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Das Gespenst in der Maschine – Die schöne neue Cyborg-Welt im japanischen Anime „Ghost in the Shell“

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Die Maschine: Freund oder Feind?

Zusammenfassung

Das ‚westliche‘ Denken der abendländischen Tradition (griechisch-jüdisch-christlicher Provenienz) ist wesentlich geprägt durch die Dichtotomie von Geist und Materie, Seele und Körper. Die ‚fernöstliche‘ Metaphysik des Buddhismus und vor allem des Shintoismus kennt diesen Gegensatz nicht. Deshalb können auch leblose Puppen dort Seelen haben, was auf das Verhältnis zu androiden Maschinen übertragen wird: über ihre menschenähnliche Gestalt werden sie animiert, d. h. mit einer Seele versehen.

Dieser traditionelle Glaube wird zu einem beliebten Thema der japanische Anime-Filme, in denen künstliche Menschen als perfektionierte Lebewesen auftreten. Die beiden Filme „Ghost in the Shell“ von Oshii greifen dabei die Figur des Cyborgs auf, ein maschineller Körper mit einem humanoiden Geist. Doch es stellt sich die Frage, ob nicht auch der Geist ein maschinelles Simulakrum ist. Die weibliche Hauptfigur fragt sich so, ob sie wirklich ein individuelles Selbst hat oder ob dieses nicht genau ein Serienprodukt ist wie ihr Maschinenkörper. Auf jeden Fall verdienen Künstliche Intelligenzen, die ein Selbstbewusstsein erlangen, genau so viel Respekt wie ihre menschlichen Vorläufer.

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Notes

  1. 1.

    Neben den klassischen Einführungen in den japanischen Zen-Buddhismus (wie Suzuki 1958) und den Shintoismus (Lokowandt 2001) vgl. auch die Problematisierungen der japanischen Religiosität bei Nelson (2000) und Ama (2004).

  2. 2.

    Die bekanntesten Beispiele hierfür sind die anthropomorphen Roboter von Ishiguro, Hiroshi (Gynoids). Aber schon die Geschichte des Umgangs mit Puppen als mechanischer Ersatz von Menschen auch als Liebesobjekte zeigt diese Tendenz zur Humanisierung bzw. Animation (im Sinne von Beseelung) des Maschinellen (Giard 2016).

  3. 3.

    Zur historischen Entwicklung generell Najita (1986) sowie zur Problematisierung dieses Aneignungsverhältnisses Dale (1990).

  4. 4.

    Dies zeigt sich besonders deutlich in der Diskussion um die Belebung und Beseelung von Puppen als Ersatz für Schauspieler durch den Puppenspieler (dazu Regelsberger 2011).

  5. 5.

    Die englische Übersetzung lautet „the anti-shell riot squad“, wobei das erste sinojapanische Kanji-Zeichen der Originalschreibweise die Bedeutung von „Schale“ z. B. eines Krustentieres mit dem zweiten in der Bedeutung von „Angriff“ verbindet (Schnellbächer 2007, S. 70).

  6. 6.

    Zur Zitierweise der japanischen Namen sei angemerkt, dass im Text die japanische Weise – zuerst der Nachname und dann der Vorname – bevorzugt wird, in den Zitatnachweisen hingegen die umgekehrte westliche Standardform.

  7. 7.

    In der Antike wurde ausgehend von der „Physik“ des Aristoteles zwischen hyle als materieller Substanz und morphe als seelisch-bewegender Form unterschieden. Während also Roboter oder Puppen nur die äußere Gestalt des Menschen nachahmen, reproduziert der Cyborg die organische Substanz von Menschen.

  8. 8.

    Dazu Sharalyn Orbaugh: Sex and the Single Cyborg. Japanese Popular Culture Experiments in Subjectivity, in: C. Bolton/I. Csicsery-Ronay/T. Tatsumi (Hrsg.) (2007). Robot Ghosts and Wired Dreams. Japanese Science Fiction from Origins to Anime, Minneapolis, S. 183; Joseph Christopher Schaub: Kusanagi’s Body: Gender and Technology in Mecha-anime, in: Asian Journal of Communication, Vol 11/2 (2001, S. 93); sowie Brian Ruh (2004). Stray Dog of Anime. The Films of Mamoru Oshii, New York, S. 132 ff.

  9. 9.

    Im Manga (Shirow 2002, S. 92) heißt es: „Ob es nun ein Simex oder ein Traum ist, die Informationen, die existieren, sind alle real … und eine Illusion zur selben Zeit.“ Worauf Kusanagi interessanterweise fragt: „In der Art wie Bücher und Filme Menschen verändern können?“.

  10. 10.

    Vgl. Kojiki oder „Geschichte der Begebenheiten im Altertum“. In K. Florenz: Die historischen Quellen der Shinto-Religion, Göttingen 1919 (Nachdruck Saarbrücken 2009, S. 44), und : Nihongi oder „Japanische Annalen“, ebd., S. 165 und 425.

  11. 11.

    „Wir sehen jtzt durch einen Spiegel in einem tunckeln wort/Denn aber von angesicht zu angesicht. Jtzt erkenne ichs stückweise/Denn aber werde ich erkennen gleich wie ich erkennet bin. Nu Nu bleibt Glaube/Hoffnung/Liebe/diese drey/Aber die Liebe ist die grössest vunter inen“ (Luther, Die gantze Heilige Schrift, Wittenberg 1549, hrsg. v. H. Volz, München 1974, 2318).

  12. 12.

    Penicka-Smith (2010, S. 264 f.). Ruh (2004, S. 134) erinnert an eine andere shintoistische Parallele zur christlichen Idee der jungfräulichen Geburt, indem ein Kami sich mit einem jungfräulichen Mädchen verbindet, um seine göttliche Macht im gemeinsamen Kind zu verkörpern.

  13. 13.

    Es handelt sich dabei um einen Anime-Film von 2001, in dem der Regisseur Rintaro den Manga „Metropolis“ von Tezuka aus dem Jahre 1949 umsetzt, der wiederum auf Motiven von Fritz Langs Film „Metropolis“ basiert.

  14. 14.

    Vgl. das Nachwort: Masaki und Mamuro (2007, S. 189).

  15. 15.

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  16. 16.

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  17. 17.

    zur Puppen-Vielfalt in Kims Hais s. Brown (2010, S. 31 ff.).

  18. 18.

    Zum weiteren Kontext Wetzel (2018).

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Wetzel, M. (2019). Das Gespenst in der Maschine – Die schöne neue Cyborg-Welt im japanischen Anime „Ghost in the Shell“. In: Thimm, C., Bächle, T. (eds) Die Maschine: Freund oder Feind?. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22954-2_4

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