Auszug
Der Vorschlag von Giesen wurde in der der deutsch-wie in der englischsprachigen Soziologie weitgehend übersehen bzw. ignoriert. Aber auch wenn dies nicht so gewesen wäre, hätte es an den grundsätzlichen Reaktionen der verfeindeten theoretischen Lager auf solche und ähnliche ‚Vermittlungsversuche’ kaum etwas geändert. Auf Seiten der Vertreter der konstruktionistischen Schule wird stets kritisiert, dass der, seit Blumer bzw. Kitsuse und Spector wiederholt formulierte, zentrale theoretische Einwand gegen die objektivistische Wahrnehmung sozialer Probleme von Integrationsversuchen der geschilderten Art nicht ausreichend berücksichtigt wird: die These, dass die Wahrnehmung sozialer Sachverhalte (eben z. B. die Sichtbarkeit von Schäden) weniger die Ursache als die Folge gesellschaftli- cher Thematisierung eines Problems ist. Die als Vermittlungsversuche vorgelegten Modelle würden allesamt nicht erklären, wie die notwendigen Kriterien zur Ermittlung ‚objektiver Bedingungen’ und ‚kollektiver Wertvorstellungen’ von der Soziologie gewonnen werden könnten, ohne dass dieses Wissen von der Thematisierung selbst beeinflusst wäre (vgl. Woolgar/Pawluch 1985a: 160). Aus dieser Perspektive ist es durchaus verständlich, wenn Integrationsversuche der geschilderten Art von Joel Best (1995: 338), bis heute einer der Hauptvertreter der konstruktionistischen Position, als reine Lippenbekenntnisse ‚der Objektivisten’ abgetan werden, als Versuche, sich in der Empirie der Vorzüge einer konstruktionistischen Analyse zu bedienen, ohne die eigene objektivistische Position theoretisch aufgeben zu müssen.
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© 2008 VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden
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(2008). Strukturelle Differenzen der konkurrierenden Theorien. In: Empirische Analyse sozialer Probleme. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90937-0_4
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