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Die Legitimation von Ausnahmezuständen. Eine Analyse zeitübergreifender Legitimationsmuster am Beispiel der USA

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Legitimitätspraxis

Zusammenfassung

Ausnahmezustände als kriseninduzierte Expansionen von Exekutivkompetenzen sind in repräsentativen Demokratien gegenüber der politischen Öffentlichkeit in besonderem Maße begründungspflichtig. Der Beitrag untersucht anhand verschiedener Ausnahmesituationen in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika vom 19. bis ins 21. Jahrhundert, welcher Plausibilisierungsstrategien sich die Exekutivorgane jeweils bedient haben. So entsteht eine den jeweiligen historischen Kontext einer Krise transzendierende Matrix von Plausibilisierungen. Diese sind demokratietheoretisch relevant, weil sie als wiederkehrende Muster die Verschiebung der Grenze demokratischer Freiheit zu Ungunsten der Bürgerinnen und Bürger markieren.

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Notes

  1. 1.

    Unter Ausnahmezustand verstehen wir die kriseninduzierte Expansion von Exekutivkompetenzen. Teile dieses Beitrages (Kap. 2.2 und 2.3) basieren auf überarbeiteten Analysen aus Lemke (2012).

  2. 2.

    Unser Verständnis von Legitimität folgt dem integrierten Verständnis von Legitimitätsanspruch (Norm) und -glauben (Empirie) von Nohlen (1998, S. 350 ff.). Lipset (1960, S. 77) hatte auf die doppelte Dynamik von Legitimität verwiesen, da sowohl deren normative Grundlagen als auch die Modi der Erzeugung von Anerkennung einem permanenten Wandel unterliegen. Unter Legitimation verstehen wir die konkreten Praktiken (Handlungen, Diskurse etc.), die die Anerkennungswürdigkeit von Herrschaft jedweder Form vorbereiten. Ein Begriff, der eher empirisch orientiert und weniger normativ aufgeladen wäre und der Legitimation im Sinne der Generierung von Anerkennung – auch im repräsentativ-demokratischen Verfassungsstaat der Moderne – zu beschreiben vermag, könnte ganz allgemein Plausibilisierung von Herrschaft lauten.

  3. 3.

    Ob und inwieweit in der politischen Öffentlichkeit der Wunsch nach einer Normsuspendierung an die Regierung herangetragen wird, der Ausnahmezustand also bottom-up eingefordert wird, etwa wenn es um den vermeintlichen Zugewinn an öffentlicher Sicherheit durch verdachtsunabhängige Kontrollen geht, ist eine ebenfalls spannende Frage, die wir in diesem Beitrag allerdings nicht weiter verfolgen können.

  4. 4.

    Zentrale Forderungen der Gewerkschaft war die Einführung, bzw. Aufrechterhaltung eines acht-Stunden-Arbeitstages sowie ein angemessener Mindestlohn (Suggs 1991, S. 17).

  5. 5.

    Moyer, als Präsident der WFM, kritisierte diese Politik Peabody’s, da weder der Dialog mit den Streikenden, noch eine unabhängige Untersuchung stattgefunden hatte, rückblickend jedoch auch, weil die Garde nicht nur Streikbrechern Schutz gewährt hatte, sondern auch Streikposten auflöste (Suggs 1991, S. 50 ff.).

  6. 6.

    Auch im Fall ex parte Milligan urteilte der Supreme Court 1866, dass die Suspendierung von habeas corpus auch unter der Bedingung offener Gerichte gerechtfertigt sei; Zivilisten dürften jedoch nicht vor Militärgerichte gestellt werden, solange Gerichte offen und funktionsfähig sind (US-Supreme Court 1866).

  7. 7.

    Unterstützt wird diese Annahme auch durch ein Urteil des Supreme Court 1866, in dessen Begründung das Gericht schreibt: „The officer executing martial law is at the same time supreme legislator, supreme judge, and supreme executive. As necessity makes his will the law, he only can define and declare it“ (US-Supreme Court 1866, S. 14).

  8. 8.

    Vgl. hierzu Kap. 3.1.

  9. 9.

    Für den Diskurs um den Umgang mit US-Bürgern, die als unlawful enemy combatant klassifiziert wurden, siehe Hamdi v. Rumsfeld (2004).

  10. 10.

    Vgl. Präsident Obamas Grundsatzrede zur nationalen Sicherheit vom 23. Mai 2013: „But our commitment to constitutional principles has weathered every war, and every war has come to an end“ (White House 2013). Der Terrorismus als Phänomen und bleibende Gefahr wird auch nach der Zerschlagung von Zellen wie Al Quaeda weiterhin bestehen. „This is an endless war with ever changing enemies, always moving from place to place“ (Dershowitz 2002, S. 10).

  11. 11.

    Vgl. hierzu Kap. 3.3.

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Förster, A., Lemke, M. (2016). Die Legitimation von Ausnahmezuständen. Eine Analyse zeitübergreifender Legitimationsmuster am Beispiel der USA. In: Lemke, M., Schwarz, O., Stark, T., Weissenbach, K. (eds) Legitimitätspraxis. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-05742-8_2

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