Zusammenfassung
Iuvenal eröffnete seine 7. Satire, die einen Überblick über die Perspektiven gibt, die sich lateinischen Dichtern und Intellektuellen noch boten, mit der Erklärung, daß »nur der Kaiser den Studien sowohl Hoffnung als auch Sinn gebe« (et spes et ratio studiorum in Caesare tantum; 7, 1). Der neue Caesar war zu dieser Zeit der 41jährige Hadrian, der nicht nur auf eine lange militärische Karriere zurückblicken konnte, sondern auch beträchtliche kulturelle Ambitionen hatte: Die Zeichen müssen gut gestanden haben. Als Hadrian aber nach den elf Monaten, die erforderlich waren, um mit dem Parther reich zu einer Einigung zu kommen, Trajans Leichnam und seinen Troß nach Antiochia zurückzuführen und die Angelegenheiten in den östlichen Provinzen zu ordnen, im Jahr 118 in Rom ankam, hatte die literarische Kultur lateinischer Sprache wenig aktive Vertreter. Plinius und Tacitus waren beide tot, von den großen Schriftstellern Roms lebten nur noch Iuvenal und Sueton. Sueton hatte wahrscheinlich die zweite seiner kaiserlichen Anstellungen inne, als Leiter des Forschungsbetriebs (a studiis). Hadrian übertrug ihm zwar die einflußreichere Stellung des Leiters des Briefsekretariats (ab epistulis), entließ Sueton aber zusammen mit seinem Patron Septicius Clarus nach nur drei Jahren. Von da an mußte Sueton in seiner Arbeit ohne den Vorteil kaiserlicher Unterstützung auskommen. Was Iuvenal angeht, dessen Erwähnung des Konsulats des Iuncus (15, 27) zeigt, daß er im Jahr 127 immer noch schrieb, so müssen wir der späteren Legende, daß er nach Ägypten verbannt worden sei, zwar keinen Glauben schenken, aber es gibt auch keinen Grund für die Annahme, daß sich seine Umstände verbessert hätten.
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Notizen
Vgl. SHA Hadr. 19. Zu Hadrians Bauprogramm in Rom vgl. M.T. Boatwright, Hadrian and the City of Rome, Princeton 1987.
Zur neuen Hadriansstadt und ihrem großen Eingangsbogen vgl. J. Travlos, Pictorial Dictionary of Ancient Athens, London 1971, 161, 253–57; zur Bibliothek 244–52; zum Tempel des olympischen Zeus 403.
Hadrian ließ auch einen Aquädukt und (unvermeidlicherweise) ein Gymnasium bauen. Im Gegenzug verliehen die Athener ihm das Bürgerrecht, benannten nach ihm einen neuen Demos Hadrianis und ließen zu, daß die Kultstatue des Zeus Olympios die Züge ihres sterblichen Kaisers trug. Vgl. auch D.J. Geagan, »Roman Athens: Some Aspects of Life and Culture I. 86 B.C. — A.D. 267«, in: ANRW II 7.1, Berlin 1979, 389–99
Hadrians Bauprogramm, das das römische Forum zum Neuen Athen in Bezug setzte, M.T. Boatwright, »Further Thoughts on Hadrianic Athens«, Hesperia 52 (1983), 173–76.
Boatwright, Hadrian, 208 Anm. 81, unter Verweis auf H.I. Marrou, »La vie intellectuelle au Forum de Trajan et au Forum d’Auguste«, MEFRA 49 (1932), 109–10
S. B. Platner u. T.A. Ashby, A Topographical Dictionary of Ancient Rome, London 1929, s.v. Athenaeum. Das Vestibül der domitianischen Kurie wird von F Zevi, Lexicon Topographicum urbis Romae, Bd. 1: A-C, hg. v. M. Steinby, Rom 1993, 135–36 unter Verweis auf Cass. Dio 51, 22, 1 als Ort des Athenaeum erwogen, ebenso L. Richardson Jr.,A New Topographical Dictionary of Ancient Rome, Baltimore, London 1992, 41–42 s.v. Atrium Minervae.
H. Bardon, Les empereurs et la littérature latine d’Auguste à Hadrien, Paris 1940, Kap. 12 (über Hadrian) und 15: »L’Appauvrissement des lettres latines«. Bardon ist wohl der einzige, der Hadrians griechische und römische Kultur zum Niedergang der lateinischen Literatur in Italien in Beziehung setzt. Wenn er in dem Vorbild, das Hadrian gab, und in dessen Politik den Grund für diesen Niedergang sieht, geht er darin wohl etwas weiter als die Mehrheit der modernen Forscher.
A. u. E. Bernand, Les inscriptions grecques et latines du Colosse de Memnon, Paris 1960, Nr. 29, 13–18: 28, 9–12.
Vgl. jetzt Chr. Habicht, Pausanias’ Guide to Ancient Greece, Berkeley, Calif. 1985; dt.: Pausanias und seine »Beschreibung Griechenlands«, München 1985.
Vgl. E. Bowie, »Greeks and Their Past in the Second Sophistic«, P&P 46 (1970), 2-41
und »Greek Sophists and Greek Poetry in the Second Sophistic«, in: ANRW II 33.1, Berlin 1994, 209–58 sowie B. Reardon, Les courants littéraires grecs des IIe et IIIe siècles après J.-C, Paris 1971
s. auch die Erörterungen von G.R. Stanton, »Sophists and Philosophers: Problems of Classification«, AJPh 94 (1963), 350-64 und G. Anderson, »The Second Sophistic: Some Problems of Perspective«, in: Russell, Antonine Literature, 91–110 und »The pepaideumenos in Action: Greek Sophists and Their Outlook in the Early Roman Empire«, in: ANRW II 33.1, Berlin 1994, 79–208.
Das wird von Philostrat implizit geleugnet, aber vgl. C. P. Jones, »The Reliability of Philostratus«, in: Approaches to the Second Sophistic, hg. v. G. W. Bowersock, University Park, Pa. 1974, 14 und Anm. 30. Auf ähnliche Weise leugnet Philostrat die Verbannung von Dion unter Vespasian und von Herodes unter Marcus Aurelius.
Zur Datierung (Sommer 144 statt 143) vgl. C.P. Jones, »Aelius Aristides, Eις Βασιλέα«, JRS 62 (1972), 150 Anm. 159.
Zur Einrichtung der eigenständigen Stelle ab epistulis Graecis in diesem Jahrhundert vgl. G. B. Townend, Historia 10 (1961), 375–81. Im Zusammenhang mit seiner Erörterung von Suetons Entlassung hat Syme die Ansicht vertreten, daß der Kaiser seine Hauptsekretäre auf seine Feldzüge mitnahm, weil er sie für die diplomatische Korrespondenz an seiner Seite brauchte.
P. Jal, Hg., Florus 2, Paris 1967, appendix, 131–36. Man beachte, daß das Gedicht, das der Biograph dem Florus zuweist, einen Vers kürzer ist als Hadrians Erwiderung; es hatte vor Vers 4 beinahe sicher einen weiteren Vers mit einer weiteren Provinz und ihren Unannehmlichkeiten.
Welcher Kaiser ernannte Fronto? E.J. Champlin, Fronto and Antonine Rome, Cambridge, Mass. 1980 meint, daß Fronto ein schlechtes Verhältnis zu Hadrian hatte und von ihm sogar schikaniert wurde, und vertritt die Ansicht (97 und Anm. 20), daß Fronto von Antoninus ernannt wurde, als Marcus Aurelius (geboren 121) siebzehn oder achtzehn war. Syme geht von einem neutraleren Verhältnis aus und schlägt ein früheres Datum vor, das besser zum Unterrichtsniveau, das der Prinz erreicht hatte, paßt.
A. Birley, Marcus Aurelius: A Biography, London 1987, 60 ist der Ansicht, daß Marcus im Alter von vierzehn Jahren mit der Rhetorik begonnen haben muß, sagt aber nichts zu seinem Unterricht in grammatike.
W Ameling, »Aulus Gellius in Athen«, Hermes 112 (1984), 484–90 setzt sie erst 165–67 an, als Gellius schon über vierzig war; Holford-Strevens, Aulus Gellius, 12, verwirft diese Datierung, da sie mit Gellius’ Verantworlichkeiten als paterfamilias (vgl. praef. 23) unvereinbar sei, und setzt die Jahre in Griechenland früh an, vor dem Jahr 147, auf das er Gellius’ Besuch der pythischen Spiele datiert.
W. V. Harris, Ancient Literacy, Cambridge, Mass. 1989, Kap. 7: »The Late Republic and High Empire, Literacy and Illiteracy in the Roman World«; die Zitate dort 176.
Zum Fortbestand der einheimischen Sprachen und zur Verbreitung des Lateinischen vgl. ibid. 179–81; zur hohen Dichte lateinischer Inschriften 267–68, 272 und 287. Es gibt jedoch auch weit über eintausend punische Inschriften, beinahe allesamt private Grab tituli; eine detaillierte Untersuchung zum Fortbestand einheimischer Sprachen im römischen Nordafrika findet man bei F. Miliar, »Local Cultures of the Roman Empire: Libyan, Punic and Latin in Roman Africa«, JRS 58 (1968), 126–34.
Apuleius wird als Beleg für die sprachliche und literarische Kultur in Nordafrika und Libyen von N. Fick, »Le milieu culturel africain à l’époque antonine et le témoignage d’Apulée«, BAGB (1986), 285–96 herangezogen.
Vgl. F. Millar, »The World of the Golden Ass«,JRS 71 (1981), 63–75.
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Fantham, E. (1998). Literarische Kultur im Niedergang: Die antoninischen Jahre. In: Literarisches Leben im antiken Rom. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03734-3_8
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