Zusammenfassung
Die Hämatopoese hat die Fähigkeit, auf veränderte Umweltbedingungen rasch zu reagieren. Dadurch kann jede hämatopoetische Linie in geeigneter Weise expandieren, ohne dass die übrigen Zelllinien unnötig vermehrt werden. Bei einer bakteriellen Infektion kommt es z. B. zur Expansion der neutrophilen Granulozyten. Die erythroide Zelllinie bleibt dagegen von dieser Zellvermehrung unberührt. Die Regulation der Proliferation und die Differenzierung der einzelnen hämatopoetischen Zelllinien wird durch endogene Peptidhormone – die Zytokine – reguliert. Bislang sind ungefähr 30 dieser Proteine auf molekularer Ebene charakterisiert und in Zukunft werden vermutlich weitere beschrieben werden. Zytokine werden zum einen von hämatopoetischen Zellen selbst, vor allem von aktivierten Lymphozyten und Monozyten/ Makrophagen im Rahmen einer Infektabwehr gebildet. Zum anderen produzieren auch Zellen des Bindegewebsstromas im Knochenmark und in anderen Organen verschiedene Zytokine, die entweder auf humoralem Wege oder durch direkten Zellkontakt auf die verschiedenen hämatopoetischen Zellen wirken. Einerseits kann Zytokinrezeptoraktivierung in einem oder in verschiedenen Zellsystemen zu Recht unterschiedlichen Effekten führen (Pleiotropie). Andererseits kann ein und derselbe Effekt von verschiedenen Peptidhormonen induziert werden (Redundanz). Biologische Untersuchungen an Knock-out-Mäusen haben in den letzten Jahren einen tieferen Einblick in die Regulationszusammenhänge des Zytokinnetzwerkes gegeben. Dabei zeigte sich, dass einzelne Wachstumsfaktoren essenziell sind und ihre Defizienz zu einer schwerwiegenden Verminderung einer hämatopoetischen Zelllinie führt. Der Verlust anderer Zytokine hingegen kann vollständig oder teilweise kompensiert werden. Im Knochenmark existiert ein komplexes Netzwerk von humoralen und zellmembrangebundenen Wachstumsfaktoren, das die an die jeweiligen Bedingungen angepasste Hämatopoese reguliert. Einige Faktoren beeinflussen die Produktion von Blutzellen direkt über die Bindung an Oberflächenrezeptoren hämatopoetischer Vorläuferzellen, andere wirken auf diesen Prozess indirekt durch Bindung an Rezeptoren auf akzessorischen Stromazellen ein, die dann durch die Freisetzung anderer Wachstumsfaktoren reagieren (parakrine Interaktion). Einige Zytokine haben auf die Zellteilung Einfluss, während andere das Überleben der Progenitorzellen einer gegebenen Zelllinie ermöglichen. Insbesondere linienspezifische Wachstumsfaktoren steuern die Replikation und das Überleben von determinierten Vorläuferzellen und aktivieren die terminale Differenzierung einer spezifischen Zelllinie. Es existieren außerdem Synergismen zwischen verschiedenen Zytokinen. Akzessorische Zellen und Progenitorzellen können sich gegenseitig durch parakrine Mechanismen beeinflussen, die eine weitere Signalverstärkung oder - abschwächung induzieren können. Zudem können sich zytokinproduzierende Zellen durch dieses Protein selbst aktivieren (autokrine Stimulation). Zurzeit sind sicherlich noch nicht alle komplexen Zusammenhänge dieses Zytokinorchesters erforscht. Durch die biochemische und genetische Charakterisierung von spezifischen Wachstumsfaktorgenen sowie durch ihre gentechnische Produktion kommt jedoch schon eine Reihe von Zytokinen bei der Therapie verschiedener hämatologischer und anderer Erkrankungen zum Einsatz. Im Folgenden werden die biologischen Eigenschaften und die klinischen Anwendungsdaten der wichtigsten Zytokine, aufgegliedert nach ihren vornehmlichen Wirkungen, detailliert dargestellt.
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Derigs, H.G., Fischer, T., Huber, C. (2010). Zytokine. In: Hiddemann, W., Bartram, C. (eds) Die Onkologie. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-540-79725-8_25
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