Zusammenfassung
Die feministische Thematisierung von Gewalt hat die Geschlechtsblindheit der meisten sozialwissenschaftlichen Gewaltdiskurse kritisiert, insbesondere der Debatte um die Jugendgewalt (Enders-Dragässer 1996). Der Vorwurf ist berechtigt oder war es zumindest bis in die jüngste Zeit. Mit der in der Frauenforschung vorherrschenden Fokussierung auf die gegen Frauen gerichtete Männergewalt ist die Geschlechtsblindheit allerdings nur zur Hälfte aufgehoben; der Blinde wird gewissermaßen zu einem Einäugigen. Eine Theorie vergeschlechtlichter Gewalt bleibt unvollständig und geschlechtlich halbiert, wenn sie nicht auch die unter Männern sich abspielende Gewalt in gleichem Maße berücksichtigt.
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Meuser, M. (2003). Gewalt als Modus von Distinktion und Vergemeinschaftung. In: Lamnek, S., Boatcă, M. (eds) Geschlecht — Gewalt — Gesellschaft. Otto-von-Freising-Tagungen der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97595-9_2
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