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Welches Akteurs- und Rationalitätsverständnis braucht die Planungstheorie? Methodologische Reflexionen

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Langfristiges Planen

Part of the book series: Ethics of Science and Technology Assessment ((ETHICSSCI,volume 41))

  • 2041 Accesses

Zusammenfassung

Berichte über scheiternde Planungen füllen die Nachrichten immer wieder, sei es ein umstrittenes Bahnhofsprojekt, dessen Kosten explodieren, ein Flughafenprojekt, dessen Fertigstellung immer weiter hinausgezögert wird, die längst fällige Umwandlung einer Behörde, die lange nicht vorangeht und dann nur mit erheblichen Nachbeben realisiert werden kann, oder sei es der Umbau der gesamten Energieinfrastruktur, in dem die vielen beteiligten Akteure nicht zu einer gemeinsamen Linie finden. Am Ende kommen natürlich alle diese Vorhaben „irgendwie“ in ihr Ziel, nur eben nicht so, wie geplant, sondern oft nur unter Inkaufnahme von Verspätungen, gesteigerter Kosten und unter Hinnahme z. T. erheblicher Abweichung von den ursprünglich leitenden Zielvorstellungen. Macht man dann die Ursache in schlechter Planung aus (wie es die Kommentatoren solcher Nachrichten fast reflexhaft tun) und knüpft sich daran die Erwartung oder der Vorsatz, das nächste Projekt besser zu planen, dann stellt sich die Frage nach den Maßstäben, an denen man, zur Vermeidung solcher Missstände, die Güte einer Planung ablesen kann.

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Notes

  1. 1.

    Ausdrücke wie „Ziele“, „Präferenzen“, „Zwecke“, „Mittel“ u. a. m. werden in der alltagssprachlichen Rede unspezifisch, in verschiedenen Disziplinen auf sehr unterschiedliche Weise verwendet. Hier handelt es sich um vorterminologische, auf das alltagssprachliche Vorverständnis zurückgreifende Erörterungen. Eine einheitliche terminologische Rekonstruktion ist späteren eingehenderen Erörterungen vorbehalten (vgl. Kap. 4).

  2. 2.

    Vgl. H. Lenk (1972, S. 79): „Spezifizierte Kartenmodelle, räumliche Anordnungen, abstrakte Rollenstrukturdarstellungen (formale Organisationspläne), Zahlenaufstellungen, die Erklärungsgrundlage für eine Ordnung („göttlicher Plan“), wechselseitige Zuordnungen räumlicher, zeitlicher und abstrakter Elemente zueinander, Zieldifferenzierungen, Genstrukturen, unter Umständen unterbewußte Verhaltensstrukturierungen, Systeme beabsichtigter Handlungen – mindestens all dies wird unter dem Ausdruck „Pläne“ verstanden. Finden sich hier überhaupt gemeinsame „Wesens“-Züge aller Instanzen?“

  3. 3.

    Das ist eine der zentralen Erkenntnisse des im 20. Jh. Von der Philosophie vollzogenen sog. „Linguistic Turn“: Im Hintergrund jeder verlässlichen Verständigung über „die Welt“ steht das gemeinsame Sich-Versichern der sprachlichen Mittel, mit denen wir das tun: Gegenstände lassen sich so bestimmen als dasjenige, das wir durch Nomina thematisieren, Eigenschaften und Relationen als dasjenige, was wir durch Prädikatoren thematisieren. Elementare Aussagen (über Gegenstände) entstehen dann, wenn wir einen Prädikator auf ein Nomen anwenden und damit einem Gegenstand (n Gegenständen) eine Eigenschaft (eine n-stellige Relation) zusprechen, basale Aussagen sind elementare Aussagen oder negierte elementare Aussagen. Ausführlicher hierzu: Kamp (2001, Kap. 3.9).

  4. 4.

    Die Bezeichnung „Gott-Vater-Modell“ der Planung geht auf Siebel (1989) zurück. Stellvertretend für optimistische Vertreter dieses rationalistischen Modells sei auf die in der Literatur vielzitierte Bestimmung in Kaiser (1965, S. 7) verwiesen, der Planung als einen „systematischen Entwurf einer rationalen Ordnung allen verfügbaren einschlägigen Wissens“ definiert.

  5. 5.

    Vgl. z. B. Lane (2005, S. 289), der ein solches synoptisches Planungsverständnis anhand von vier Merkmalen identifiziert: „1) an enhanced emphasis on the specification of goals and targets; 2) an emphasis on quantitative analysis and predication of the environment; 3) a concern to identify and evaluate alternative policy options; and 4) the evaluation of means against ends.“

  6. 6.

    Das Argument stellt eine Variante des sog. Popperschen Paradoxons dar: „Wenn es so etwas wie ein wachsendes menschliches Wissen gibt, dann können wir nicht heute das vorwegnehmen, was wir erst morgen wissen werden“ (Popper 1965, S. XIV) – wir müssten dann ja schon wissen, dass eine Aussage wahr ist, bevor wir erkennen, dass sie wahr ist.

  7. 7.

    M. Heidegger (1927) lässt in seiner Fundamentalontologie die Erkenntnis und schon die Aufmerksamkeit auf das, was ist, in derlei Störungen der Handlungsroutinen wurzeln – sie erst bringen am „Zuhandenen den Charakter der Vorhandenheit zum Vorschein“ (a. a. O. 74) und schaffen damit die Voraussetzungen dafür, dass die Akteure sich ihrer Zecke bewusst werden.

  8. 8.

    Vgl. hierzu und zum folgenden auch die Überlegungen zur „Undurchsichtigkeit unserer Bedürfnisstruktur“ aufgrund bloß latent vorhandener, quasi domänenspezifischer Zwecke in Tenbruck (1972, S. 24 ff.).

  9. 9.

    Vgl. etwa Loewenstein (1996), Ariely (2008, insb. Chap. 5, 6).

  10. 10.

    Vgl. hierzu die Darstellung des „hot-cold empathy gap“ in Loewenstein (1996).

  11. 11.

    Kant hatte freilich auch die Vorstellung eines solchen Reichs der Zwecke lediglich als ein (kontrafaktisches) Ideal formuliert (Kant AA IV GMS, S. 33).

  12. 12.

    Zum Begriff vgl. Schmidt und Schirmeister (1989).

  13. 13.

    In diesem Sinne unterscheidet S. Hahn (2013) in ihrer „Kartierung“ der verschiedenen Rationalitätskonzepte insb. zweckbezogenes und regelbezogenes rationales Handeln. Vgl. hierzu auch die Darstellung der „Verfahrensrationalität“ in Homann (1980, S. 215 f.).

  14. 14.

    Vgl. zu diesem Punkt die (oft polemischen) Ausführungen von Taleb (2007) und (2012).

  15. 15.

    Hierfür bietet Brandl (2010) verschiedene instruktive Beispiele aus dem Flugverkehr, in denen der Verstoß gegen diese Vorkehrung gar zu Abstürzen geführt hat.

  16. 16.

    Das gilt selbst für den absoluten Fürsten, der beim (nicht selbst durch Recht und Gesetz beschränkten) Zugriff auf Recht und Gesetz immer auch auf die Erhaltung eines Machtgefüges oder Privilegiensystems achtzugeben hat. So gibt Macchiavelli in seinem „Il Principe“ ja gerade eine strategische Anleitung zur Interessendurchsetzung, deren Funktion nicht zu erklären wäre, wenn man die Rede von „absoluter Macht“ im Sinne von „vollständig“ lesen und nicht im Sinne ihrer lateinischen Herkunft als „losgelöst von“ (nämlich von rechtlicher Beschränkung) verstehen würde. In diesem Sinne gelten dann auch die Normen „absolut“, nämlich losgelöst von den Interssen des Einzelnen, auch wenn sie genetisch durch die Interessen des Einzelnen in Geltung gesetzt und der Veränderung durch Einzelne auch nicht prinzipell entzogen sind. Vgl. zu diesem Normenverständnis ausführlich Stemmer (2008).

  17. 17.

    Stellvertretend für andere sei auf das verbreitete Lehrbuch der Soziologie „Schlüsselbegriffe der Soziologie“ (Barth 2003, S. 91 ff.) verwiesen.

  18. 18.

    Vgl. hierzu und zum Folgenden das Konzept einer prozeduralen Rechtfertigung von Eigenschafts-Zuschreibungen durch Ausräumung zulässiger Einwände Kamp (2005).

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Kamp, G. (2016). Welches Akteurs- und Rationalitätsverständnis braucht die Planungstheorie? Methodologische Reflexionen. In: Kamp, G. (eds) Langfristiges Planen. Ethics of Science and Technology Assessment, vol 41. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-42004-7_2

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