2.1 Ursprung und Entwicklung

Coaching hat Tradition. So gab es im angloamerikanischen Raum bereits im 19. Jahrhundert private Tutoren an Universitäten, die umgangssprachlich unter Studenten als „Coaches“ bezeichnet wurden. Zunehmende Bekanntheit erlangte das Coaching später durch seine Bedeutung im Leistungssport. Hier kommt dem Coach die Aufgabe zu, Leistungssportler im Rahmen eines Wettkampfes zu beraten, zu betreuen und zu motivieren (vgl. Rauen 1999).

In den 1970er Jahren gelangte Coaching in den USA in den Bereich der Management- und Personalentwicklung und zwar im Sinne eines entwicklungsorientierten Führungsstils durch den Vorgesetzten. Der Vorgesetzte fungiert in dieser im angloamerikanischen Raum immer noch verbreiteten Praxis als Coach gegenüber seinen Mitarbeitern, indem er diese zielgerichtet und entwicklungsorientiert führt. In Deutschland wurde das Coaching durch den Vorgesetzten von Beginn an kritisch betrachtet: zum einen, da des aufgrund kultureller Unterschiede nicht auf unseren Führungsalltag übertragbar sei, zum anderen, da die Freiwilligkeit – eine bei uns für viele Coaches und Personalexperten unabdingbare Voraussetzung professioneller Coachingprozesse – nicht gewährleistet ist (vgl. Rauen 2004). So entwickelte sich Coaching im deutschsprachigen Raum zu einer psychologisch orientierten Einzelberatung für Führungskräfte des Top-Managements, die zunächst überwiegend durch sogenannte externe Coaches durchgeführt wurde (vgl. Kap. 4.2) Heute arbeiten einige Unternehmen auch mit internen Coaches – meist Mitarbeiter aus dem Personalbereich mit entsprechender Ausbildung. Auch hat sich die Zielgruppe auf das untere, mittlere und inzwischen auch Nachwuchs-Management ausgeweitet.

2.2 Definition

Eine weithin akzeptierte Definition von Einzelcoaching liefern Loos und Rauen (2004, S. 117):

Coaching ist die in Form einer Beratungsbeziehung realisierte individuelle Einzelberatung, Begleitung und Unterstützung von Personen mit Führungs- bzw. Managementfunktionen. Formales Ziel ist es, bei der Bewältigung der Aufgaben der beruflichen Rolle zu helfen.

In eine ähnliche Richtung weist das Coachingverständnis von Maren Fischer-Epe (2003, S. 21), das aufgrund seiner konkreten, auch inhaltlichen Aussagen sowie der Differenzierung der Perspektiven Person – Rolle besonders anschaulich ist:

Unter Coaching verstehe ich eine Kombination aus individueller Beratung, persönlichem Feedback und praxisorientiertem Training. Im Coaching werden Fragestellungen behandelt, die die berufliche Aufgabe und Rolle sowie die Persönlichkeit des Klienten betreffen. […] Es geht immer gleichzeitig um zwei Perspektiven: Person und Rolle. Der Coach versucht, mit dem Klienten Lösungen zu finden, die den Rollenanforderungen gerecht werden und gleichzeitig zur Person passen.

Ein Charakteristikum professionellen Coachings, über das in Fachkreisen ein breiter Konsens besteht, ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Coach und Coachee begegnen sich auf Augenhöhe und im Rahmen einer gleichwertigen Beziehung. Der Coach ist Prozessbegleiter mit entsprechender Methodenkompetenz. Die Fachkompetenz wie auch die Selbstverantwortung für die Umsetzung im Coaching erarbeiteter Inhalte liegen bei der gecoachten Führungskraft. Vielfach wird auch die Freiwilligkeit als zentrales Kriterium für das Gelingen des Coachingprozesses gesehen. Dies ist jedoch weder empirisch belegt (vgl. Kap. 4.2) noch in der gängigen Unternehmenspraxis realistisch. Oft wird der Coachingbedarf in Potentialanalysen erhoben; nachfolgende Trainings- und/oder Coachingmaßnahmen sind Bestandteil des Entwicklungsplans. Mit der Voraussetzung einer entsprechenden Offenheit und Veränderungsbereitschaft des Coachees können diese Coachings sehr erfolgreich durchgeführt werden.

2.3 Abgrenzung von verwandten Konzepten

Deutlich länger als Coachings sind Trainings: sie sind etablierte Instrumente der Personalentwicklung, die bei Großunternehmen und Konzernen in der Regel einen eigenen Bereich bestimmen. Des Weiteren gibt es das Mentoring: es hat in etwa parallel zum Coaching in den Unternehmen Einzug gehalten. Mit der zunehmenden Verbreitung von Coaching werden neben dem „klassischen“ Einzelcoaching auch Gruppencoachings angeboten.

2.3.1 Abgrenzung von Einzel- und Gruppencoaching

Das Einzelcoaching ist die häufigste Form des Coachings, da beim Coaching per Definition in der Regel individuelle Themen bearbeitet werden. Beim Gruppencoaching arbeitet der Coach mit mehreren Personen – nämlich der „Coachinggruppe“. Die häufigsten Coachees dürften hierbei Projektteams in Unternehmen sein. Das Gruppencoaching ist nach Meinung einiger Experten jedoch eher eine Trainingsmaßnahme als ein Coaching (vgl. Stephan et al. 2010). In jedem Fall ist die Verwechslungsgefahr mit anderen Verfahren stets gegeben und aus der Unklarheit einer solchen Situation heraus kann im ungünstigsten Falle ein „Einzel-Coaching unter Zeugen“ (Loos 1991, S. 157) resultieren.

2.3.2 Abgrenzung von Coaching zu Mentoring

Das Konzept des Mentorings bezeichnet eine Form der Beziehung zwischen einer erfahrenen Führungskraft (Mentor) und einem Lernenden (Mentee). Der Mentor unterstützt den Mentee bei seiner Entwicklung im Unternehmen, in der Führungsrolle und auch in besonders herausfordernden Führungssituationen (z. B. bei einer Entsendung ins Ausland). Mentorenprogramme sind in vielen Unternehmen ein etabliertes Instrument der Personalentwicklung, wobei diese Programme sich im Hinblick auf Strukturiertheit, Auswahl und Qualifikation der Mentoren stark unterscheiden. Ein vergleichsweise neues Konzept ist das „Crossmentoring“, bei dem der Mentor und der Mentee ganz bewusst nicht derselben Organisation angehören. Methodisch gesehen liegen die Hauptunterschiede zum Coaching zum einen darin, dass der Mentor keine neutrale Position gegenüber dem Mentee einnimmt, sondern sich als dessen „Pate“ oder „Förderer“ versteht. Zum anderen handelt es sich nicht wie beim Coaching um einen zielgerichteten, zeitlich klar begrenzten Prozess (vgl. Kap. 3) sondern um eine längerfristige Entwicklungs- und Fördermaßnahme, die in der Regel auch keine psychologischen Beratungselemente beinhaltet (vgl. Wahren 2002).

2.3.3 Abgrenzung von Coaching zu Training

Im Gegensatz zum Coaching sind Trainingsmaßnahmen überwiegend gruppenbasiert und sollen standardisierte Trainingsinhalten vermitteln. Die Inhalte von Trainings sind ausgesprochen vielfältig. Üblicherweise unterscheidet man zwischen Fachtrainings (Sprachtraining, IT-Training, etc.) und verhaltensorientierten Trainings (Stressbewältigungstraining, Führungstraining, etc.). Verhaltensorientierte Trainingsmaßnahmen betreffen die Zielgruppe der Führungskräfte, orientieren sich meist an individuellen Bedürfnisse und Praxisfragen der Teilnehmenden (z. B. im Rahmen sogenannter Fallbearbeitungen im Training) und weisen inzwischen auch einen gewissen Prozesscharakter auf (Vorbefragung, Follow- up). Insofern ist die Grenze zum sogenannten Gruppencoaching sicherlich fließend.