Die Bedeutung der allergischen Pathogenese bei der Arteriitis

Zusammenfassung

Immunologische Phänomene nehmen in unserer Krankheitslehre einen beträchtlichen Platz ein. Sie sind nicht mehr beschränkt auf die Auseinandersetzung von fremdem Mikro- und eigenem Makroorganismus; sie sind auch nicht mehr beschränkt auf allergische Prozesse durch von außen zugeführte Voll- oder Halbantigene; mit dem Begriff der Autoimmunisierungs-, ja sogar Autoaggressionskrankheiten ist ein Bereich erschlossen worden, der früher durch den Ehrlichschen „horror autotoxicus“ abgeriegelt erschien. Autoimmunisierungsvorgänge konnten bei Nieren-, bei Leber,- bei Gelenkerkrankungen und bei multipler Sklerose und Tuberkulose nachgewiesen werden. Nach H. Schmidt wären sie vermutlich auch bei Arteriosklerose erfolgreich zu suchen. Streptokokken, Staphylokokken und Tuberkelbacillen, auch Viren, sind in der Lage, bestimmte arteigene und sogar körpereigene Organeiweiße so zu verändern, daß sie zu echten Antigenen werden können. Aus den Masugiund Cavelti-Nephritis-Versuchen ist die Spezifität solcher Antigene bekannt. Nicht vom Nierenparenchym, sondern von den Gefäßen geht der lokalisierende Masugi-Faktor aus, wobei die capillare Basalmembran 20- bis 50mal stärker antigen ist als die Endothelien (Pressman). Der Gedanke hat etwas faszinierendes, daß die Autoallergie als ein patho- genetisches Prinzip für die Progredienz und Unheilbarkeit von Arteri-itiden, von denen die Periarteriitis nodosa (P. n.) immer wieder mit Media-, die Endangiitis obliterans (E. ob.) stets ohne Mediaschäden einhergeht, verantwortlich sei. Bei maligner Nephrosklerose, bei der P. n.-artige Gefäßveränderungen vorkommen, die schon Fahr wegen ihrer Ähnlichkeit mit dem hyperergischen Rheumatismus in Beziehung gebracht hatte, wurden — mit der Collodiumpartikelmethode — erhöhte Auto-Antikörper-Titer nachgewiesen und im Sinne von Hoff, Wendl-Berger, Pfeiffer und Bruch für das Fortschreiten verantwortlich gemacht. Es ist aber bemerkenswert, daß so besonders erfahrene klinische Autoren auf dem Gebiete, Sarre, Vorländer, Scheiffarth, höchst zurückhaltend, ja ablehnend in der Bewertung einer pathogenetischen Bedeutung der Auto-Antikörper sind. Bei Nieren-, Leber- und Gelenkerkrankungen treten sie nicht mit dem Gipfel der akuten Erscheinungen am stärksten auf, sondern später. Als erste oder einzige Verursacher werden sie nicht anerkannt Ihre Bedeutung als später maßgebliche Bewirker oder Mitgestalter ist wissenschaftlich nicht ganz gesichert, ihr Auftreten lediglich als Begleiter oder Zeugen der genannten Krankheiten möglich. Nachdem die Serologen und Pathologen uns Probleme und Experimenaltatsachen dargelegt haben, bleibt es mir nur noch aus der Fülle clinicam clinice docendo den Standpunkt des Klinikers aufzuzeigen.