinflussung bei experimenteller Beobachtung), scheint eine axiomatische Formulierung der Physik in weiter Ferne gerückt zu sein.

  8. 8.

    Dieses Studium wird bei sogenannten deterministisch-chaotischen Systemen in der Regel deutlich erschwert. Deterministisches Chaos meint dabei, dass zum einen das System durch die unterliegenden mathematischen Gleichungen vollständig und folgerichtig beschrieben wird, allerdings bereits minimale Abweichungen der Systemparameter zu stark abweichendem Systemverhalten führen. Derartige nichtkausale Effekte treten häufig bei gekoppelten nichtlinearen Systemen auf, wie etwa einem Doppelpendel.

  9. 9.

    Bezüglich nichttrivialer Ansätze zur inversen Simulationen, etwa unter Ausnutzung analytischen Wissens über das unterliegende System, besteht derzeitig erheblicher Forschungsbedarf (Murray-Smith 2014).

  10. 10.

    Das häufig im Deutschen als Simulationswissenschaft bezeichnete Scientific Computing strebt das Beantworten natur- und ingenieurwissenschaftlicher Fragestellungen durch die Entwicklung von Computersimulationen an.

  11. 11.

    Visual Computing wird im Allgemeinen als Oberbegriff für diejenigen informatischen Disziplinen verstanden, welche sich im weiten Sinne mit Bildmaterial und dreidimensionalen Strukturen beschäftigen. Dies umfasst insbesondere die Computergrafik, Bildverarbeitung (Image Processing), Visualisierung, Maschinelles Sehen (Computer Vision) sowie virtuelle (Virtual Reality) und erweiterte Realität (Augmented Reality). Es beinhaltet ferner auch Aspekte der Mustererkennung (Pattern Recognition), der Mensch-Computer-Interaktion (Human-Computer Interaction) und dem maschinellen Lernen (Machine Learning).

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Michels, D.L. (2019). Über Konzeption und Methodik computergestützter Simulationen. In: Thimm, C., Bächle, T. (eds) Die Maschine: Freund oder Feind?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22954-2_5

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