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Part of the book series: Beiträge zur Graphischen Datenverarbeitung ((GRAPHISCHEN))

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Zusammenfassung

Die vorliegende Arbeit ist bezüglich ihrer anfänglichen Motivation von einer gewissen oppositionellen Grundhaltung gekennzeichnet: Die Arbeit wendet sich gegen einen unreflektierten computergraphischen Realismus, der sich nur auf den Entwurf physikbasierter Rendering-Algorithmen kapriziert. Bildberechnungs-Verfahren zur computergraphischen Simulation einer Photographie verfolgen letztlich ein naives Ziel: Dieses Ziel ist erreicht, falls Algorithmen zur Beleuchtungsmodellierung existieren, mit denen die Berechnung einer Computergraphik gelingt, welche man ebensogut als Bild in der Natur hätte photographieren können. Nichtsdestoweniger ist die generative Computergraphik von diesem Ziel noch weit entfernt [MRCG86].

Die vorliegende Arbeit greift daher in Kapitel 2 den kulturellen und psychologischen Hintergrund der Bildwahrnehmung auf, soweit dies für die computergraphische Bilderzeugung relevant ist. Erkenntnisse zur Psychologie der bildlichen Wahrnehmung von E. Gombrich, welche belegen, daß es kein „objektiv realistisches Bild“ geben kann, werden auf die computergraphische Bildgenerierung übertragen: Der Betrachter hat den wesentlichen Anteil daran, ob ein (computergraphisches) Bild als „realistisch“ oder gar „naturalistisch“ taxiert wird [Gomb84; Gomb86]. Für die vorliegende Arbeit steht nicht der Entwurf eines spezifischen Bilderzeugungs-Algorithmus im Mittelpunkt des Interesses; wichtiger als das eigentliche Darstellungsverfahren ist die Betrachtung der Wechselwirkung zwischen Betrachter und Bild, sowie die Art der Modellierung der darzustellenden Szene.

Die Frage nach der computergraphischen Genericrung naturalistischer Bilder konzentriert sich auf drei Kernprobleme, welche aus den Überlegungen zum Wesen des computergraphischen Naturalismus in Kapitel 1 und Kapitel 2 abgeleitet werden:

  1. (1)

    Wenn der Betrachter — und nicht das Generierungsverfahren — die zentrale Instanz des Realismus und Naturalismus ist: Welches sind die Anforderungen an die Präzision des zu berechnenden Bildes?

  2. (2)

    Wenn die darzustellende Szene nicht aus rein mathematischer Modellierung abgeleitet sein darf — sonst wäre die resultierende Computergraphik unweigerlich idealistisch: Wie kann eine Szene naturgetreu modelliert und visualisiert werden?

  3. (3)

    Wenn die computergraphische Simulation einer photographischen Aufnahme als zu rechenaufwendig kritisiert wird: Was sind die Kosten des Naturalismus, wie hoch ist der Rechenaufwand für die Erstellung einer naturalistischen Computergraphik?

Zu (1) : Mit Hilfe praktischer Versuche kann in der vorliegenden Arbeit dargelegt werden, daß für die Erzeugung eines naturgetreuen Bildeindrucks wohl nicht notwendigerweise eine fehlerfreie perspektivische Ansicht der darzustellenden Szene nötig ist. Der Betrachter eines Bildes ist kaum in der Lage, Bildfehler in einer perspektivischen Projektion zu erkennen, welche unterhalb einer Größenordnung von ca . 5% (für Bewegtbilder) bzw. ca. 12% (für Standbilder) einer Bildseitenlänge liegen . Diesen Umstand kann man nutzen, indem man die gesamte Bildgenerierung nach Maßgabe eines in der vorliegenden Arbeit — in Kapitel 3 — entwickelten Kalküls der nichtexakten perspektivischen Projektion anlegt.

Es wird ferner gezeigt, daß für die polygonale Modellierung einer zu visualisierenden Szene nicht unbedingt ideal plane Polygone vonnöten sind . Es genügt für eine befriedigende Darstellung von Objekten im Bild, diese relativ grob über nicht-plane Polygonzuge in ihren Umrissen anzunähern. Dabei können Unebenheiten der Polygone (gemessen in Dicke zu Breite des Polygonzuges) von bis zu 5% in Kauf genommen werden . Damit stellt die vorliegende Arbeit einen Weg dar, um naturgetreue Szenen mit relativ einfachen mathematischen Mitteln zu modellieren.

Zu (2) : Die vorliegende Arbeit sieht es als das wesentliche Element der Naturtreue einer Computergraphik an, daß die darzustellende Szene nicht mathematischidealisierend modelliert wird. Solches Vorgehen wird notwendigerweise in einer idealistischen Computergraphik mit geringem Wirklichkeitsbezug enden — dies ist nach allgemeinem Verständnis das genaue Gegenteil einer naturalistischen Darstellung, und mithin einer naturalistischen Computergraphik. Es wird als die einzige Möglichkeit der Modellierung der geometrischen und ikonisch-photographischen Inhalte einer zu visualisierenden Szene ihre neutrale und naturgetreue, das heißt meßtechnische, Erfassung gesehen.

In Kapitel 5 dieser Arbeit wird eine solche meßtechnische Erfassung aud Modellierung der darzustellenden Szene exemplarisch dargelegt. Die vorgestellte exemplarische Anwendung beinhaltet die Vermessung und Photographie eines zu visualisierenden mittelalterlichen Kirchengebäudes. Die vollständige Erfassung der Geometrie und der „Ikonik“ des darzustellenden Objekts ist die Basis für die Generierung naturalistischer Computergraphiken mittels der in der vorliegenden Arbeit entwickelten Verfahren.

Zu (3): Die Kosten — in bezug auf Rechenaufwand — für einen computergraphischen Naturalismus können sehr niedrig sein. Dies ist ein Resultat der konsequenten Nutzung approximativer Verfahren, wie sie in Kapitel 3 und Kapitel 4 entwickelt werden. Die Bildgenerierung nach dem Kalkül der nicht-exakten perspektivischen Projektion läßt, gemessen an den traditionellen Verfahren, große Einsparungen an Rechenzeit für zweierlei Anwendungen zu. Zum einen ist es möglich, nicht nur einzelbildweise eine Bewegtbildgenerierung vorzunehmen, sondern die geringen Änderungen des Bildinhalts von Einzelbild zu Einzelbild durch Übernahme dieser Bildteile zu nutzen. Zum anderen wird durch die Nutzung des Renderings von nicht-planen Polygonzügen — ohne eine Definition einer Polygonfläche im Objektraum — ein sehr effektives Bilderzeugen möglich. Beim Rendering nicht-planer Polygonzüge werden photographische Komponenten über Rückprojektions-Verfahren direkt in die perspektivisch transformierten Polygonzüge in der Bildebene eingefügt.

Anhand der praktischen Erprobung der Rendering-Verfahren in der vorgestellten Pilotanwendung konnte gezeigt werden, wie wenig rechenintensiv — bei gleichzeitig annehmbarer Bildqualität — die entwickelten Verfahren zur Erzeugung naturalistischer Computergraphiken sind. Der Rechenaufwand ist proportional zur Anzahl der Bildpunkte (Pixel) des generierten Bildes.

Mit der vorliegenden Arbeit konnte überdies ein Beitrag zur Integration von Methoden der computergraphischen Bildgenerierung, wie

  • der perspektivischen Projektion von Objekten,

  • der Visualisierung von dreidimensionalen Szenen,

  • der einfachen Beleuchtungsmodellierung,

sowie Methoden der ikonischen Bildverarbeitung, wie

  • der Akquisition von photographischen Bildelementen,

  • den Bild-zu-Bild-Transformationen, und

  • Texturmapping- and Filtering-Verfahren

geliefert werden. Die Rückorientierung auf die für eine „gute Darstellung“ gegenüber dem menschlichen Betrachter unmittelbar nötigen Eigenschaften und Verfahren hat zu der Entwicklung von bildverarbeitungsorientierten Verfahren zur Generierung von naturalistischen Computergraphiken geführt.

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© 1992 Springer-Verlag Berlin Heidelberg

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Hofmann, G.R. (1992). Zusammenfassung und Ausblick. In: Naturalismus in der Computergraphik. Beiträge zur Graphischen Datenverarbeitung. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-77363-1_6

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-642-77363-1_6

  • Publisher Name: Springer, Berlin, Heidelberg

  • Print ISBN: 978-3-540-55265-9

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