Abstract
Der Beitrag setzt ein grundsätzliches Desiderat im Bereich einer werbelinguistischen (kritischen) Diskursanalyse voraus und hat daher eine kritische Sichtung zum Ziel, welchen Beitrag die Wirtschaftswerbung zum Klimawandeldiskurs leistet. Die Argumentationsstrategien der Werbung und die sich darin niederschlagenden Diskurspositionen werden als eine Form kultureller Steuerung im Kontext der Nachhaltigkeits- und Klimadiskussion gewertet und auf den sich darin spiegelnden Wertehorizont befragt. Die Relevanz dieser Perspektive ergibt sich aus dem diesem Beitrag zugrunde liegenden Postulat, dass Wirtschaftsunternehmen trotz ihrer Vernachlässigung in entsprechenden diskursanalytischen Arbeiten gerade zu jenen Akteuren gehören, denen in der Klimawandeldiskussion eine hohe Verantwortung zugeschrieben werden kann, nicht nur in Bezug auf eine nachhaltige Entwicklung ihres Angebots, sondern auch ihrer Kommunikation im Hinblick auf deren kulturelle Steuerungswirkung. Die Analyse legt den Fokus auf Schlag- und Schlüsselwörter, lexikalische Felder/Wortgruppen, Metaphern, Isotopien, Argumentation, Text-Bild-Beziehungen, Argumentationstopoi und den sprachlichen Ausdruck indexikalischer Ordnungen in einem exemplarischen Korpus aus ca. 30 Werbeanzeigen aus den Jahren 2008-2011 (vor allem von Energie- und Energietechnikanbietern, aber auch von Automobil-, Elektronik- und Pharmaunternehmen). Die Ergebnisse der Textanalyse zeigen eine stringente Argumentationslinie, die teilweise oder ganz in allen Anzeigen nachweisbar ist: Von der Konklusion: ‚Wir müssen dringend etwas tun!‘ (Argument der ‚Bedrohung‘) über ‚Wir tun etwas‘ (Argument ‚Forschung/Entwicklung‘) und ‚Sie können auch etwas tun – mit uns!‘ (Argument ‚gemeinsame Verantwortung‘) bis hin zu ‚Sie können im Hinblick auf Ihre Zukunft und die Ihrer Kinder beruhigt sein‘ (wobei die vorigen Konklusionen hierfür zu Argumenten werden). Interessant sind dabei die Branchenunterschiede: Bei den Energieanbietern lässt sich eine Ambivalenz zwischen einer eher defensiven Haltung als potenziell (Mit-)Verantwortlichen für den Klimawandel und einer eher offensiven Haltung als Vorreiter und Experten für den Klimaschutz feststellen, während in der Automobilindustrie ein fast ungebrochener Technikoptimismus herrscht. Insgesamt zeigt sich, dass die werbetreibende Wirtschaft vor dem gesellschaftlich hochrelevanten Dilemma steht, nämlich die Argumentation so aufzubauen, dass sie die Werte ‚(günstige) Deckung des Energiebedarfs‘ und ‚selbstverständliche Nutzung von Technik im Alltag‘ nicht in Frage stellt, aber zugleich die Werte ‚Klimaschutz‘ und ‚Nachhaltigkeit‘ möglichst glaubwürdig vertritt.
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Janich, N. (2013). „Allem gewachsen“ – Der Klimadiskurs und seine kulturelle Steuerung durch die Wirtschaftswerbung. In: Nielsen, M., Rittenhofer, I., Grove Ditlevsen, M., Esmann Andersen, S., Pollach, I. (eds) Nachhaltigkeit in der Wirtschaftskommunikation. Europäische Kulturen in der Wirtschaftskommunikation, vol 24. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-03452-8_3
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