Zusammenfassung
Dass in Deutschland bis zum Ende des 18. Jahrhunderts der Bau von Orgeln und besaiteten Tasteninstrumenten zumeist in einer Hand lag, manifestiert sich nicht zuletzt in der zeitgenössischen Berufsbezeichnung „Orgel- und InstrumentMacher“. Der Terminus „Instrument“ wurde jahrhundertelang für das Clavichord, das „Fundament aller Clavirten Instrumenten“ gebraucht.1 Daraus leitete sich die Berufsbezeichnung für jene Handwerker ab, die im 17. und 18. Jahrhundert alle Arten besaiteter Tasteninstrumente fertigten, wobei Clavichorde naturgemäß zahlenmäßig dominierten. Diese Handwerker nannten sich Instrumentmacher in Abgrenzung zu jenen, die andere Instrumententypen herstellten.2 Erstaunlicherweise findet diese ‚Doppeltätigkeit‘ des Orgel- und Instrumentmachens erst in jüngster Zeit die gebotene Aufmerksamkeit, wobei sich aus naheliegenden Gründen das Hauptaugenmerk vornehmlich auf das Fortepiano richtet.3 Beim Kolloquium Kammermusik und Orgel im höfischen Umkreis — Das Pedalcembalo4 1997 in Köthen, der Tagung im Rahmen des Cembalomarathon vom Oktober 1999 in Michaelstein5 sowie dem Symposium Das deutsche Cembalo6 während der 24. Tage Alter Musik in Herne im November 1999 rückte erstmals die Herstellung von Kielklavieren und Clavichorden in der Werkstatt Gottfried Silbermanns und anderer Orgelbauer ins Zentrum des Interesses. Diese Konzentration auf den Tätigkeitsbereich des Instrumentmachens hat ihre Berechtigung darin, dass etwa der Cembalobau in Deutschland erhebliche Einflüsse aus dem Orgelbau erkennen lässt, und dass viele bemerkenswerte Besonderheiten deutscher Cembali leicht zu erklären sind, „wenn man bedenkt, daß es größtenteils Orgelbauer waren, die im 17. und in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts Cembali gefertigt haben.“7
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Literatur
M. Praetorius, Syntagma Musicum, Bd. II. De Organographia, Wolfenbüttel 1619, Reprint Kassel u. a. 1958, S. 61. Eine ähnliche Formulierung findet sich bereits bei Sebastian Virdung (Musica getutscht, Basel 1511, Reprint Kassel 1931, fElv).
Vergleiche hierzu beispielsweise F. Friedrich, Orgel- oder Klavierbauer? Historische und soziologische Anotationen, in: Freiberger Studien zur Orgel, Nr. 6, Altenburg 1999, S. 8–14, sowie die übrigen einschlägigen Artikel in jenem Band.
Vergleiche Das deutsche Cembalo. Bericht über das Symposium im Rahmen der 24. Tage Alter Musik in Herne 1999, hrsg. von C. Ahrens und G. Klinke, München Salzburg 2000.
Vergleiche W. Müller, Gottfried Silbermann 1683–1753. Beiträge zum Leben und Wirken des sächsischen Orgelbauers, Frauenstein 1999, S. 8–13.
Vergleiche die Liste, die Werner Müller (ebenda, S. 8–12) mitteilt. Der Ulmer Orgelbauer Georg Friedrich Schmahl (1700–1773) soll insgesamt mehr als 70 Orgeln gebaut haben, und das bei einer offenbar kleineren Anzahl von Mitarbeitern; vergleiche W. Manecke, Johannes Mayr, Zeitgenossen — Zum 300. Geburtstag der Orgelbauer Joseph Gabler (1700–1771) und Georg Friedrich Schmahl (1700–1773), in: Ars Organi 48/2000, S. 196–203, hier S. 202.
Gottfried Silbermann war zwar nicht Erfinder des Fortepianos, diese Ehre gebührt Bartolomeo Cristofori. Aber der sächsische Orgel- und Instrumentmacher löste das Hammerklavier, durch die Entwicklung der Dämpfungsaufhebung (vermutlich 1733 oder 1734), von der engen Verbindung zum Cembalo und gab ihm damit jene eigenständige Klangqualität, die es bis heute auszeichnet; vergleiche hierzu C. Ahrens, Prellmechanik und Dämpfungsaufhebung. Zu den Besonderheiten des frühen Hammerklavierbaus in Deutschland, in: Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz 1998, Berlin 1998, S. 77–97.
W. Müller, Gottfried Silbermann. Persönlichkeit und Werk, Leipzig 1982, S. 69–77, insbesondere die Tabelle S. 75; gelegentlich waren bis zu acht Mitarbeiter tätig.
W. Müller, Auf den Spuren von Gottfried Silbermann. Ein Lebensbild des berühmten Orgelbauers nach urkundlichen Quellen gezeichnet, Berlin 1968, Anm. 88, S. 434 ff.
W. Müller, Ein „Cymbal d’Amour“ für die Gattin des Hofpoeten, in: Freie Presse 11./12. 5. 1996. Ich danke der Leiterin des Gottfried-Silbermann-Museums Frauenstein, Frau Gerda Müller, für die Bereitstellung dieser und anderer kleinerer Publikationen von Werner Müller, aus denen im vorliegenden Beitrag zitiert wird.
W. Müller, Gottfried Silbermann und das „Pianoforte“, in: Kulturbote für den Musikwinkel, Klingenthal, 1977, Nr. 12, S. 247–249.
Vergleiche E. Suchalla (Hrsg.), Carl Philipp Emanuel Bach. Briefe und Dokumente. Kritische Gesamtausgabe, Göttingen 1994, Bd. 1, S. 106. Es kann sich nur um ein Instrument von Gottfried und nicht von Johann Heinrich Silbermann gehandelt haben, da letzterer zum Zeitpunkt des Kaufs erst 19 Jahre alt war. Carl Philipp Emanuel Bach verkaufte das Silbermann-Clavichord übrigens 1781 an Baron von Grotthuß.
Vergleiche hierzu C. Ahrens, … einen überaus poetischen Ton. Hammerklaviere mit Wiener Mechanik, a. a. O.; ders., Das Cembalo in Deutschland — Daten und Fakten, in: Das deutsche Cembalo, hrsg. von C. Ahrens und G. Klinke, München Salzburg 2000, S. 9–24; ders., Musikalische Nutzung und Einsatzbereiche von Cembali in Deutschland, in: Tagungsbericht Michaelstein 1999 (im Druck).
U. Dähnert, Historische Orgeln in Sachsen. Ein Orgelinventar, Leipzig 21983, S. 103.
Vergleiche U. Dähnert, Der Orgel- und Instrumentenbauer Zacharias Hildebrandt, Leipzig 1962, S. 231.
W. Müller, Die letzten Tage des berühmten Orgelbauers Gottfried Silbermann, in: Glückauf 10/1968, S. 119–122, hier S. 120.
W. Müller, Adam Gottfried Oehme — „Lehrpursche“ Silbermanns. Ein Gedenkblatt zum 200. Todestag des berühmten Orgelbauers, in: Freie Presse 24. 11. 1989, S. 3.
J. Massmann, Die Orgelbauten des Grossherzogthums Mecklenburg-Schwerin, Wismar Rostock Ludwigslust 1875, Faksimilenachdruck der Originalausgabe mit Kommentaren und Ergänzungen, hrsg. von H. J. Busch und R. Jaehn (= Documenta Organologica, Bd. 11), Kassel 1988, S. 23.
R. Skupnik, Das Orgelbauerprivileg am Hof zu Hannover, in: Orgelkunst und Orgelforschung. Gedenkschrift Rudolf Reuter, hrsg. von W. Schlepphorst, Kassel u. a. 1990, S. 211–215, hier S. 213.
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Ahrens, C. (2001). Orgel- und Instrumentmacher. In: Wagner, G. (eds) Jahrbuch des Staatlichen Instituts für Musikforschung Preußischer Kulturbesitz. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-02821-1_13
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