Zusammenfassung
Setzt man sich mit dem Konstrukt Schulerfolg auseinander, wird bald deutlich, dass die Aspekte der Prävention generell unbeleuchtet geblieben sind..Wie im 1. Kapitel gesehen, trifft dies sowohl für den wissenschaftlichen Diskurs als auch für die sozialen Repräsentationen der Rollenträger/innen im Schulfeld und für die bildungspolitischen Handlungsroutinen zu. Im Zusammenhang mit dem schulischen Lernen von (Migrations-)Kindern müssen wir sogar von der Inexistenz von Präventionsmaßnahmen in Form frühzeitig ansetzender Interventionen ausgehen.
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Literatur
Kantone in der Schweiz ermöglichen allen Kindern lediglich ein Jahr vor dem Schulein- tritt den Kindergartenbesuch. Die restlichen Kantone sehen zwei (der Kanton Tessin drei) Kindergartenjahre vor. (EDK, 1994, S. 20)
Inzwischen hat sich in vielen Diensten die Bezeichnung,Mütter-und Väterberatung` eingebürgert. Bei den Ratsuchenden stellen die Väter jedoch — trotz terminologischer Ergänzung — nach wie vor eine verschwindend kleine Minderheit dar.
Frei übernommen und adaptiert aus Leyendecker ( 1997, S. 150).
Siehe zum Beispiel die im Kanton Tessin noch in Kraft stehende,Legge per la protezione della maternità, dell’infanzia, della fanciullezza e dell`adolescenza` vom 15. Januar 1963. Art. 6 besagt: „Unter 3-jährige Kinder, die aufgrund einer Krankheit der Mutter oder infolge schwieriger familiärer Verhältnisse außerhalb ihrer Familie betreut werden müssen. werden in vom Staat gegründeten oder anerkannten Kinderkrippen oder Kinder-Tagesheimen aufgenommen, bis die Familie wieder ins Stande ist, sie selber zu betreuen, aber in der Regel nur bis zur Erfüllung des 3. Altersjahres.“ Nach Hungerbühler (1992, S. 159) wurde in den 1970er Jahren die familienergänzende Kinderbetreuung wohl ausgebaut, in den 1980er Jahren aufgrund eines kantonalen Sparprogramms jedoch wieder eingeschränkt, so dass heute noch die kantonal getragenen oder subventionierten Krippen Kindern der unteren sozioökonomischen Schichten oder Kindern aus Familien in psychosozialen Notlagen vorenthalten bleiben. Siehe dazu auch das Interview mit dem Direktor des,Asilo nido comunale di Locarno’, Kapitel 6.3.1.
Die dennoch im Laufe der Geschichte immer der Anleitung durch männliche Experten wie Ärzte (Stichwort: Hygiene), später Pädagogen (Konsequenz und Ordnung) und schließlich Psychologen (die,richtigen` Gefühle aufbringen) bedurften… ( Vgl. Nadal, 1995, S. 6 )
Wortlaut der Impulstagung der ARGEF 2001 vom 29. Mai 1999 in Bern.
Siehe Pressemappen für die Medienorientierungen vorn B. März, 29. Mai und 24. August 1999 sowie Lanfranchi (1999c).
Nach der EKF ( 1992, S. 54) sind 10,2% der Krippenbenützer Schulkinder. I Bei Richard-De Paolis et al. (1995) wird im Wesentlichen differenziert zwischen „crèches et garderies à plein temps avec repas“ und „garderies sans repas” (S. 37 ).
Es ist klar, dass solche terminologische Uneinheitlichkeiten die quantitative Überprüfung der Angebote und Bedürfnisse massiv erschweren (ich komme im nächsten Unterkapitel darauf zurück).
Ein solcher Versorgungsgrad ist im europäischen Vergleich tiefer als derjenige der EU-Länder mit den tiefsten Kinderbetreuungsangeboten für Kinder im Alter null bis drei: In Deutschland, Großbritannien und Irland erreicht die Versorgungsquote 2 bis 3%, in Frankreich und Belgien beträgt sie rund 20%, in Dänemark 48%. (Oberhuemer and Ulich, 1997, S. 23 )
Ein Vergleich zur Situation in Deutschland: Nach Schätzungen einer Expertenkommission beim Bundesministerium für Frauen und Jugend (vgl. Deutscher Bundestag, 1992, zit. in Tietze, 1998, S. 14), die von einer notwendigen Versorgungsquote im Krippen-und Hortbereich von 20% bzw. 30% ausgeht, müssten für die Altersgruppe der unter Dreijährigen 350`000 neue Plätze in Krippen und 390`000 in Horten geschaffen werden. Eine erhebliche Ausweitung der Angebote sei nach Auffassung dieser Kommission auch im Kindergartenbereich erforderlich: Geht Iran aufgrund des Rechtsanspruchs auf einen Kindergartenplatz gemäß Kinder-und Jugendhilfegesetz von 1995 von einer Versorgungsquote von 95% aus, fehlen in den westlichen Bundesländern nicht weniger als 600`000 Plätze!
In der Studie werden keine Stichprobenangaben zum Alter der Kinder gemacht. Es ist anzunehmen, dass die Kinder, die während der Arbeitstätigkeit der Mutter alleine zu Hause sind (9%!), vorwiegend Schulkinder sind.
lm Text (siehe Allemann-Ghionda and Meyer Sabino, 1992, S. 195) wird weiter spezifiziert, dass von den Kindern, die ihre Mutter während ihrer Erwerbstätigkeit begleiten (müssen), 5% Vorschulkinder sind. 9% sind also Schulkinder. Nicht näher definiert wird die Art der mütterlichen Berufstätigkeit, die ein solches Vorgehen ermöglicht. Es ist anzunehmen, dass es sich insbesondere uni Reinigungstätigkeiten in Büros oder Privathäusern, evtl. um Tätigkeiten in Restaurantküchen handelt.
Die 15 erfassten türkischen Mütter haben ein, drei und fünf Jahre nach der Geburt des ersten Kindes überhaupt keine Babysitter-oder Kindehütedienste in Anspruch genommen; Krippen wurden bei den Kleinsten ebenfalls nicht, bei den Kindern drei Jahre nach der Geburt im Ausmaß von 13% und zwei Jahre danach von 7% in Anspruch genommen. Tagesmütter kamen nur bei den größeren Kindern zu einem Anteil von 7% zum Einsatz. ( Vgl. Günes and Schenk, 1998, S. 176 )
Inzwischen hat das Sozialdepartement der Stadt Zürich mittels einer innovativ angelegten Studie den volkswirtschaftlichen Nutzen von privaten und städtischen Krippen sowie Chindsgis (private Tageskindergärten) erhoben. (Müller Kucera and Bauer, 2001) 1999 wurden in 102 Einrichtungen rund 3500 Kinder in insgesamt 2200 Tagesplätzen betreut. Die Kosten-Nutzen-Kalkulation hat nach verschiedenen Analyseschritten ergeben, dass pro Franken, der in Kindertagesstätten investiert wird, gesamthaft wieder drei bis vier Franken an die Gesellschaft zurückfließen.
Eine qualitativ fragwürdige Lösung aus Not ist etwa die Unterbringung von deutsch-, spanisch-oder türkischsprachigen Kindern bei einer italienischen Tagesmutter in Zürich, die in einer 2-Zimmer-Wohnung ein Dutzend Kinder betreut oder, besser gesagt, so gut es geht beaufsichtigt. Als Schulpsycholge in der Stadt Zürich habe ich (A.L.) zu Beginn der 1990er Jahre festgestellt, dass die Anzahl von Kinderhütediensten mit hohen Stundenansätzen und ohne Vorannmeldung bei nicht ausgebildetem Personal stark zugenommen hat. Es ist anzunehmen, dass ein großer Teil der familienextern betreuten Kinder sich in der Grauzone der informellen, nicht gemeldeten Familienpflege befindet. Wie viele solcher Betreuungsarrangements es gibt und wie stabil und qualitativ adäquat bzw. wie instabil und problematisch sie sind, ist per definitionem nicht eruierbar.
Erfasst werden folgende Variablen: Ausmaß der Betreuung (Anzahl Stunden pro Woche), Stabilität (Häufigkeit des Wechsels) des Betreuungsplatzes, Art der Betreuung, Zahlenverhältnis Betreuerin — Kinder, Gruppengröße, Ausbildung des Personals, Berufserfahrung, Einstellung der Betreuerinnen (wie Kinder erzogen werden sollen sowie berufliche Einstellung), physisches Umfeld (sauber, sicher, kinderfreundlich, Materialienvielfalt usw.). Die Beobachtungen beinhalten Verhaltensfrequenzen sowie qualitative Skalen.
Dabei stütze ich mich — nebst den publizierten Fachartikeln — auf das unveröffentlichte Referatsmanuskript von Andrea Karsh, University of California (Irvine) mit dem Titel,Familienergänzende Kinderbetreuung: Schaden oder Chance für das Kind?’, präsentiert im Juni 1999 in Locarno anlässlich der Jahresversammlung der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie. Ich bedanke mich bei Andrea Kash — eine von der Schweiz in die USA ausgewanderte Kollegin und heute Forschungsmitarbeiterin von Alison Clarke-Stewart, einer international anerkannten Entwicklungspsychologin — für die rege E-Mail-Korrespondenz und die Informationen,aus direkter Quelle’.
Die,American Public Health Association und die American Academy of Pediatrics’ empfehlen in ihren,Standards for Out-of-Home Child Care Programs’ von 1992 einen Betreuerin-Kind-Schlüssel von 1:3 bei Kindern bis 15 Monaten, von 1:4 bis 24 Monaten und von 1:7 bis 36 Monaten. Die empfohlenen Gruppengrößen mit zwei Betreuerinnen umfassen demnach sechs Kinder bis zum Alter von 15 Monaten, acht bis zum Alter von 24 Monaten und maximal 14 bis zum Alter von 36 Monaten. Darüber hinaus wurden für alle drei AItersgruppen Empfehlungen für die Aus-und Weiterbildung des Personals erlassen: erwünscht ist eine postobligatorische Berufsbildung mit Zertifikat in Entwicklungspsychologie und Frühkinderziehung.
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Lanfranchi, A. (2002). Vorschulische Situation und familienergänzende Kinderbetreuung. In: Schulerfolg von Migrationskindern. Reihe Schule und Gesellschaft, vol 28. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97562-1_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-97562-1_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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