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Metaphern im Vergleich mit sozialwissenschaftlichen Konzepten

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Systematische Metaphernanalyse als Methode der qualitativen Sozialforschung
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Zusammenfassung

Die Frage nach der Anschlussfähigkeit der Metaphernanalyse an die Sozialwissenschaften wird im dritten Kapitel beantwortet. Der erweiterte Metaphernbegriff wird wichtigen Konzepten der sozialwissenschaftlichen Forschung gegenübergestellt, unter anderem: soziale Deutungsmuster, Habitus, soziale Repräsentationen, Diskurs und „common sense“. Vielfältige Berührungen zeigen, dass das „metaphorische Konzept“ im Sinne Lakoffs und Johnsons als spezifische Rekonstruktion von kollektiven und individuellen Erfahrungsmustern ebenbürtige analytische Potenz entwickeln kann.

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Notes

  1. 1.

    Kürzere Fassungen dieser Überlegungen siehe Schmitt (2011c, 2014a).

  2. 2.

    Vgl. Bohnsack et al. (2003, S. 8), Lamnek (2005, S. 32); Flick (2007a, S. 82–104) und Abschn. 5.1 mit einer bilanzierenden Diskussion.

  3. 3.

    Vgl. die Diskussion der fehlenden Verbindung der kognitiven Metapherntheorie zu historischen, gesellschaftstheoretischen und psychologischen Ansätzen im Abschn. 2.1.6 und 2.1.9, vgl. Brünner (1987, S. 107), Schmitt (1996), F. Wagner (1997, 2007) und Liebert (2003, 2005).

  4. 4.

    Die Frage nach der Wirkmächtigkeit von Metaphern lässt sich jedoch nicht nur qualitativ-rekonstruierend, sondern auch quantitativ beantworten. Im Gegensatz zur sinnverstehenden Rekonstruktion metaphorischer Sinnbezüge geht es hier um die zielgerichtete, experimentalpsychologische Manipulation mit Metaphern mit nachweisbaren Wirkungen (vgl. Huber 2005, zusammenfassend Gibbs 2006). Der Hinweis verdeutlicht den besonderen Status des Phänomens „Metapher“, das über den Rahmen qualitativer Forschung hinaus noch zu weiteren Verknüpfungen einlädt. Vor allem im Abschn. 4.6 zur Metaphernforschung in der Psychologie werden quantitative Ansätze genannt.

  5. 5.

    Eine erste Skizze zu dieser Inbezugsetzung siehe Schmitt (2005a). Diese Erstnennung des Begriffs der Deutungsmuster sollte nicht dazu verleiten, die weiteren Überlegungen zu Habitus nach Bourdieu, sozialen Repräsentationen nach Moscovici u. a. zur Positionierung des Begriffs des metaphorischen Konzepts zu übersehen.

  6. 6.

    Wie erwähnt, bezogen Geideck und Liebert (2003a) linguistische und soziologische Referenzen wie Metaphern, Deutungsmuster, Topoi aufeinander (vgl. Schmitt 2005c), ohne sich auf die Vorarbeiten von Wiedemann (1986, 1989) zu stützen.

  7. 7.

    Die Kritik von Konerding (2008) an der Vagheit des Deutungsmusterbegriffs wird von ihm selbst durch einen Rückgriff auf die (antike) Rhetorik und Logik der Argumentation „korrigiert“; dabei verfehlt er das Problem latenter, dem Bewusstsein nur begrenzt zugänglicher bildlicher Strukturen des Wahrnehmens und Handelns.

  8. 8.

    Dies gilt modifiziert auch für Plaß, Schetsche (2001). Sie trennen soziale Deutungsmuster und „individuelle Repräsentationen“ (ebd., S. 525) derselben. Letztere könnten individuell modifiziert werden, solange sie in den Grenzen kommunikativer Kompatibilität blieben (ebd., S. 527). Unverändert wird die Fokussierung auf massenmediale Vorkommen des Deutungsmusters in Schetsche und Schmied-Kittel (2013) aufrechterhalten.

  9. 9.

    Vgl. die Liste ähnlicher Funktionen von Metaphern im Abschn. 1.2.

  10. 10.

    Eine weitere Schwierigkeit des Deutungsmusterbegriffs liegt in der geringen Übersetzbarkeit und damit der Nichtrezeption außerhalb deutschsprachiger Diskurse (Beitrag von Schetsche 2002 im Diskussionsforum von FQS).

  11. 11.

    Nur am Rande erwähnt werden soll die m. E. problematische Selbstbeschränkung von Plaß und Schetsche (2001), sich methodisch auf jeweils ein einziges Deutungsmuster zu fokussieren. Dies rührt aus der Sorge, in Interviews irrelevante Deutungsmustervarianten zu erheben; sie plädieren daher für medienbezogene Dokumentenanalysen. M. E. fördert die Fokussierung auf ein Deutungsmuster ohne die Rekonstruktion antagonistischer Deutungsmuster die selektive Überinterpretation des gesuchten Musters; zumindest metaphorische Deutungsmuster treten in aller Regel konfligierend und sich gegenseitig korrigierend auf (vgl. Abschn. 1.4.5).

  12. 12.

    Wie Kaesler (2011) beschreibt, muss Webers These, dass sich aus puritanischer Religiosität nach wenigen Transformationen der Kapitalismus ableitet, als widerlegt gelten (ebd., S. 59 f., vgl. Knoblauch 2005, S. 85). Überdies sind die Metaphoriken der knappen und darum möglichst gut zu nutzenden Zeit bis in die Antike zurückzuverfolgen (Weinrich 2004). Meine Argumentation beschränkt sich auf den Aufweis einer Methode bei Weber, die in seiner Fassung allerdings unter der gleichen Verkürzung auf ein einziges zentrales metaphorisches Konzept leidet, die im Abschn. 1.4.5 bereits kritisiert wurde.

  13. 13.

    Weber ist in seinen Bezeichnungen des Denk- und Handlungsmusters an dieser Stelle nicht festgelegt, spricht von „Maximen des ökonomischen Alltagslebens“ gleichermaßen wie von „Volkscharakter“, wobei er Letzteres in Anführungszeichen setzt (Weber 1973b, S. 357). Er deutet die Verwandlung und Universalisierung dieses Deutungsmusters in späteren Zeiten mit der weiteren Zuspitzung einer Metapher des Pfarrers an: „Nur wie ‚ein dünner Mantel, den man jederzeit abwerfen könnte‘, sollte nach Baxters Ansicht die Sorge um die äußeren Güter um die Schultern seiner Heiligen liegen. Aber aus dem Mantel ließ das Verhängnis ein stahlhartes Gehäuse werden“ (Weber 1973b, S. 379).

  14. 14.

    Er verweist auch kurz auf antike Vorläufer dieses metaphorischen Denkmusters, das von Weinrich (2004, S. 25) bei Seneca verortet wird.

  15. 15.

    Vgl. Abschn. 2.1.7.1 zum „prototypical scenario“, vgl. die Problematik der Annahme einer „Wurzelmetapher“ in Abschn. 1.4.5.

  16. 16.

    Für technische Laien: Eine Sollbruchstelle ist im Sprachgebrauch der Ingenieurswissenschaften eine bei der Konstruktion geplante Bruchstelle, deren Defekt bei einer Überlastung aus praktischen Erwägungen günstiger ist als ein ungeplanter Defekt an einer anderen Stelle (leichtere Zugänglichkeit bei der Reparatur, kostengünstigerer Ersatz etc.).

  17. 17.

    Oevermann (2001c) betont, soziale Deutungsmuster nicht der konkreten Kognition und Motivation einer individuellen Handlungspraxis gegenüberstellen zu wollen. Gleichwohl liegt sein Fokus auf sozialen Deutungsmustern als sozialen Tatsachen (im Sinn Durkheims), ein Wechselverhältnis zwischen sozialen und individuellen Deutungsmustern wird von ihm nicht entfaltet.

  18. 18.

    Die vielfältigen Ausprägungen der immer auch körperlich vermittelten Rituale des Gebens und Nehmens (u. a. Besiegelung durch rituellen Handschlag) ist bei Mauss (1990) präsent.

  19. 19.

    Zur Vermittlung der Körperbezüge bei Lakoff, Johnson und Berger, Luckmann siehe meine Anmerkungen zu Stadelbacher (2010) im Abschn. 3.6.2.

  20. 20.

    Der von Turkle verwendete piagetsche Terminus des „kognitiven Schemas“ lässt sich an diesen Stellen als metaphorisches Konzept reformulieren.

  21. 21.

    Als Überleitung zum nächsten Abschnitt soll kurz angemerkt werden, dass Oevermann (2001b, S. 45–49) auf große Gemeinsamkeiten zwischen dem Begriff des Deutungsmusters und dem Habitusbegriff nach Bourdieu hinweist. Sogar die sonst bei Oevermann ausgeklammerte Körperlichkeit wird für Deutungsmuster erwähnt (ebd., S. 46). Einen graduellen Unterschied sieht Oevermann darin, dass der Begriff des Deutungsmusters stärker als der des Habitus auf den kognitiven Gehalt ziele, Deutungsmuster sich bewusst machen ließen und dadurch korrigierbarer seien; eine emotionale Aufladung fehle ihnen (ebd., S. 46 f.). Interessant ist, dass Oevermann an dieser Stelle seines Beispiels (Umweltverhalten von Kanufahrern) verschiedene Untergruppen vor allem in Vergleichen bzw. Metaphern schildert: Ein Typus behandle die Natur „wie ein erweitertes Fitness-Zentrum“, der andere Typ „ging in die Natur, um das Erhabene zu erfahren, dem man sich ehrfürchtig nähern und unterwerfen muss“ (ebd., S. 48). Es ist jetzt nicht zu entscheiden, ob diese Metaphern im originalen Material vorhanden waren oder von Oevermann nur zur zuspitzenden Darstellung qualitativer Forschung gebraucht wurden (ähnliche Beispiele vgl. Abschn. 1.3.3). Die Reflexion über diese Form der Darstellung findet sich jedoch nicht in seinen Texten.

  22. 22.

    Eine fundierte Übersicht der Metaphorik Bourdieus steht aus. Die Studien von Silber (1995) zu Bourdieus Raummetaphorik und von Farzin (2011, S. 143–148) zur Exklusionsmetaphorik sind dafür kenntnisreiche Vorarbeiten. Gut beobachten lässt sich, dass technische Metaphern, wie die „Hysteresis“ (Verzögerung, Begriff aus der Schalt- und Regelungstechnik) als Bild für das Beharrungsvermögen des Habitus (vgl. Bourdieu 1987b, S. 111; vgl. 1987a, S. 238–239) vom sozialwissenschaftlichen Feld, das in der Regel über keine verlässliche technische Bildung verfügt, kaum angenommen wird.

  23. 23.

    Wie man dem Vorwort in Lakoff (2002) entnehmen kann, hat Lakoff während einer Gastprofessur an der École des Hautes Études En Sciences Sociales in Paris in der ersten Hälfte der 90er-Jahre Bourdieu kennengelernt, er bedankt sich für „stimulating suggestions“ (Lakoff 2002, S. XIV). Weitere gegenseitige Erwähnungen waren bisher nicht zu finden.

  24. 24.

    Das Defizit wird auch nicht in der differenzierten Einführung von Thompson (2005) diskutiert.

  25. 25.

    Maasen (2009, S. 48 f.) insistiert in ihrem Entwurf einer Wissenssoziologie auf der Wichtigkeit der „Doxa“ bei Bourdieu, dem praktischen Wissen, das den Akteuren nicht gegenwärtig ist und das einer Metaphernanalyse ebenfalls zugänglich ist. Metaphern überschreiten diesen Anteil, sodass die Wahl des Begriffs des Habitus für unser Projekt sinnvoller ist.

  26. 26.

    Ähnlich kritisch über die generative Grammatik als Metapher bei Bourdieu äußern sich Krais und Gebauer (2002, S. 32).

  27. 27.

    Z. B. hat Willems (1997, S. 181–191) Herkunft und Äquivalente des Habitusbegriffs von Bourdieu bei anderen Autoren herausgearbeitet, allerdings unter Fokussierung auf Habitus als Habitualisierung von Praxen, ohne die besondere Rolle der Sprache zu thematisieren.

  28. 28.

    Darüber hinaus ist, wie im Abschn. 4.1.3 diskutiert wurde, Bohnsacks Begriff der Fokussierungsmetapher eher als Sonderfall einer Metapher zu sehen und umfasst erheblich weniger Phänomene der Sinn- und Musterübertragung als das metaphorische Konzept, bietet allerdings auch einen Hinweis auf die Konvergenz von Metapher und Habitus.

  29. 29.

    Bourdieu hat die Fokussierung auf bestimmte Forschungsmethoden als „Methodologismus“ gegeißelt (vgl. Wacquant 2006, S. 51 ff.) und darin die Gefahr gesehen, dass die Methode vom Objekt getrennt wird, dabei das Problem der theoretischen Mitkonstruktion des Objekts durch die Methode dann der Reflexion entzogen wird.

  30. 30.

    Vgl. Abschn. 2.1.1: Genau diese Bewegung, Unvertrautes durch die Überblendung mit Vertrautem zu erklären, d. h. vertraute Muster auf Unvertrautes zu übertragen, ist das Kernelement der Definition einer Metapher bei Lakoff und Johnson.

  31. 31.

    Abschn. 3.4.13.4.3 stellen eine Weiterentwicklung der von mir zu verantwortenden Abschnitte aus Schmitt und Köhler (2006) dar.

  32. 32.

    Lehr und Thomae (1991) haben ebenfalls eine „Alltagspsychologie“ verfasst, die jedoch aufgrund der sehr engen inhaltlichen Bestimmung zunächst als „Tagesablaufanalyse“ und als Bewältigung von Alltagsproblemen hier nicht weiter diskutiert werden kann.

  33. 33.

    Eine Ausnahme von Christmann und Scheele (2001) wird im Abschn. 4.6.2.1 diskutiert.

  34. 34.

    Vgl. auch die Formalisierung der Alltagssprache bei Smedslund (1988).

  35. 35.

    Der Befund, dass Narrationen vor allem auf Störungen von habitualisierten Erwartungen reagieren, taucht in verschiedenen narrativen Ansätzen der Psychologie auf, vgl. den Überblick in Echterhoff und Straub (2004, S. 108 f.) und Abschn. 4.6.2.1.

  36. 36.

    Auch die einschlägige Publikation dazu von Bruner und Fleisher-Feldman (2000) präzisiert den Metaphernbegriff nicht.

  37. 37.

    Weitere Studien aus dem Kontext der pädagogischen Biografieforschung sind in Abschn. 4.2.1.4 (mit Bezug zu Lakoff und Johnson) und Abschn. 4.2.2.3 (ohne Bezug zur kognitiven Metapherntheorie) zu finden.

  38. 38.

    Zu den Metaphern der Wissenschaft allgemein vgl. Abschn. 5.10.6; Metaphern der Soziologie vgl. Abschn. 4.1.1; denen der Erziehungswissenschaft Abschn. 4.2.3, der Psychologie vgl. Abschn. 4.6.2.9; Metaphern der Religion vgl. Boeve et al. (1999), Zimmermann (2001), Jäkel (2002).

  39. 39.

    Im Rahmen seines älteren Metaphernbegriffs ist sich Geertz der Mächtigkeit sprachlicher Bilder zur eigenen Selbstdefinition als Anthropologe bewusst: „Eine Behandlung des Themas in dieser Weise verlangt nach einer neuen Metaphorik zur Beschreibung der eigenen Tätigkeit. Die Untersuchung der Kulturformen findet ihre Parallelen nicht mehr im Sezieren eines Organismus, im Diagnostizieren eines Symptoms, in der Dechiffrierung eines Codes oder im Anordnen eines Systems – wie die vorherrschenden Analogien in der gegenwärtigen Ethnologie heißen –, sondern gleicht eher dem Durchdringen eines literarischen Textes, … wenn man Kultur als eine Montage von Texten auffasst“ (Geertz 1987, S. 253).

  40. 40.

    Ebenso wie Kelly, der behauptet, dass ein Mensch nacheinander eine Reihe von Konstruktsubsystemen anwenden kann, die in ihrer Schlussfolgerung nicht miteinander kompatibel sind (Kelly 1986, S. 90), geht Bourdieu von Brüchen der Alltagslogik aus (Bourdieu 1987b, S. 157 f.), vgl. Abschn. 3.2.5.

  41. 41.

    Liest man Autoren der Alltagspsychologie, so ist von Heider (1958) und Kelly (1955/1986) über Laucken (1974), Groeben (1988) und Smedslund (1988) bis hin zu Jüttemann (1994) immer auch eine Argumentation zu finden, mit der jeweiligen Konzeption der Alltagspsychologie solle auch der psychologische Mainstream „überwunden“ und die Psychologie „gerettet“ werden. Der vorliegende Ansatz will dies nicht – mit der Rettungsabsicht scheint mir die Gefahr verbunden, das zu behandelnde empirische Phänomen durch disziplinspezifische Denkbeschränkungen zu beschädigen. Es zwingt nichts dazu, die Metaphernanalyse in der Psychologie zu verorten.

  42. 42.

    Keller (2008, S. 68–70) beschreibt Foucaults Methodik als interpretative Analytik, die nach Regelmäßigkeiten und Mustern suche und sich bemühe zu vermeiden, aktuelle Begriffe den historischen Phänomenen einzuzeichnen. Sie sei letztlich „interpretativ im Sinne der qualitativen Sozialforschung“ (ebd., S. 70). Foucault mangele es an einer „Methodologie sozialwissenschaftlicher Hermeneutik – im Sinne der Reflexion, des Ausweisens und der Kontrolle von Schritten der Textanalyse“ (ebd.).

  43. 43.

    In der Suche nach elementaren Klassifikationen der Welt berühren sich Foucaults „Ordnung der Dinge“ und der erste Abschnitt „Categories and Cognitive Models“ in Lakoff (1987, S. 5–154); beiden ist gemeinsam, dass nicht nur soziale Verwandtschaftsverhältnisse als elementare Schemata des Klassifizierens rekonstruiert werden, wie dies Durkheim und Mauss (1987, org. 1901) vorschlagen, sondern auch räumliche etc. Muster (vgl. den kurzen Exkurs zu Durkheim und Mauss in Abschn. 3.6.2). Foucault (2012, S. 17) wie Lakoff (1997, S. 92) beziehen sich auf einen klassischen Text von Borges (1966, S. 212) als Hinweis auf die Grenzen unseres Denkens, die durch die aktuell verinnerlichten Klassifikationssysteme gegeben seien.

  44. 44.

    In welcher Tiefe diese Metaphorik der Weltwahrnehmung gelebt wird, zeigt sich auch anhand eines Interviews, in dem Foucault unvermittelt die konkrete Situation der Befragung als Machtrelation deutet (Foucault 2007c, S. 267). Rödig (1997, S. 208) skizziert, dass Foucault den Begriff der Macht zwar teilweise seinen historisch variablen Inhalten anpasst und Macht als relationales Phänomen denkt, aber ebenso einen generellen, zeitlosen Erklärungsanspruch für die Funktionsweise von Macht zu erheben scheint, eine Ontologisierung, die seiner Philosophie sonst zuwiderläuft. Diese Dominanz der Metapher von Macht als ubiquitärer Kraft ermöglicht es Foucault freilich, andere Metaphern der Macht, z. B. die Substanzmetaphorik der Macht zu kritisieren (Keller 2005b, S. 115, vgl. im Deutschen die Redewendungen von „viel“ oder „wenig“ Macht, in denen eine solche Substanzialisierung aufscheint).

  45. 45.

    Diese Anmerkungen zur Metaphorik Foucaults können (wie die zu Bourdieu) nicht mehr als Andeutungen sein und sind auf keinen Fall mit der methodischen Strenge erarbeitet, die in Kap. 5 für Analysen vorgeschlagen wird. In diesem Sinne wäre die Analyse der Metaphern Foucaults und deren (selektive) Rezeption eine eigene umfassende Studie, die noch nicht geschrieben ist.

  46. 46.

    Böke (1996) hatte noch die Wiederentdeckung sowohl der kognitiven als auch der soziokulturellen Bedeutung der Metaphorik als Verdienst von Lakoff und Johnson angesprochen (vgl. Böke 1997).

  47. 47.

    Link lehnt den Ansatz von Lakoff und Johnson ab, weil es ihm selbst nicht um einzelne Metaphern, sondern um „expandierte metaphorische Komplexe“ gehe (Link 2013, S. 13). Diese Argumentation entbehrt die Kenntnis des zentralen Begriffs des metaphorischen Konzepts bei Lakoff und Johnson. Das weitere Argument, auch metonymische Bedeutungsübertragungen seien neben Metaphern relevant, trifft den Begriff der Metapher bei Lakoff und Johnson ebenfalls nicht (vgl. Abschn. 2.1.2).

  48. 48.

    Zur Geschichtsschreibung der Soziologie verbindet López (2003, insbes. S. 10) die Analyse von Metaphern mit der Methodik einer „Archäologie“ von Diskursen und wird daher im Abschn. 4.1.1 ausführlicher dargestellt.

  49. 49.

    Die Analyse von Machtstrukturen spielt in der Heuristik der Metaphernanalyse eine wichtige Rolle, vgl. Abschn. 5.7.2 und 5.11.1.

  50. 50.

    Zouhair unterliegt an dieser Stelle der Suggestion eines „zentralen“ Topos, vgl. die „Wurzelmetapher“ in Abschn. 1.4.5.

  51. 51.

    Weitere Anmerkungen zu Koller finden sich in Abschn. 4.7.4.1.

  52. 52.

    Insbesondere in seiner Integration auch der „kinaesthetic image schemas“ dokumentiert Hart den aktuellen und differenziertesten Stand der Integration der kognitiven Linguistik in die CDA.

  53. 53.

    Fröhlich und Rehbein (2009, S. 44–46) nennen diese Punkte als Kritik Bourdieus an Foucault.

  54. 54.

    An anderen Stellen des Werks von Polányi arbeitet auch Knoblauch (2005, S. 335) dieses Moment der Übertragung heraus, sieht jedoch wie dieser die Möglichkeit nicht, dass diese Übertragung auch als Metaphernbildung verstanden werden kann. Das Gleiche gilt für die kritische Zusammenfassung der zentralen Thesen von Polányi bei Mildenberger (2006, S. 100–112), der diese Denkfigur der Übertragung von einem proximalen auf einen distalen Term als Subsumtion eines Besonderen unter ein Allgemeines missversteht.

  55. 55.

    In seiner Kritik, dass das Modell der Maschine in der Biologie in der Erklärung von Lebewesen zu kurz greift, obschon es auch einige Einsichten generieren kann (ebd., S. 40–46), zeigt Polányi sich jedoch als hellsichtiger Kritiker eines metaphorischen Zusammenhangs. – Das spätere philosophische Werk von Polányi (1975) verlässt den Fokus des „tacit knowledge“ zugunsten der Elaboration einer eigenen erkenntnistheoretischen Position. Hier diskutiert er die zu dem Zeitpunkt aktuellen Metapherntheorien von Richards und Black (ebd., S. 75–80) als Möglichkeiten der Herstellung von Zusammenhangswissen.

  56. 56.

    Der zentrale Aufsatz von Schön, der implizites Wissen und die Rolle der Metaphern diskutiert, wird im Abschn. 4.1.5 vorgestellt.

  57. 57.

    Vgl. Rohrer (1997) mit umfangreichen Hinweisen zur politischen Situation der Durchsetzung der Metapher des „information highways“ in der amerikanischen Innen- und Wissenschaftspolitik.

  58. 58.

    Ebenso bezieht sich Knoblauch (2005, S. 316) in seiner kurzen wissenssoziologischen Diskussion von Lakoff nicht auf diesen zentralen Begriff, rezipiert aber das Konstrukt der Schemata. Nicht nachvollziehbar ist jedoch Knoblauchs Einordnung von Lakoff in die sogenannte „kognitive Anthropologie“. Soweit ich das Gesamtwerk von Lakoff überblicke, zeichnet sich dessen Werk gerade durch die radikale Abwesenheit solcher Bezugnahmen auf kultur- oder sozialwissenschaftliche Theorien aus, von der spezielleren kognitiven Anthropologie ganz abgesehen.

  59. 59.

    Die ersten Hinweise, dass Berger und Luckmann sich auf Lakoff und Johnson beziehen lassen, verdanke ich Heike Schulze und Fritz Schütze; vgl. auch Abels (2001, S. 81–106).

  60. 60.

    Die Abstraktheit der Beschreibungen des Wissenserwerbs bei Schütz (vgl Schütz und Luckmann 2003, z. B. S. 173 f.) ist auch dem Umstand geschuldet, dass die gedachte Person als Erwachsene in diese Welt gekommen zu sein scheint, die ihrerseits auch keine Entwicklung genommen hat, sondern immer schon vorhanden war. Die Andeutung einer Reflexion, dass die Analyse von Sedimentierungsprozessen, die zur Bildung eines Wissensvorrats führen, auf vorangegangene Erfahrungen stößt, führt nicht zur Einsicht, dass diese Phänomenologie auch einer ontogenetischen wie phylogenetischen Entwicklungslehre bedarf. Stattdessen wird die Reflexion abgebrochen mit der nicht weiter begründeten Behauptung, kein Wissenselement könne auf eine „Urerfahrung“ zurückgeführt werden (ebd.). Die von Johnson (1987) genannten „kinaesthetic image schemas“ (Behälter, Weg, räumliche Orientierung oben–unten, hell–dunkel, etc. vgl. Abschn. 2.1.3) könnten in diesem Sinn onto- wie phylogenetisch frühe Schemata darstellen, die zur Transformation in entwickelte und differenziertere Typisierungen fähig sind. Berger und Luckmann bieten Ansätze zum Verstehen der Sozialisation als dialektisches Wechselspiel zwischen Gesellschaft und Individuum (Berger und Luckmann 2003, S. 139–195).

  61. 61.

    Vgl. den von Stadelbacher (2010) vorgeschlagenen Anschluss (s. u.).

  62. 62.

    Johnson diskutiert diese vor allem als körperlich gegebene Universalien; Kimmel (2005, 2008) zeigt jedoch, dass auch diese körpernäheren Schemata immer noch kulturell mitdeterminiert sind.

  63. 63.

    Den Hinweis auf die Nähe der Metaphernanalyse zu diesen Überlegungen von Durkheim und Mauss verdanke ich Fritz Schütze.

  64. 64.

    Vgl. auch zusammenfassend Maasen (2009, S. 19 f., S. 50 ff.).

  65. 65.

    Weitere Berührungspunkte der Wissenssoziologie zur kognitiven Metapherntheorie finden sich bei Knoblauch (2005, S. 316). Allerdings ordnet dieser Lakoffs Überlegungen zur radialen Struktur von Prototypen am Beispiel der australischen Ureinwohner (1987), einem Seitenzweig seiner kognitiv-linguistischen Überlegungen, irrtümlicherweise der kognitiven Metapherntheorie zu und reiht Lakoff, das andere Begriffsverständnis des Adjektivs „kognitiv“ übersehend, in seine Kritik an der wiederum ganz anders verorteten „kognitiven Anthropologie“ ein. Auch eine weitere Erwähnung Lakoffs (Knoblauch 1999) erfasst nicht die Eigenheiten der kognitiven Metapherntheorie (Konzeptbegriff, Rolle alltäglicher Metaphern).

  66. 66.

    Weitere Anmerkungen zur Wissenssoziologie, u. a. zum Ansatz einer Metaphernanalyse nach Maasen und Weingart, sind im Abschn. 4.1 zu finden, zur Methode von Maasen vgl. Abschn. 5.11.7.

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Schmitt, R. (2017). Metaphern im Vergleich mit sozialwissenschaftlichen Konzepten. In: Systematische Metaphernanalyse als Methode der qualitativen Sozialforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13464-8_3

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