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Theoretische Konzepte und Debatten

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Empirische Analyse sozialer Probleme
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Zusammenfassung

Verglichen mit den Naturwissenschaften sind die Soziologie und ihre Nachbardisziplinen als Wissen produzierende Instanzen in doppelter Weise in einer prekären Lage. Zum einen ist ihr Untersuchungsgegenstand (nicht nur bei epistemologischer, sondern auch bei ontologischer Betrachtung) ausschließlich der von Menschen gemachte Teil der Realität.

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Notes

  1. 1.

    Mögliche Veränderungen, die in Zukunft durch menschliche Eingriffe hervorgerufen werden (etwa das ‚Terraforming‘ fremder Planeten), können hier außer Betracht bleiben.

  2. 2.

    Für diesen Zusammenhang sei die folgende Unterscheidung gemacht: Realität (von lat. res = Sache) als ‚Sachheit‘ bezeichnet die Dinge, so wie sie vorhanden sind (also die ontische Ordnung), die Wirklichkeit (dtsch. von wirken, weben) das, was gedanklich daraus und damit gemacht wird (also die epistemische Ordnung); im Sozialen ist beides untrennbar verschränkt – dies ist nicht zuletzt eine der Ursache für den seit den Anfängen der Sozialwissenschaften tobenden Streit zwischen den Anhängern eher materialistischer und denen eher idealistischer Vorstellungen von der Entwicklung der sozialen Welt.

  3. 3.

    Hierzu gehört aus soziologischer Sicht auch das Wissen der nichtsoziologischen Experten für soziale Probleme: „Auch Aussagen von Sozialarbeitern, Polizeibeamten oder Strafrichtern über soziale Probleme oder abweichendes Verhalten sind alltagsweltliche Aussagen“ (Haferkamp 1987: 126).

  4. 4.

    Es handelt sich dabei weniger um apodiktische Feststellungen, als um kritische Hinweise, die bedacht werden sollten, wenn eine wissenschaftlich-reflektierte Analyse sozialer Probleme angestrebt wird.

  5. 5.

    Das theoretische Projekt der Soziologie unterscheidet sich vom praktischen Projekt, in dem Proteste organisiert, Beweise angetreten, Experten gewonnen und Ressourcen organisiert werden“ (Lautmann 1995: 176).

  6. 6.

    Bei sozialen Problemen stets mitgedacht und mitreproduziert wird eine auf Dichotomisierung basierende moralische Ordnung (dazu später mehr).

  7. 7.

    Hier gibt es auch keine individuellen Akteure mehr, die es persönlich nehmen könnten, wenn ihr Denken und Handeln zum Gegenstand wissenschaftlicher Nachforschungen gemacht wird.

  8. 8.

    „Als Menschen des Alltags haben wir keinen Zweifel, dass es sich bei Armut, Kriminalität und Alkoholismus um soziale Probleme handelt. Fragen danach, warum sie als problematisch gelten, ärgern uns deswegen oft. Sie problematisieren Selbstverständliches. Oft begründen derartige Fragen sogar Empörung“ (Peters 2002: 8).

  9. 9.

    Die Verwendung des Begriffs.soziale Probleme’ im heutigen Wortsinne kam in der Soziologie in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts auf; in den zwanziger Jahren wurden unter dieser Überschrift an US-amerikanischen Universitäten etwa Fragen von Armut, Krankheit, Kriminalität und Migration verhandelt (vgl. Best 2006: 20).

  10. 10.

    Die Autoren zeichnen das Bild einer Wirklichkeit, die primär symbolisch strukturiert ist und von den Subjekten durch Deuten und Handeln alltäglich reproduziert wird (vgl. Maasen 1999: 26-27; Knoblauch 2005: 153-165). Die Arbeit von Berger und Luckmann erwies sich nicht nur als theoretische Neubegründung der Wissenssoziologie, sondern wurde zur Grundlage eines alternativen Verständnisses von Gesellschaft insgesamt; es entstand ein neues Paradigma sozial- und kulturwissenschaftlichen Denkens, das eine ganz Reihe von Forschungstraditionen – von den Cultural Studies über die Genderforschung bis hin zur Wissenschaftssoziologie – mitbegründet hat.

  11. 11.

    Für eine ausführliche Diskussion und Kritik des Modells von Merton vgl. Peters (2002: 15-22).

  12. 12.

    Diese Daten sieht Merton jedoch als durch methodische Unzulänglichkeiten und gesellschaftliche Vorurteile systematisch verzerrt an.

  13. 13.

    Zitiert wird durchgängig nach der deutschen Übersetzung des Beitrags im Sammelband von Hondrich (1975); zur Bedeutung jenes Buches für die Rezeption der englischsprachigen Problemtheorie in der deutschen Soziologie vgl. Groenemeyer (2006: 12).

  14. 14.

    Auffällig ist, dass Merton zur damaligen Zeit auch solche Ereignisse bzw. Entwicklungen (wie etwa Hungersnöte) zu den.Naturkatastrophen’ zählt, von denen die Sozialwissenschaften heute annehmen, dass ihre Ursachen primär im menschlichen Handeln zu suchen sind. Dies macht nicht zuletzt deutlich, welchem Wandel wissenschaftliche Ursachenzuschreibungen im Laufe der Zeit ausgesetzt sind.

  15. 15.

    Zu den möglichen Ursachen dieser ‚sozialen Fehlwahrnehmung‘ finden sich in Mertons Text nur sehr allgemeine Hinweise, etwa hinsichtlich der Diskrepanz zwischen dem Interesse von Bürgern an ihren privaten und an öffentlichen „Sorgen“. Lee (2005) führt den Übergang von latenten zu manifesten sozialen Problemen auf ihre Durch setzungsfähigkeit innerhalb der Massenmedien zurück. Ein Problem würde dabei dann Erfolg haben, „wenn es z.B. auf dramatische Weise präsentiert wird, wenn es auf tief verwurzelte Mythen zurückgreift oder auf weit verbreitete kulturelle Überzeugungen bezogen werden kann und wenn es sich innerhalb des akzeptablen Spielraumesdes öffentlichen Diskurses der spezifischen öffentlichen Arenen bewegt, wobei die Arenen selbst in starkem Ausmaß von politischen und wirtschaftlichen Interessengruppen beeinflusst werden“ (39).

  16. 16.

    Dies lag insbesondere auch daran, dass Merton zusammen mit den für soziale Probleme konstitutiven Elementen ganz konkrete Analyseaufgaben für die Soziologie sozialer Probleme formulierte.

  17. 17.

    Bereits im Jahre 1968 hatte der deutsche Soziologe Helge Peters ein Buch zum Thema „Moderne Fürsorge und ihre Legitimation“ vorgelegt, in dem viele Thesen der späteren konstruktionistischen Problemtheorie vorweggenommen sind. Für die internationale Debatte ist dieser Beitrag jedoch weitgehend bedeutungslos geblieben – nicht zuletzt, weil die US-amerikanischen Soziologen, welche die theoretische Debatte bis heute dominieren (vgl. Best 2006: 22-23), sich schon damals standhaft weigerten, nicht in ihrer Muttersprache verfasste Beiträge auch nur zur Kenntnis zu nehmen. So bleibt Peters nur das Verdienst, definitionstheoretische Überlegungen in die deutschsprachige Problemsoziologie eingeführt zu haben, bevor diese in Form der konstruktionistischen Problemtheorie überhaupt international Karriere machten.

  18. 18.

    Diese hatten, zunächst wenig beachtet, die Auffassung vertreten, dass soziale Probleme sowohl von objektiven Faktoren als auch von gesellschaftlichen Definitionen abhängig seien: „Jedes soziale Problem hat sowohl einen objektiven als auch einen subjektiven Aspekt. Die objektive Seite besteht aus einer nachweisbaren Bedingung, einer Situation oder einem Ereignis. Die subjektive Seite ist die Überzeugung oder Definition von bestimmten Personen, daß Bedingung, Situation, oder Ereignis gegen ihre Interessen verstoßen, und die Einstellung, daß etwas dagegen unternommenwerden muss“ (Fuller/Myers 1941 a: 25 – Übers. von M. Sch.).

  19. 19.

    Zitiert wird auch hier nach der deutschen Übersetzung im Sammelband von Hondrich (1975).

  20. 20.

    An dieser Stelle sind die Übereinstimmungen mit Merton deutlich größer, als Blumer in seiner prononcierten Kritik zugestehen will: Beide machen die Anerkennung einer Problemlage und Umfang sowie Art ihrer Bekämpfung von den Aktivitäten der Besitzer strategischer Machtpositionen abhängig. Dies ist eine der Ähnlichkeiten, die in der Folgezeit zu verschiedenen Versuchen geführt hat, die theoretische Kluft zwischen den beiden hier skizzierten Grundpositionen zu überbrücken – mehr dazu im folgenden Kapitel.

  21. 21.

    Zur Bedeutung der Kritik von Kitsuse und Spector für die Entwicklung der Theorie und Empirie sozialer Probleme vgl. Best 2006: 22-23.

  22. 22.

    Woolgar und Pawluch schließen hier an den politikwissenschaftlichen Begriff des, Gerrymandering’ an, der ursprünglich die Manipulation von Wahlergebnissen durch die willkürliche Verschiebung der Grenzen von Wahlkreisen bezeichnet.

  23. 23.

    Woolgar und Pawluch führten diese, manipulative Strategie’ in ihrem Beitrag zunächst exemplarisch anhand der von Spector und Kitsuse verwendeten Vorannahmen zum Thema, Marihuana-Konsum’ vor und identifizieren eine entsprechende Vorgehensweise anschließend bei einer Vielzahl konstruktionistischer Fallstudien aus dem englischsprachigen Raum.

  24. 24.

    Erwähnt werden muss hier aber zumindest der Beitrag von Lawrence E. Hazelrigg (1986) in einem späteren Heft der Zeitschrift, weil dieser zwei weiterführende Argumente enthält: (1) In der bisherigen Debatte wäre übersehen worden, dass es der konstruktionistischen Schule gar nicht um die Frage ginge, ob eine von Problematisierern behauptete Bedingung soziologisch auch als objektive Bedingung konstatiert werden könnte oder nicht, sondern darum, ob die Bedingung von der Gesellschaft als problematisch definiert würde; folglich stünden kollektive Bewertungen, nicht aber mehr oder weniger anerkannte Tatsachenbehauptungen im Zentrum konfligierender Interessen. (2) Die.Eigenschaften’ sozialer Bedingungen müssten als Ergebnis von Vereinbarungen zwischen sozialen Akteuren verstanden werden; es ginge also beim Streit nicht um.Objektivität’, sondern um die Frage von Konsens oder Dissens zwischen den beteiligten Akteuren (S. 9-10).

  25. 25.

    Als typisch für die.radikale’ Position können die Arbeiten von Kitsuse und Spector (1973), Spector und Kitsuse (1977), Ibarra und Kitsuse (1993) sowie J. W. Schneider (1985, 1985a) gelten.

  26. 26.

    Daten dieser Art dienen lediglich dazu, um die Ausgangsbedingungen einer Thematisierung zu beschreiben, nicht jedoch die problematisierten Bedingungen selbst (vgl. Best 1995: 6; entsprechend argumentiert Peters 2002: 90).

  27. 27.

    Die Unnachgiebigkeit beider Positionen zeigt sich etwa in der Gegenüberstellung der Beiträge von Best (2006) und Steinert (2006), die sich beide in dem Schwerpunktheft der Zeitschrift „Soziale Probleme“ finden, dass zum 30. Jahrestag der Gründung der Sektion.Soziale Probleme und soziale Kontrolle’ (in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie) herausgegeben wurde.

  28. 28.

    Eine Übersicht über die aktuellen Debatten aus deutscher Sicht liefern das genannte Schwerpunktheft der Zeitschrift „Soziale Probleme“ (siehe vorherige Fußnote); vgl. hierzu auch Schmidt (2008).

  29. 29.

    Eine kritische Übersicht findet sich bei Schetsche (2000: 26-29).

  30. 30.

    Die Ausführungen bei Blumer (1971: 305) sind dabei so zu verstehen, dass er soziale Probleme zwar nicht nur, aber eben auch als objektive soziale Bedingungen interpretiert (vgl. Albrecht 1990: 7).

  31. 31.

    Zu einer ausführlichen Darstellung und Kritik des Modells von Hartjen vgl. Groenemeyer (1999: 114-120).

  32. 32.

    Ähnlich argumentiert auch Peters (2002: 99): „Um also die Wirklichkeit sozialer zu erkunden, muss man ermitteln, welche Sachverhalte Menschen für soziale Probleme halten. Und dies – wie wir gesehen hatten – versucht die Soziologie sozialer Probleme. Dabei stößt sie auf bestimmte Problemhäufigkeiten, die ihr die Annahme nahe legen, dass Probleme nicht beliebig definiert werden.“

  33. 33.

    Ein ähnlicher Vorschlag findet sich einige Jahre später bei Scheerer (1993: 79-80).

  34. 34.

    Eine Kritik an Giesens Problemverständnis aus konstruktionistischer Perspektive liefert Peters (2002: 68-69).

  35. 35.

    Redundanzen zwischen den bisherigen und den folgenden Darstellungen sind didaktischen Überlegungen geschuldet.

  36. 36.

    Wobei klar sein sollte, dass solche Unterscheidungen bei dem von Menschen gemachten (also gesellschaftlichen) Teil der Realität nicht die gleiche erkenntnistheoretische Trennschärfe aufweisen wie in der so genannten natürlichen Welt.

  37. 37.

    Wobei klar sein sollte, dass solche Unterscheidungen bei dem von Menschen gemachten (also gesellschaftlichen) Teil der Realität nicht die gleiche erkenntnistheoretische Trennschärfe aufweisen wie in der so genannten natürlichen Welt.

  38. 38.

    Für Kausalbehauptungen der letztgenannten Art lassen sich auch bei objektivistischer Betrachtung eine ganze Reihe von Beispielen anführen; als exemplarisch kann hier etwa das bis in die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts als schwerwiegend betrachtete Problem der kindlichen Onanie angesehen werden (vgl. Schetsche 1993: 18-79 und Schetsche/Schmidt 1996).

  39. 39.

    Dreyer und Schade (1992) konnten zeigen, dass bei konstruktionistischen Analysen tatsächlich nicht nur Probleme untersucht werden, die erfolgreich einen Großteil der theoretisch postulierten Karrierephasen durchlaufen haben. Vielmehr genügt regelmäßig das Erreichen der ersten Stufe der Problemwahrnehmung (vgl. Kapitel 1 von Teil II), damit eine Untersuchungsmöglichkeit gegeben ist (vorausgesetzt ist allerdings stets das Vorhandensein eines primären Akteurs).

  40. 40.

    Ähnlich argumentiert Karstedt (1999: 97).

  41. 41.

    Zum Verhältnis zwischen sozialem Wandel und kollektiver Wirklichkeitsbestimmung generell vgl. Berger/Luckmann (1991: 131).

  42. 42.

    Eine Kritik an dem Modell aus konstruktionistischer Sicht findet sich etwa bei Peters (2002: 100-106); die objektivistischen Vorbehalte formuliert hingegen Albrecht (2001: 125-130).

  43. 43.

    Kelley (1978: 213) untersucht in seiner psychologischen Erkenntnislehre, „wie der Mensch seine Welt erkennt und – was noch wichtiger ist – wie er Kenntnisse über sein Erkennen gewinnt, d. h. ein Wissen über die Richtigkeit seiner Ansichten und Urteile besitzt“.

  44. 44.

    Zur theoretischen Einordnung dieser Entwicklung vgl. Baudrillard (1978: 10, 30), Bolz (1993: 113-114) und Münch (1995: 101).

  45. 45.

    Diese Tendenz gilt trotz aller.relativen materiellen Verelendung’, welche die Soziologie seit den neunziger Jahren in Industriestaaten wie der Bundesrepublik (wieder) zu beobachten meint (vgl. Markert/Otto 2008: 444-445, Groenemeyer/Ratzka 2012: 384-385).

  46. 46.

    Jedenfalls solange die Soziologie versucht, aus den Interpretationen der Betroffenen unmittelbar auf einen.dahinter liegenden’ objektivierbaren Sachverhalt zu schließen.

  47. 47.

    Aus diesem letzten Argument könnte geschlossen werden, dass der Sozialkonstruktivismus im letzten Drittel des zwanzigsten Jahrhunderts wie eine sich selbst erfüllende Prophezeiung funktioniert hätte. Berger und Luckmann (1991: 184) selbst gehen jedoch davon aus, dass die Tendenz zu konkurrierenden multiplen Wirklichkeiten in der Moderne bereits alltagsweltlich angelegt war, bevor sie sie theoretisch konstatieren konnten: „Das allgemeine Gefühl für die Relativität aller Welten nimmt zu – einschließlich der eigenen, die subjektiv als eine Welt, nicht als die Welt angesehen wird." Falls diese Annahme richtig ist, könnte eine (von den Autoren nicht genannte) Ursache die oben beschriebene Umkehr des Dominanzverhältnisses zwischen Primär- und Sekundärerfahrung in der alltäglichen Lebenswelt sein.

  48. 48.

    Man könnte zusätzlich behaupten, dass der wissenschaftliche Zugang zur sozialen Wirklichkeit aufgrund der geschilderten Veränderungen im Verhältnis zwischen symbolischer und materieller Welt insgesamt prekärer geworden ist – diese These ist jedoch nicht die notwendige Voraussetzung, um den geschilderten Wandel bei den gesellschaftlich diskutierten sozialen Problemen akzeptieren zu können.

  49. 49.

    Es kann nicht geleugnet werden, dass einige als.materiell’ zu apostrophierenden Problemlagen, die seit der Jahrtausendwende wieder verstärkt in die Öffentlichkeit drängen, den Anschein zu erwecken vermögen, als wären sie geeignete.Kandidaten’ für eine aktuelle objektivistische Problemanalyse – etwa Arbeitslosigkeit oder Armut. Für letztere hat Leisering (1993) zeigen können, dass ein rein objektivistisches Verständnis diesem Problem bereits in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts nicht gerecht werden konnte. Für die überwiegende Zahl der am Beginn des 21. Jahrhunderts gesellschaftlich prozessierten sozialen Probleme stellt sich diese Frage so aber ohnehin nicht.

  50. 50.

    Das Analysemodell wurde später in einen umfassenderen theoretischen Rahmen gestellt: die relativistische Problemtheorie (Schetsche 2000).

  51. 51.

    Eine solche Unterscheidung rückt auch Peters (2002: 7) in den Mittelpunkt seiner Aufgabenbeschreibung der Problemsoziologie: „Antworten auf noch so intensives Fragen nach den Umständen, unter denen soziale Probleme entstehen, auf das Fragen nach den Ursachen von Armut, Kriminalität und Alkoholismus etwa, würden ja nichts darüber sagen, warum diese Phänomene als problematisch, eben als soziale Probleme gelten.“

  52. 52.

    Ein spezifischer Typus kollektiver Deutungsmuster (mehr dazu in Kapitel 4 von Teil II).

  53. 53.

    Aus gesellschaftspolitischer Perspektive ist ohnehin davon auszugehen, dass „die soziale Definition eines Sachverhalts als Problem zur Entstehung einer definitionsinduzierten Problematik führt, die – unabhängig davon, ob sie auf einer vorgängigen objektiven Problemlage aufbaut oder nicht – bald ihre eigene Realität schafft“ (Scheerer 1993: 82).

  54. 54.

    Denkbar ist dabei, dass eine solche komparatistische Analyse keine nennenswerten konsensualen Sachverhalte zu ermitteln vermag. Thematisierungen dieser Art, bei der nicht einmal ansatzweise Einigkeit über den Realitätsgehalt der behaupteten sozialen Bedingungen besteht, werden als „virtuelle Probleme“ (Schetsche 1998; Schetsche 2000: 165-221) bezeichnet; mehr dazu im Kapitel 2 des zweiten Teils dieses Buches.

  55. 55.

    Sie kann sich jedoch auf die Überlegungen bei Giesen (1983) berufen.

  56. 56.

    Es werden also nicht die sozial-strukturellen Ursachen sozialer Probleme untersucht, sondern die mehr oder weniger konsensualen Annahmen der Subjekte über solche Ursachen; nur nach strikt konstruktionistischer Auffassung sind letztere mit ersteren identisch.

  57. 57.

    Die Notwendigkeit der besonderen Perspektive und der mit ihr verbundenen Beschränkungen der Analyse wird durch die Benennung der konkreten Prozesse begründet, die in den letzten Jahrzehnten zu einer zunehmenden wissenschaftlichen Unzugänglichkeit der sozialen Sachverhalte geführt haben (vgl. Schetsche 2001). Das unhinterfragbare epistemologische Axiom des ursprünglichen Konstruktionismus wird dabei durch empirisch überprüfbare Thesen über den Wandel in den Konstitutionsbedingungen dessen ersetzt, was gemeinhin.soziale Wirklichkeit’ genannt wird.

  58. 58.

    Die von Schetsche (1996: 12) ursprünglich postulierte Integrationsthese ist zu verwerfen.

  59. 59.

    Ähnliche das Fazit bei Peters (2002: 91): „Wir meinen nach allem, dass eine Soziologie sozialer Probleme, die ihren eigenen Gegenstand haben und keine Soziologie sein will, die aus einer Summe von Soziologien besonderer sozialer Probleme besteht, eine definitionstheoretisch orientierte Soziologie sein muss.“

  60. 60.

    Medientheoretisch wäre es richtiger, hier von der Gruppe der, Netzwerkmedien’ zu sprechen – da sich jedoch zwischenzeitlich der Name.Internet’ nicht nur alltagssprachlich, sondern auch im wissenschaftlichen Diskurs durchgesetzt hat, werden beide Begriffe im Weiteren synonym verwendet.

  61. 61.

    Die Netzwerkmedien haben mit ihrer Entstehung neue Wege der Verbreitung von Problemwahrnehmungen eröffnet; welchen davon die dominierende Rolle zukommt, wird sich in Zukunft erst noch zeigen müssen (vgl. Teil II, Kapitel 6).

  62. 62.

    „Soziale Deutungsmuster“ im wissenssoziologischen Verständnis, wie es von Plaß und Schetsche (2001) theoretisch formuliert worden ist; vgl. hierzu aktuell Schetsche/ Schmied-Knittel 2013.

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Schetsche, M. (2014). Theoretische Konzepte und Debatten. In: Empirische Analyse sozialer Probleme. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-02280-8_1

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