Zusammenfassung
Deutschland ist ein Bundesstaat (Art. 20 Abs. 1 GG). Dies ist ein Staatsgrundprinzip mit normativer Ausstrahlungswirkung auf die gesamte Rechtsordnung und bestimmender Bedeutung für die Staatsqualität. Staatlichkeit kommt hier, in einer zweigliedrigen Konstruktion, sowohl dem Bund als Zentralstaat als auch den deutschen Ländern zu, als den Gliedstaaten. Begrenzungen durch höherrangiges (Völker-, EG-Recht) oder Verfassungsrecht des Bundes ändern nichts an deren jeweils voller Staatlichkeit. Notwendige Folge ist, dass den beiden Träger(gruppe/n) der Bundesstaatlichkeit notwendige und typische Staatsaufgaben zugeordnet sind, und dass sie diese in den grundlegenden staatlichen Organisationsformen der drei klassischen Gewalten, Gesetzgebung, Verwaltung und Gerichtsbarkeit, müssen erfüllen können. Dies ist ausdrücklich („besondere Organe der Gesetzgebung“, Art. 20 Abs. 2 S. 2 GG) und unabänderlich (Art. 79 Abs. 3 GG) in der Bundesverfassung festgeschrieben. Es bezieht sich auf die Länder (Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG), und zwar auf alle Regelungsgegenstände, welche eine Ordnung durch Gesetz im formellen Sinn bedürfen.
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Notes
- 1.
Vgl. Jestaedt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. II, 2004, §29; Isensee, in: ders./Kirchof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. VI, 2008, §133.
- 2.
Vgl. BVerfGE 13, 54 (77 f.).
- 3.
Abgeschwächt hier allerdings gerade für die Gesetzgebung – nur „grundsätzliche Mitwirkung der Länder“, vgl. Blasche, Die Grundsätzliche Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung, 2006.
- 4.
Überblick dazu bei Herzog, in: Isensee/Kirchof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd. III, 2005, §58.
- 5.
Art. 28 Abs. 1 S. 1 GG, vgl. BVerfGE 64, 301 (317).
- 6.
S. dazu näher Jachmann, in: von Mangoldt/Klein/Starck, GG, 2005, Art. 105 Rn. 25 ff.; zur Ertragshoheit Rn. 29 ff.
- 7.
Wie das BVerfG dies denn auch in st. Rspr. verlangt, s. BVerfGE 55, 274 (300); 72, 330 (383 ff.); 116, 327 (378).
- 8.
BVerfGE 34, 9 (19 f.).
- 9.
Vgl. i. Folg. Rn. 27 ff.
- 10.
S. Rn. 1.
- 11.
Vgl. Fn. 8; vgl. aber unten Rn. 32 ff.
- 12.
Betont bei Wendt, in: Isensee/Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts Bd. II, 2008, §139, Rn. 1 ff.
- 13.
BVerfGE 67, 256 (286).
- 14.
Rozek, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg), GG, 5. Auflage 2005, Art. 70 Rn. 9.
- 15.
Näher Jarass, in: ders./Pieroth, GG, 2009, Art. 109 Rn. 4.
- 16.
F. viele Laband, Das Staatsrecht des Deutschen Reiches, 1914, Bd. II, S. 375 ff.
- 17.
Salz, Tabak, Branntwein, Bier, Zucker, Sirup (Art. 35, 38, 40, 70, S. 1 RV).
- 18.
Art. 4 Nr. 2 RV.
- 19.
ErbSt (1906); Wehrbeitrag und Besitzsteuer (1913); Kriegsteuer (1916); Außerordentliche Kriegsabgabe (1918).
- 20.
Art. 6 Nr. 6, Art. 8 WRV, näher Wendt (Fn. 12), Rn. 11 ff.
- 21.
Landessteuergesetz, RGBl. 1920, S. 402; Finanzausgleichsgesetz (FAG), RGBl. 1923 I, S. 494.
- 22.
S. Höpker-Aschoff, AöR 75 (1949), 306 ff.
- 23.
S. dazu näher Heun, in: Dreier (Hrsg.), GG, 2008, Vorb. zu Art. 104 a – 115, Rn. 6 ff.
- 24.
Überblick b. Waldhoff/Vogel, in: Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand Juni 2009, Vorb. 7, Art.104a–115 Rn. 199 ff.; vgl. vor allem die Verfassungsänderungen von 1967–1969, insbes. das Finanzreformgesetz, BGBl. 1969 I, S. 357.
- 25.
BVerfGE 8, 260 (269 f.).
- 26.
Vgl. Art. 73 Abs. 1 Nr. 1, 5 („Einheit des Zollgebiets“) GG.
- 27.
Zollverwaltungsgesetz, BGBl. 1992 I, S. 2493; 2007 I, S. 2897.
- 28.
Wendt (Fn. 12), Rn. 27 m. Nachw.; als solches erwähnt auch in Art. 108 Abs. 1 GG.
- 29.
BVerfGE 14, 105 (111).
- 30.
BFHE 139, 476 (477) – Branntweinmonopol.
- 31.
Auf der „3. Stufe“ der Berufsfreiheitsregelungen nach Art. 12 GG, BVerfGE 7, 377 (406).
- 32.
S. oben Rn. 15 ff.
- 33.
S. oben Rn. 12 f.
- 34.
Isensee, in: FS f. H. P. Ipsen, 1977, S. 409 ff.
- 35.
Vgl. i. Folg. Rn. 24 f.
- 36.
F. viele Wendt (Fn.12), Rn. 17 f.
- 37.
§3 Abs. 1 AO, BVerfG st. Rspr., etwa BVerfGE 98, 106 (123); 110, 274 (294).
- 38.
Eine Einbeziehung der Mittelverwendung in den Begriff der Steuer als Mittelbeschaffungsinstrument (vgl. Wendt [Fn. 12], Rn. 18) ist daher nicht unbedenklich; ausdrückliche Zweckbindung (Zwecksteuern) ist dagegen nicht unzulässig.
- 39.
BVerfG, st. Rspr., etwa BVerfGE 93, 121 (147); 98, 106 (117 f.); 110, 274 (292 f.).
- 40.
BVerfG DStR 2008, 2460.
- 41.
Freilich unbeschadet der Möglichkeit, dies alles im Wesentlichen über Steuerertragsanteile (Art. 106 GG) zu regeln bzw. zu finanzieren.
- 42.
Vgl. BVerfG DStR 2008, 2460.
- 43.
Nachw. z. Meinungsstand bei Schwarz, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, 2005, Art. 106 Rn. 17 ff.; ein unbeschränktes Steuererfindungsrecht des Bundes wird vor allem auf die Worte „die übrigen Steuern“ in Art. 105 Abs. 2 GG gestützt, vgl. Wendt (Fn. 12) Rn. 28 ff.
- 44.
BVerfGE 93, 319 (342 f.); 110, 370 (387 f.).
- 45.
BVerfGE 101, 141 (148).
- 46.
BVerfGE 82, 159 (181).
- 47.
BVerfGE 5, 274 (307); 75, 108 (147 f.) – st. Rspr.
- 48.
BVerfGE 108, 1 (13).
- 49.
BVerfGE 82, 159 (178).
- 50.
BVerfGE 93, 319 (345 ff.).
- 51.
S. oben Rn. 14 ff.
- 52.
Vgl. oben Rn. 19 f.
- 53.
S. oben Rn. 21 ff.
- 54.
Vgl. Wendt (Fn. 12), Rn. 35.
- 55.
BVerfGE 2, 213 (224 f.); 33, 224 (229).
- 56.
BVerfGE 106, 62 (142 ff.), 112, 226 (242 ff.).
- 57.
BVerfGE 112, 226 (248).
- 58.
A.A. Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 2008, §3, Rn. 40 f.
- 59.
Vgl. Wendt (Fn. 12), Rn. 37.
- 60.
Vgl. oben Rn. 1 ff.
- 61.
BVerfGE 98, 106 (123).
- 62.
BVerfGE 16, 64 (74).
- 63.
Vgl. näher Jachmann (Fn. 6), Rn. 49.
- 64.
BVerwGE 96, 272 (281).
- 65.
Vgl. BVerfGE 65, 325 (345 ff.); 114, 316 (334); außerdem sind zu nennen: Hundesteuer, Jagd- und Fischereisteuer.
- 66.
BVerfGE 16, 306 (327).
- 67.
Diese ist etwa bei der Verpackungsteuer eine andere als bei der Umsatzsteuer, BVerfGE 98, 106 (125).
- 68.
Etwa der Vergnügungsteuer, BVerfGE 40, 56 (63), oder der Getränkesteuer, BVerfGE 44, 216 (226).
- 69.
Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 6 WRV.
- 70.
Die wichtigen Verbrauchsteuern auf Bier, Branntwein, Kaffee, Mineralöl, Schaumwein, Zwischenerzeugnisse, Tabak und Strom sind ohnehin bundesrechtlich geregelt.
- 71.
Nachw. b. Jachmann (Fn. 6), Rn. 31 ff.
- 72.
Wendt (Fn. 21), Rn. 31 ff.; Jachmann (Fn. 6), Rn. 31 ff.
- 73.
Etwa des Inhalts, dass die jeweilige Aufgabenerfüllung durch Bund und Länder zu gewährleisten sei – was aber ist dafür unabdingbar?
- 74.
Vgl. dazu Wendt (Fn. 12), Rn. 50 ff.
- 75.
Von der Phobie des zerfallenden Alten Reiches bis zur Machtstaatlichkeit von 1871 bis 1945.
- 76.
Vgl. i. Folg. Rn. 53 ff.
- 77.
Art. 105 Abs. 2 und 2a sowie Art. 106 Abs. 1–3 GG; siehe dazu oben Rn. 27 f., 33 ff.
- 78.
Finanzverfassungsgesetz, BGBl. 1969, I S. 359; Änderungsgesetz, BGBl. 2001, S. 3219.
- 79.
Insb. Finanzverwaltungsgesetz (FVG), BGBl. 1950, S. 448; Abgabenordnung (AO), BGBl. 1976, I S. 613.
- 80.
Vgl. dazu i. Folg. Rn. 56 ff.
- 81.
S. oben Rn. 26.
- 82.
Und auch in sich systematische Defizite enthält, vgl. etwa die Regelung in Abs. 6 über die Finanzgerichtsbarkeit, s. dazu Schlette, in: von Mangoldt/Klein/Starck (Hrsg.), GG, 2005, Art. 108 Rn. 104 f.
- 83.
S. etwa Seer, in: Dolzer/Vogel (Hrsg.), Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand Juni 2009, Art. 108; Schlette (Fn. 82), Art. 108; zurückliegend Weyhausen, Steuerverwaltung und Bundesstaatliche Verfassungsordnung, 1982; Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, 1995.
- 84.
Vgl. immerhin Drüen, Die föderale Steuerverwaltung aus der Sicht des Grundgesetzes, FR 2008, S. 295 ff.; Wendt (Fn. 12), Rn. 135 ff.
- 85.
Vgl. unten Rn. 60 ff.
- 86.
S. oben Rn. 9 ff.
- 87.
Dazu näher Weyhausen (Fn. 83), S. 8 ff.
- 88.
S. Lassar, JöR 14 (1936), 132.
- 89.
Schlette (Fn. 79), Rn. 20.
- 90.
S. Schlette (Fn. 79), Rn. 22 ff.
- 91.
BGBl. I. S. 359.
- 92.
Vgl. bereits oben Rn. 14 ff.
- 93.
Näher Seer (Fn. 80), Rn. 60 ff.
- 94.
Vor allem Produktionsabgaben für Zucker, Milch und Getreide.
- 95.
Obwohl sie dogmatisch auch Züge einer allgemeinen Verbrauchsteuer trägt, vgl. Schlette (Fn. 79), Rn. 33.
- 96.
Eher noch weiter gefasst als die des Art. 72 Abs. 2 GG, vgl. oben Rn. 29 f.
- 97.
Vogel/Wachenhausen, in: Dolzer/Vogel (Hrsg.), Bonner Kommentar, Loseblatt, Stand Juni 2009, Art. 108, Rn. 130.
- 98.
Bisher sind nur vereinzelt solche normiert worden, vgl. §5 Finanzverwaltungsgesetz.
- 99.
Vgl. dazu den Überblick b. Schlette (Fn. 79), Rn. 35 ff.
- 100.
H.L. – Nachw. b. Schlette (Fn. 79), Rn. 38, unter wenig überzeugendem Hinweis auf die Nichterwähnung anderer Träger in Art. 108 GG, anders als in Art. 87 Abs. 3 GG.
- 101.
So Schlette (Fn. 79), Rn. 39.
- 102.
Vgl. oben Rn. 57.
- 103.
Woraus sich aber nicht entnehmen lässt, dass die öffentlichen Bediensteten der Steuerverwaltung alle im Beamtenverhältnis nach Art. 33 Abs. 4, 5 GG zu beschäftigen wären.
- 104.
Vgl. dazu Schlette (Fn. 79), Rn. 120 ff.
- 105.
Oben, Rn. 1 und 2.
Literatur
R. Barthelmann, Der gestaltende Steuergesetzgeber im Konflikt mit dem Sachgesetzgeber, 2006
J. Bonsels, Einwirkungs- und Mitwirkungsrechte des Bundes bei der Verwaltung der Steuern durch die Länder, 1995
C. Brodersen, Weisungen des Bundes in der Steuerauftragsverwaltung, FS für P. Selmer, 2004, S. 601 ff.
H. D. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben und lenkende Steuern unter dem Grundgesetz, 1999
I. Kesper, Bundesstaatliche Finanzordnung, 1. Auflage 1998
H. Kube, Finanzgewalt in der Kompetenzordnung, 2004
M. Küssner, Die Abgrenzung der Kompetenzen des Bundes und der Länder im Bereich der Steuergesetzgebung sowie der Begriff der Gleichartigkeit der Steuern, 1992
S. Oeter, Die Finanzverwaltung im System der bundesstaatlichen Kompetenzteilung, ThürVBl. 1997, 1 ff.
C. Waldhoff, Grundzüge des Finanzrechts des Grundgesetzes, in: J. Isensee/P. Kirchhof (Hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, 3. Auflage 2007, §116
J. Wieland, Finanzverfassung, Steuerstaat und föderaler Ausgleich, in: FS 50 Jahre Bundesverfassungsgericht, 2001, Bd. 2, S. 771 ff.
H. Weyhausen, Steuerverwaltung und bundesstaatliche Verfassungsordnung, 1982
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Leisner-Egensperger, A. (2012). §40 Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen von Bund und Ländern im Bereich der Steuern. In: Härtel, I. (eds) Handbuch Föderalismus – Föderalismus als demokratische Rechtsordnung und Rechtskultur in Deutschland, Europa und der Welt. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-15523-9_15
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