Abstract
Eine Voraussetzung für erfolgreiche Marketing-Kommunikation von erklärungsbedürftigen Gütern wie Strom und Ökoenergie ist zunächst einmal das Verstehen von deren Werbebotschaften – denn ohne Verständlichkeit auch keine Nachhaltigkeit. Hier trägt die Wahl der sprachlichen Mittel und der visuellen Kommunikation zur Schaffung und Aufrechterhaltung von Nachhaltigkeit bei. Gerade die neuesten Ereignisse in Japan haben den Diskurs über erneuerbare Energien wieder verstärkt in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft entfacht – Energieproduzenten werben nun umso mehr für ökologische Stromquellen als Alternative zu in Atomkraftwerken (AKW) produziertem Strom. In unserem interdisziplinären Forschungsprojekt über Verständlichkeit analysieren wir, inwiefern die von Energieversorgern eingesetzten Kommunikationsinstrumente die Endverbraucher verständlich über alternative Energieformen informieren und/oder zum Kauf anregen. Solarstrom, Strom aus Wind- und Wasserkraftanlagen sind erklärungsbedürftige Güter, bei denen gerade das Verstehen des Werbetexts enorm dazu beitragen kann, eine Veränderung der Verbrauchereinstellung bzw. eventuell eine Entscheidung für oder wider Ökostrom oder AKWs zu beeinflussen. Ziel der qualitativen Textanalyse ist es, sprachwissenschaftliche Kriterien der Verständlichkeit herauszuarbeiten und darauf aufbauend Handlungsempfehlungen für eine verständliche, nachhaltige Marketing-Kommunikation zu entwickeln. Wir untersuchten 18 gedruckte Informations- und Bestellbroschüren und 3 Internetauftritte von vier Schweizer Energieproduzenten nach den linguistischen Kategorien Leserlichkeit, Lesbarkeit, Verständlichkeit und Heuristischen Hinweisreizen. Erste Ergebnisse zeigen, dass die kommunikativen Dimensionen der Verständlichkeit degressiv umgesetzt werden: Formale Kriterien wie Schriftbild und Farbverwendung sind oftmals sehr gut realisiert, Verbesserungspotential besteht aber z.B. bei der Verwendung von abstrakten Beschreibungen und bei zu langen Sätzen. Der Gebrauch von semantisch nicht eindeutigen Fachtermini wie Ökostrom und Marketingschöpfungen wie Ökopower verringert ebenso die Verständlichkeit. Heuristische Hinweisreize in Form von expliziten Handlungsaufforderungen als Teil der Direktmarketing-Kommunikation sind nur marginal vorhanden. Je besser aber ein Text über ein erklärungsbedürftiges Gut verstanden wird, desto grösser sind die Erfolgsaussichten, Endverbraucher durch nachhaltiges Marketing für die Herstellungsweise und damit der Art des zu beziehenden Stroms aus der Steckdose zu sensibilisieren.
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Literatur
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Janoschka, A., Demarmels, S. (2013). Nachhaltigkeits-Marketing in der Strombranche: Abstrakte Begriffe verständlich kommuniziert?. In: Nielsen, M., Rittenhofer, I., Grove Ditlevsen, M., Esmann Andersen, S., Pollach, I. (eds) Nachhaltigkeit in der Wirtschaftskommunikation. Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation, vol 24. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03452-8_4
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