Zusammenfassung
Die Schaffung einer florierenden, wissensbasierten Wirtschaft ist zentrales Ziel praktisch jeder Regierung. Diese Politik basiert meist auf der Annahme, die wissensbasierte Wirtschaft sei ein revolutionäres, neues Phänomen, dessen Anfänge in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts liegen. Der Beitrag stellt diese Annahme infrage und argumentiert, dass Wissen schon immer ein prägendes Element von Volkswirtschaften war. Die Frage ist daher nicht, ob eine Wirtschaft wissensbasiert ist, sondern auf welche Weise Wissen in den Produktionsprozess eingeführt wird. An dieser Stelle entfaltet die digitale Transformation ihre Wucht.
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Notes
- 1.
Weiterhin lesenswert ist in diesem Zusammenhang die Arbeit von Fritz Machlup (1962).
- 2.
Der Aufsatz wird sich in erster Linie auf Industrieproduktion beschränken.
- 3.
- 4.
Die Debatte um die Trennung des Wissens vom Menschen, die gleichbedeutend war mit der „Ersetzung des Menschen“, wurde bereits früher geführt. Schon die sog. „Maschinenstürmer“ im 18. Jahrhundert waren durch die Angst vor technologischer Arbeitslosigkeit getrieben (Spehr 2000). Während der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts stellte sich diese Frage gleich mehrfach. In den 1950er und 1960er Jahren wurde eine Automatisierung angestrebt, die folgerichtig auch die Frage aufwarf, welche Position der Mensch in der zukünftigen Arbeitswelt haben würde. Katalysatoren dieses Zeitgeistes war die verstärkte Automatisierung der Produktion, die in einzelnen Bereichen mit einer auf hohe Stückzahlen ausgelegten Arbeitsweise verbunden wurde (Abelshauser 2003). Gleichzeitig waren in den 1950er Jahren viele überzeugt, dass das Energieproblem gelöst sei, da die Atomkraft ein praktisch unerschöpfliches Reservoir darstellte (Radkau 2017). Damit schienen bedeutende Schritte zur Marginalisierung menschlicher Arbeitskraft vollzogen worden zu sein. Nicht nur die Frage der Ersetzung des Menschen stand im Raum. Etwas genauer wurde ebenfalls debattiert, welche Tätigkeiten Maschinen überhaupt übernehmen könnten und vielleicht auch sollten (Heßler 2015, S. 117) – eine Debatte, die eng mit der Frage der Sinnhaftigkeit von Arbeit verbunden war. Die Vollbeschäftigung und das hohe Wirtschaftswachstum trugen dazu bei, dass die Angst vor Arbeitslosigkeit überwunden wurde. 30 Jahre später kehrte diese Frage wieder, als die Robotik ein weiteres Mal die Rolle des Menschen zu übernehmen schien. Die „Halle 54“ bei Volkswagen war ein populäres Beispiel (Heßler 2014). Dieses Mal verlor die Debatte an Kraft, als sich erwies, dass die Substituierung des Menschen und seiner individuellen Fähigkeiten an hohe Voraussetzungen gebunden war – Voraussetzungen, die schlussendlich nicht gegeben waren. Damit zeigen die beiden Beispiele auch, dass die Diskurse stark vom jeweiligen Zeitgeist geprägt waren.
- 5.
Wieland Jäger beispielsweise nimmt eine kritische Perspektive ein, vgl. Jäger (2007).
- 6.
Die folgende Darstellung basiert auf Kouli (2014).
- 7.
Diese Entdeckung entfachte in Schweden ein beachtliches Wirtschaftswachstum; Schön (2012, S. 152–53).
- 8.
- 9.
Ergänzend sollte noch „Big Data Analytics“ erwähnt werden. Dabei handelt es sich um eine Methode, durch gezielte Mustererkennung beispielsweise medizinische Diagnosen zu erstellen (siehe z. B. W. Raghupathi und V. Raghupathi 2014, S. 2–3). Ihr genauer Nutzen ist jedoch noch nicht in vollem Umfang abzusehen, eine genauere Diskussion wurde daher in diesem Beitrag nicht vorgenommen.
- 10.
Ob das sog. „Deep Learning“, also die in mehreren Lernschichten organisierte künstliche Intelligenz, am Menschen als exklusiven Vermögenden von tacit knowledge, etwas ändert, ist prinzipiell denkbar, aber auch offen; siehe Goodfellow und Bengio (2016).
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Kouli, Y. (2020). Wissensbasierte Wirtschaft im Angesicht der Digitalisierung – eine Annäherung. In: Kouli, Y., Pawlowsky, P., Hertwig, M. (eds) Wissensökonomie und Digitalisierung . Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-22333-5_10
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