Zusammenfassung
Das Erfahren des Psychiaters, seine „Empeiria“, kann sich in verschiedenen Grundhaltungen vollziehen, die ganz unterschiedliche Möglichkeiten des Erfassens und Feststellens eröffnen. Eine dieser Grundhaltungen, die empirisch-phänomenologische, ermöglicht einen auf lebendige Wesensanschauung gerichteten Umgang mit dem Patienten. Dem so den Melancholischen Begegnenden drängen sich in erstaunlicher Gleichförmigkeit Wesenszüge auf, die sich allein aus der Anschauung der Weisen ihres Verhaltens, ihrer Taten und Leiden, wie von selbst zum Typischen zusammenschließen. Wesenszüge des melancholischen Typus gewinnen wir demnach nicht durch Analyse von Eigenschaften und deren systematische Gliederung; vielmehr gelangen wir in der begegnenden Erfahrung mit denen, die melancholisch waren, zu einer sich ständig verdichtenden Anschauung, in welcher sich kennzeichnende Merkmale immer deutlicher gegen ephemere und zufällige abschatten. Können wir auch erst von der Erfassung eines Wesens sprechen, wenn wir die Gesamtheit konstitutiver Merkmale erschlossen haben, so ist doch in einzelnen konstitutiven Grundzügen von Wesen dieses immer ganz enthalten, wenn auch nicht zur Gänze sichtbar. Wir nennen diese Grundzüge auch strukturale, weil in ihnen Seinsweisen schon entscheidend vorgezeichnet sind. Das bezieht sich sowohl auf die Physiognomien des Erlebten, die von Anbeginn durch konstitutive Wesensstrukturen geprägt werden, als auch auf die Modi tätigen Bewirkens, des Gesellig-seins (Mit-seins) und des Selbstverhältnisses.
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Tellenbach, H. (1976). Der Typus melancholicus Kinetische Typologie: Methode der Wesenserschließung des Typus melancholicus. In: Melancholie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-96347-6_3
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