Zusammenfassung
Die Denkfigur ,Zentrum und Peripherie’ begegnet uns seit dem Ende des 19. Jahrhunderts nicht mehr nur auf der räumlichen Ebene - wie sie etwa Shmuel Eisenstadt für die Entwicklungsgeschichte der westlich-kapitalistischen Gesellschaften rekonstruiert -, sondern auch als Metapher für die innere Beschaffenheit der sich nun als ,modern’ beschreibenden Gesellschaften. Was ist die ,Mitte’ einer Gesellschaft, um welchen Kern vergesellschaften sich die Menschen in einer Zeit erodierender traditionaler Strukturen? Auf theoretischer Ebene haben wir schon herausgearbeitet, dass ideelle Komponenten diesen Kern ausmachen. Häufig entziehen sie sich, so wie Kafkas Mann vom Lande, der unmittelbaren Sichtbarkeit, wenngleich materielle Arrangements ihre Anwesenheit und Macht verdeutlichen. Allerdings bedeutet die scheinbar nachlassende Strahlkraft eindeutig sichtbarer Zentren und Wertvorstellungen auch eine Dezentrierung der Gesellschaft: Bewegt sich das Individuum nicht immer mehr an den ,Rand’, wenn die (bindenden) kollektiven Überzeugungen schwinden? Diese Frage haben die vorherigen Kapitel schon erörtert, allerdings nur abstrakt auf die in diesem Teil des Buches leitende Frage zugespitzt: Wie ist Gesellschaft überhaupt möglich, wenn jeder einzelne Mensch Zentrum seines eigenen Lebens wird?
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© 2011 VS Verlag für Sozialwissenschaften | Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH
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Bischof, A., Schulze, M., Steffen, H. (2011). Das Individuum und der Verlust des Zentrums. In: Mythos Mitte. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-93003-9_13
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-531-93003-9_13
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-531-17971-1
Online ISBN: 978-3-531-93003-9
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