Zusammenfassung
Die institutionelle Organisation der sonderpädagogischen Förderung ist in Deutschland bundeseinheitlich geregelt. Da jedoch die Ausgestaltung den einzelnen Bundesländern überlassen ist, zeichnet sich die Bildungslandschaft in Deutschland durch eine breite Vielfalt unterschiedlicher institutioneller Organisationsformen sowie Kriterien und Verfahren zur Bestimmung sonderpädagogischen Förderbedarfs aus. Dieser Beitrag greift die besondere Situation der Diagnostik in Deutschland auf und beschreibt den aktuellen Stand der Zuweisung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs in den 16 Bundesländern. Die Grundlage für diesen Übersichtsbeitrag bilden verschriftlichte offizielle Regelungen wie Gesetzestexte oder Publikationen der Kultusministerien. Im Rahmen des Überblicks werden insbesondere Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen den Ländern herausgearbeitet. Im Vordergrund steht die Bündelung der trotz bundesweit einheitlichen Empfehlungen länderspezifisch stark differenzierenden Prozeduren. Vor allem der Prozess der Zuweisung eines sonderpädagogischen Förderbedarfs in Deutschland ist im Vergleich der Bundesländer stark unterschiedlich. Der Diagnoseprozess kann neben den Eltern des Kindes auch durch institutionelle Akteure angestoßen werden und zieht am Ende eine Entscheidung über die zu besuchende Schule nach sich. Der Weg in die Förderschule bzw. eine integrative Beschulungsform beginnt sehr vielfältig und endet, zumindest theoretisch, in allen 16 Bundesländern bei der Schulaufsichtsbehörde, die die letztgültige Entscheidung bezüglich der zu besuchenden Schule trifft.
Abstract
Germany is divided into 16 federal states (‚Laender‘), each of which is sovereign with regard to its educational system. Although the institutional organization of fostering students with special educational needs is ruled at the federal level, the actual implementation of schooling children with special educational needs differs widely between the Laender. The same applies for criteria and procedures of determining special educational needs. This essay takes into account the specific situation in Germany and describes the current practice of assigning special educational needs to children in the 16 Laender. This overview uses written documents such as laws or regulations of publications from educational ministries. A special focus is set on communalities and differences between the Laender. Especially the process of assigning special educational needs in Germany varies considerably between the Laender. This process can be initiated both by the child’s parents and institutional agents, such as child care institutions or doctors. At the end of the process, a decision is taken as to which type of school the child will attend, a special school for children with special needs or an integrated type of schooling. At the end, it is usually the educational authority that takes the decision about the best type of school to attend for a child with special needs.
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