Primär mechanische Ursachen des Vorfalls lumbaler Bandscheiben — eine Übersicht des derzeitigen Kenntnisstandes

Zusammenfassung

In-vitro-Versuche konnten bisher kein Modell für die Entstehung eines primär mechanisch verursachten Bandscheibenvorfalls aufzeigen. Ausgenommen sind Unfallereignisse bei Hyperflexion und gleichzeitiger hoher axialer Belastung. Die Kenntnisse aus Laborversuchen sind jedoch lückenhaft, da eine Simulation langdauernder und/oder zyklischer Belastung in vitro bislang nicht möglich ist.

Die bisher ausgeführten Fallkontrollstudien waren Fehlereinflüssen ausgesetzt, sodass aus ihren Ergebnissen nicht zwingend auf einen Zusammenhang zwischen Entstehung von Bandscheibenvorfällen (nicht: ihrer Behandlung im Krankenhaus) und hoher Belastung der Wirbelsäule geschlossen werden kann. Die Studien schließen einen solchen Zusammenhang jedoch auch nicht aus. Prospektive Studien, die das Problem klären könnten, sind bislang nicht ausgeführt. Die Ursachenforschung wird zusätzlich durch Ungenauigkeiten bei der Angabe der beruflichen oder außerberuflichen Belastung und Schwierigkeiten bei der Beschreibung der degenerativen Veränderungen lumbaler Bandscheiben erschwert (Videman u. Battié 1999).

Die Ergebnisse der epidemiologischen Studien und der In-vitro-Versuche sind mit der Annahme verträglich, dass bei bestehender (aus unbekanntem Grund erfolgter) Vorschädigung der Bandscheibe mechanische Faktoren einen Vorfall begünstigen und letztlich auslösen können. Möglicherweise gibt es eine genetische Prädisposition, welche die Entstehung von Bandscheibenvorfällen begünstigt (Videman u. Battié 1999). Entwicklungsstadien des Fortschreitens pathologischer Veränderungen an Bandscheiben, die einem Vorfall vorangestellt sind, wurden bisher in vivo in Längsschnittuntersuchungen nicht identifiziert.

Die Ursache des lumbalen Bandscheibenvorfalls muss derzeit als nicht bekannt angesehen werden. Aus diesem Grunde lassen sich keine wissenschaftlich fundierten Ratschläge zur Prävention geben.