Zusammenfassung
Das Fach Physik ist für viele Mädchen mit Abstand das unbeliebteste Fach, für einige sogar ein „Horrorfach“. Wenn es die Möglichkeit gibt, Physik abzuwählen, dann entscheiden sich viele Mädchen bewusst gegen die Physik (z.B. Zwiorek 2006). In Physik-Leistungskursen sind Mädchen nach wie vor mit etwa 10% klar unterrepräsentiert und nur wenige wählen Berufe oder Studiengänge im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Das frühzeitige Abwenden von der Physik führt u.a. dazu, dass viele Mädchen zu einem wichtigen Teil unserer Kultur keinen Zugang finden, bei gesellschaftlich wichtigen Fragen nicht mitreden können und im Hinblick auf ihre persönliche und berufliche Entwicklung ein schmaleres Spektrum an Möglichkeiten haben als viele Jungen. Schon zu Beginn der 80er Jahre wurde diese Problematik in den Blickpunkt einer breiten Öffentlichkeit gerückt. Für Anhänger der Frauenbewegung war die Situation der Mädchen im Physikunterricht ein besonders deutliches Beispiel für die Benachteiligung von Mädchen im Bildungssystem (z.B. Spender 1985). Eine stärkere Förderung der Mädchen in Naturwissenschaften und Technik sollte ihnen nicht nur mehr Chancen auf dem Arbeitsmarkt einräumen, sondern auch eine Basis für private und politische Entscheidungen bereitstellen und ihnen so zu mehr Emanzipation und Gleichberechtigung verhelfen. Angesichts eines sinkenden Images der Naturwissenschaften und eines zunehmenden Mangels an Fachkräften im naturwissenschaftlich-technischen Bereich sind aber auch wirtschaftliche Interessen bei der Mädchenförderung nicht zu übersehen (vgl. Muckenfuß 1995). Neuere Untersuchungen zum Thema „Mädchen und Physik“ machen noch ein weiteres Motiv deutlich, sich mit der besonderen Situation der Mädchen im Physikunterricht auseinander zu setzen. Die Untersuchungsergebnisse bestätigen nämlich, dass eine Orientierung des Unterrichts an den Mädchen auch den Jungen zugute kommt und eine Qualitätssteigerung des Physikunterrichts insgesamt bedeutet. Wagenschein hat dies vor vielen Jahren bereits in der griffigen und häufig zitierten Formulierung zusammengefasst: „Wenn man sich nach den Mädchen richtet, ist es auch für Jungen richtig, umgekehrt aber nicht“ (Wagenschein 1965, 350). In den letzten Jahren ist ein entsprechender Wandel in der Auseinandersetzung mit dem Thema „Mädchen und Physik“ zu beobachten. Der Blick ist nicht mehr auf Defizite auf Seiten der Mädchen gerichtet, die es zu beheben gilt, sondern auf Defizite des Physikunterrichts, für die das Desinteresse der Mädchen ein Indikator ist (vgl. Muckenfuß 1995, 58).
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Kircher, E., Girwidz, R., Häußler, P. (2009). Mädchen im Physikunterricht. In: Kircher, E., Girwidz, R., Häußler, P. (eds) Physikdidaktik. Springer-Lehrbuch. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-01602-8_18
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