Spurensicherung 1990

Zusammenfassung

1990 — die Lügenburg des DDR-Sports war zwar etwas erschüttert, stand aber noch. Denn all die Bekenntnisse und Beschuldigungen, selbst die detaillierten Schilderungen der Dopingpraxis — „Roß und Reiter“waren auch genannt worden — schlugen nicht wirklich durch. Sorgsam vermieden es Beschuldigte, Sportler wie Funktionäre und Sportmediziner, vor den Kadi zu geraten: wie der Ausgang der Untersuchung der Dubin-Kommission in Kanada allen Dopern klar gemacht hat, droht die Wahrheit am ehesten dann durchzubrechen, wenn die Beteiligten unter Eid aussagen müssen. Und da, wie man annahm, wohl niemand so dumm gewesen sein dürfte, schriftliche Beweisstücke zu hinterlassen, schliefen die Mitglieder der DDR-Dopinggemeinde noch immer ruhig. Bald würden die Beichten der Herren Aschenbach, Buhl und Regner ebenso vergessen sein wie die Anklage der Christiane Knacke. Die brisanten Zeitungsartikel von 1990 würden als Altpapier gelten, die Genossen vom SMD und FKS, aus Kreischa und Kienbaum wieder diskret und wirksam ihrem normalen Geschäft — nun in einem größeren Deutschland — nachgehen. Wie 1969 und 1977 würde auch die Diskussionswelle der Jahre 1989 und 1990 mit guten Nerven auszusitzen sein, schließlich kannte noch niemand die Namen der letztlich Verantwortlichen. Bevor jemand zur Verantwortung gezogen würde, — da kannte man die neuere deutsche Geschichte — würde schon eine große Generalamnestie verkündet sein.

„Da hatten Reißwölfe schon halbe Arbeit geleistet, denn ‚Dozent‘ und ‚Frank‘, ‚Hans Heiner‘ und ‚Lehrer‘, ‚Bernd‘, ‚Dr. Munkwitz‘ und ‚Rose‘sollten ruhig schlafen können. Aber auch Kopierer hatten das ihre getan, allerlei war aus der Festung getragen worden für eine spätere Zeit, beispielsweise für ein Zubrot zur Rente. Wäre das nicht geschehen, könnten ‚Herbst‘und ‚Burkhard‘unbefangener lügen…. Leipziger, schützt eure Akten!“(„Der Zorn des Schafes“ von Erich Loest, 1990).