Zusammenfassung
Der Begriff des Wandels hat eine in manchen Hinsichten nützliche Unschärfe. Es ist heute wohl allgemein akzeptiert, dass Wandel nicht als Rückkehr zu einem (alten oder neuen) Gleichgewicht begriffen werden kann. Aber damit bleibt noch offen, ob der Wandel absichtlich herbeigeführt wird oder ob er einfach nur geschieht. Offen bleibt auch, ob er, wenn mit Absicht herbeigeführt, den Absichten (mehr oder weniger) entspricht oder nicht; und ob er, wenn nicht geplant, schon vor seinem Eintreten, während des Geschehens oder erst nachher bemerkt wird. Eine breit angelegte Forschung über Transformationen in Organisationen hat, noch unter dem Eindruck der Unterscheidung von formaler und informaler Organisation, zu der Einsicht geführt, dass eine Transformation gelingt, wenn es ihr gelingt, den Widerstand gegen Änderungen zu überwinden und Akzeptanz zu erreichen.1 Damit ist jedoch nicht viel mehr erreicht als die Überführung einer Paradoxie in eine Tautologie. Das Transformationsparadox (die Organisation ist in verschiedenen Zuständen dieselbe) wird als Tautologie reformuliert: es gelingt, wenn es gelingt. Sinnvoll ist eine solche Reformulierung nur, wenn sie Zugang zu Bedingungen der Akzeptanz erschließt, also Konditionierungen vorschlägt und verifiziert.
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Literatur
Über die Herkunft dieses Ansatzes aus der human relations Bewegung und den Forschungen über „Gruppendynamik“ gibt Literatur Aufschluss, die unter dem Titel „Organisationsentwicklung“ publiziert wird. Siehe für viele Burkhard Sievers (Hrsg.), Organisationsentwicklung als Problem, Stuttgart 1977. Weitere Literatur Kap. 1, Anm. 39.
So z.B. John R. Kimberly, Reframing the Problem of Organizational Change, in: Robert E. Quinn/Kim S. Cameron (Hrsg.), Paradox and Transformation: Toward a Theory of Change in Organization and Management, Cambridge Mass. 1988, S. 163–168.
Siehe auch die Definition von Andrew H. Van de Ven/Marshall Scott Poole, Paradoxical Requirements for a Theory of Organizational Change, in: Robert E. Quinn/Kim S. Cameron (Hrsg.), Paradox and Transformation: Toward a Theory of Change in Organization and Management, Cambridge Mass. 1988, S. 19–63 (36): „Organizational change is an empirical observation of differences in time of a social system.“
Dabei wird typisch nach den Vorschriften der soziologischen Methodologie vorgegangen und die Häufigkeit des strukturellen Wandels als Variable begriffen und mit anderen Variablen korreliert. Siehe z.B. George P. Huber/Kathleen M. Sutcliffe/C. Chet Miller/William H. Glick, Understanding and Predicting Organizational Change, in: George P. Huber/William H. Glick (Hrsg.), Organizational Change and Redesign: Ideas and Insights for Improving Performance, Oxford 1993, S. 214–265.
Dazu kritisch Vicki E. Baier/James G. March/Harald Saetren, Implementation and Ambiguity, Scandinavian Journal of Management Studies 2 (1986), S. 197–212.
So vor allem Henry Mintzberg, The Nature of Managerial Work, New York 1973. Keine Zeit für „general planning“ — a.a.O. S. 37.
Speziell hierzu Michael D. Cohen/James G. March/Johan P. Olsen, A Garbage Can Model of Organizational Choice, Administrative Science Quarterly 17 (1972), S. 1–25.
Vgl. besonders Andrew H. van de Ven, Managing the Process of Organizational Innovation, in: Huber/Glick a.a.O. S. 269–294.
So in: L’Entreprise à l’écoute: Apprendre le management post-industriel, Paris 1989.
Anscheinend vor allem in Deutschland. Siehe den auf bessere Ausnutzung von an sich vorhandener (?) Motivation abzielenden Artikel von Rüdiger Soltwedel, Im Dialog zum besseren Betriebsergebnis. Paradigmenwechsel in der Unternehmensführung: Die Mitarbeiter stärker in die Verantwortung nehmen, Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 72 vom 25. März 1995, S. 13. Gerade dieser Artikel belegt, wie wichtig es für Reformer ist, zu vergessen, dass man Derartiges schon oft versucht hat.
Man kann dies mit der Rhetorik von Sprichworten vergleichen. Siehe Herbert A. Simon, The Proverbs of Administration, Public Administration Review 6 (1946), S. 53–67.
Zu diesem Werteparadox auch Karl E. Weick, Technology as Equivoque: Sensemaking in New Technologies, in: Paul S. Goodman/Lee S. Sproull et al., Technology and Organizations, San Francisco 1990, S. 1–44 (39), für den Fall technologischer Innovationen.
Siehe Gregory Bateson, Ökologie des Geistes: Anthropologische, psychologische, biologische und epistemologische Perspektiven, dt. Übers. Frankfurt 1981, S. 156 ff. u.ö. Zur Anwendung auf Strukturänderungen in Organisationen vgl.
auch Robert E. Quinn, Beyond Rational Management: Mastering the Paradoxes and Competing Demands of High Performance, San Francisco 1989, S. 26 ff., 58 ff.
„By far the largest number of efforts fail“, liest man bei Charles Heckscher/Russell A. Eisenstat/Thomas A. Rice, Transformational Processes, in: Charles Heck-Scher/Anne Donnellon (Hrsg.), The Post-Bureaucratic Organization: New Perspectives on Organizational Change, Thousand Oaks Cal. 1994, S. 129–177 (132), bezogen auf Entbürokratisierungsbemühungen, und die wenigen Erfolge „have generally worked by splitting off into a new ‘greenfield’ organization rather than by transforming from within.“
So Arthur L. Stinchcombe, Social Structure and Organizations, in: James G. March (Hrsg.), Handbook of Organizations, Chicago 1965, S. 142–193.
„... to create or to utilize previously unrecognized empty social spaces“, liest man bei Philip G. Herbst, Alternatives to Hierarchies, Leiden 1976, S. 48. Die weiteren Ausführungen machen dann aber deutlich, dass nur formal unregulierte Bereiche gemeint sind. Man kann sich deshalb fragen, ob es in der Gesamtheit sozialer Erwartungsstrukturen solche Leerräume überhaupt gibt und ob nicht gerade Reformabsichten darauf aufmerksam machen, dass der Raum, in den sie hineinstoßen, schon besetzt war.
So Nicole Woolsey Biggart, The Creative-Destructive Process of Organizational Change: The Case of the Post Office, Administrative Science Quarterly 22 (1977), S. 410–426.
Siehe dazu G. Brennan/J.M. Buchannan, The Reason of Rules, Cambridge Engl. 1985.
Siehe für ein Beispiel aus dem Bereich von gutwilligen, hilfreichen Organisationen Michael Patak/Ruth Simsa, Paradoxien in Nonprofit-Organisationen, Managerie 2 (1993), S. 242–249.
Siehe Christopher Alexander, Notes on the Synthesis of Form, Cambridge Mass. 1964. „Misfits“ ist dabei ein undefinierbarer Begriff (S. 101).
Zu dieser Diskrepanz zwischen Intellektuellen, professionellen Reformern und denen, für die sie sich einsetzen, vgl. Geert Hofstede, Humanization of Work: A Matter of Values (1979),
zit. nach Geert Hofstede, Uncommon Sense About Organizations: Cases, Studies, and Field Observations, Thousand Oaks Cal. 1994, S. 37–50.
Ferner G. Hespe/T. Wall, The Demand for Participation Among Employees, Human Relations 29 (1976), S. 411–428; sowie Crozier a.a.O. (1989).
Siehe Giovan Francesco Lanzara, Capacità negativa: Competenza progettuale e modelli di intervento nelle organizzazioni, Bologna 1993.
So G.L.S. Shackle, Imagination and the Nature of Choice, Edinburgh 1979, S. 74, 140.
A.a.O. S. 142. Ein ähnliches Urteil findet man bei Lanzara a.a.O., insb. S. 138 f. Statt zur Realisierung von vorgefassten Plänen kommt es zu einem ständigen Modifizieren von Situationen, die sich aus eigenem Handeln ergeben hatten. Reformen belasten das System daher mit gewissen Konsistenzverpflichtungen in neuen Situationen unter unerwarteten Umständen.
So Herbst a.a.O. S. 57 ff. im Anschluss an E. Thorsrud, Policy Making as a Learning Process, in: A.B. Cherns et al. (Hrsg.), Social Science and Government Policies and Problems, London 1972. Die Konzession an die Realität, „lernen“ zu müssen, ist aber noch ganz auf die Ideen und Mentalitäten der Reformer bezogen. Es besagt gerade nicht, dass man den Widerstand als wohlbegründet akzeptiert.
Siehe am Beispiel amerikanischer Stadtverwaltungsreformen Pamela S. Tolbert/Lynne G. Zucker, Institutional Sources of Change in the Formal Structure of Organizations: The Diffusion of Civil Service Reform 1880–1935, Administrative Science Quarterly 28 (1983), S. 22–39. Dabei unterschieden sich Reformen, die durch einzelstaatliche Gesetze gefordert waren, von Reformen, die durch Problemlagen in den Städten angeregt waren, und von solchen, in denen Nachzügler einer nicht mehr problematischen Reformbewegung folgten. Ähnliches kann man in den italienischen Städten des Mittelalters beobachten, wo es um die Lösung von Streitigkeiten der Adelsfamilien durch Einsetzung eines city managers ging.
Siehe hierzu Giancarlo Corsi, Reform als Syndrom: Organisatorischer Wandel im deutschen Erziehungswesen 1965–1975, Diss. Bielefeld 1995, Ms. S. 83.
Das belegen nicht zuletzt Untersuchungen in Organisationen der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand. Siehe Nils Brunsson/Johan P. Olsen, The Reforming Organization, London 1993.
Ähnlich auch die Ergebnisse von Terry L. Amburgey/Dawn Kelly/William P. Barnett, Resetting the Clock: The Dynamics of Organizational Change and Failure, Administrative Science Quarterly 38 (1993), S. 51–73, die zeigen, dass Organisationsänderungen entweder das Risiko des Scheiterns mit sich führen oder weitere Änderungen auslösen. Vgl. ferner Lanzara a.a.O. (1993), insb. S. 103 ff.
So Brunsson/Olsen a.a.O. S. 41 f.
Zur Abhängigkeit von Reformerfolgen/Misserfolgen von der Organisationsgeschichte, insbesondere dem Alter der Organisation und etwaigen vorausgehenden Änderungen vgl. auch Amburgey et al. a.a.O. (1993).
Vgl. Heinz von Foerster, Principles of Self-Organization — In a Socio-Managerial Context, in: Hans Ulrich/Gilbert J.B. Probst (Hrsg.), Self-Organization and Management of Social Systems: Insights, Promises, Doubts, and Questions, Berlin 1984, S. 2–24.
Siehe etwa Rainer Frericks/Peter Hauptmanns/Josef Schmid, Die Funktion von Managementstrategien und -entscheidungen bei der Modernisierung des Produktionsapparats, Zeitschrift für Soziologie 22 (1993), S. 339–415. Dann findet man allerdings, wiederum auf der Management-Ebene, eine Präferenz für relativ einfach kalkulierbare Reformen. Oder man definiert das Problem so, dass schon bekannte und bewährte, zum Beispiel anderswo ausprobierte Lösungen auf das Problem passen.
Van de Ven a.a.O. (1993), S. 282.
Gerald E. Caiden, Administrative Reform Comes of Age, Berlin 1991, S. 42.
Siehe Gilles Deleuze, Logique du sens, Paris 1969, insb. S. 9 ff.
Wir korrigieren leicht. Bei Deleuze geht es um Größerwerden/Kleinerwerden, was man direkt auf Reformen anwenden könnte, die (wie wohl alle) eine Zunahme bestimmter Werte erreichen wollen.
Vgl. Niklas Luhmann/Karl Eberhard Schorr, Strukturelle Bedingungen von Reformpädagogik: Soziologische Analysen zur Pädagogik der Moderne, Zeitschrift für Pädagogik 14 (1988), S. 463–488.
Vgl. auch Ladislav Cerych/Paul Sabatier, Great Expectations and Mixed Performance: The Implementation of Higher Education Reforms in Europe, Stoke-on-Trent, England, 1986.
Siehe den Bericht der Studienkommission für die Reform des öffentlichen Dienstrechts, Baden-Baden 1973. Vgl. auch Niklas Luhmann, Reform des öffentlichen Dienstes: Ein Beispiel für Schwierigkeiten der Verwaltungsreform. Vorträge der Hessischen Hochschulwoche Bd. 76, Bad Homburg 1974, S. 23–39; neu gedruckt in: Andreas Remer (Hrsg.), Verwaltungsführung, Berlin 1982, S. 319–339.
Über die Gründe kann man nur Mutmaßungen anstellen. Einer der Gesichtspunkte könnte gewesen sein, dass zu viel in die EntScheidungsprozesse eingebaute Rationalität die in den Personalentscheidungen steckende Macht der Minister geschwächt hätte.
Dazu oben Kap. 7, Abschn. VI.
Vgl. Danny Miller/Peter H. Friesen, Innovation in Conservative and Entrepreneurial Firms: Two Models of Strategic Momentum, Strategic Management Journal 3 (1982), S. 1–15;
Michael T. Hannan/John H. Freeman, Structural Inertia and Organizational Change, American Sociological Review 49 (1984), S. 149–164;
Danny Miller/Ming-Jer Chen, Sources and Consequences of Competitive Inertia: A Study of the US Airline Industry, Administrative Science Quarterly 39 (1994), S. 1–23.
Siehe Odo Marquard, Kompensation — Überlegungen zu einer Verlaufsfigur geschichtlicher Prozesse, zitiert nach dem Abdruck in: Odo Marquard, Aesthetica und Anaesthetica: Philosophische Überlegungen, Paderborn 1989, Anm. 11 (S. 150 f.).
Für eine typische Fallstudie (eine Erfolgsgeschichte trotz Widerstand) siehe Cro-zier a.a.O. (1989), S. 133 ff.
Siehe dazu Kim S. Cameron/Sarah J. Freeman/Aneil K. Mishra, Downsizing and Redesigning Organizations, in: Huber/Glick a.a.O. (1993), S. 19–65.
Dazu Matthew Hale, A History of the Common Law (1713), Neuausgabe 3. Aufl. Chicago 1971.
Helmstedt 1643, dt. Übers. Frankfurt 1994.
Siehe am Beispiel von Organisationen des Erziehungssystems Karl E. Weick, Educational Organizations als Loosely Coupled Systems, Administrative Science Quarterly 21 (1976), S. 1–19.
Immerhin gibt es auch Einzelbeispiele, die selbst darüber hinausgehen. So sieht Robert A. Burgelman, Strategy-Making and Organizational Ecology: A Conceptual Integration, in: Jitendra V. Singh (Hrsg.), Organizational Evolution: New Directions, Newbury Park Cal. 1990, S. 165–181, sogar das „strategic managment“ einer Organisation als Gegenstand einer organisationsinternen („ökologischen“) Evolution.
So Richard R. Nelson/Sidney G. Winter, An Evolutionary Theory of Economic Change, Cambridge Mass. 1982;
Michael T. Hannan/John Freeman, Organizational Ecology, Cambridge Mass. 1989; Singh a.a.O., S. 21–142;
Joel Baum/Jitendra Singh (Hrsg.), Evolutionary Dynamics of Organizations, New York 1994, sowie umfangreiche, als Zeitschriftenaufsätze publizierte Forschungen.
Innerhalb der Wirtschaftswissenschaften leben Evolutionstheorien von einer Polemik gegen neoklassische, auf die Rationalität von Gleichgewichten setzende Theorien. Siehe z.B. Richard W. England (Hrsg.), Evolutionary Concepts in Contemporary Economics, Ann Arbor 1994.
Zu sehr, wie Biologen heute überzeugt sind. Siehe Jean-Baptiste Pierre Antoine de Monet de Lamarck, Philosophie zoologique, Paris 1809, Nachdruck Weinheim 1960. Zu Irritabilität als allgemeinster Eigenschaft aller Organismen insb. Bd. 1, S. 82 ff. Zur Wiederaufnahme der Diskussion lamarckistischer Themen in der Systemtheorie siehe das Heft 5 (1993) der Revue internationale de systémique.
Vgl. Richard M. Cyert/James G. March, A Behavioral Theory of the Firm, Englewood Cliffs N.J. 1963, z.B. S. 36 ff. u.ö., 2. Aufl. Cambridge Mass. 1992, S. 41 ff.;
Curtis L. Mann/James C. March, Financial Adversity, Internal Competition, and Curriculum Change in a University, Administrative Science Quarterly 23 (1978), S. 541–552.
Vgl. Louis R. Pondy/Richard J. Boland, Jr./Howard Thomas (Hrsg.), Managing Amiguity and Change, Chichester 1988.
Siehe Karl E. Weick, Re-punctuating the Problem of Organizational Effectiveness in: Paul S. Goodman/Johannes M. Pennings (Hrsg.), New Perspectives on Organizational Effectiveness, San Francisco 1977, S. 193–225.
So Thomas Dietz/Tom R. Burns/Frederick H. Buttel, Evolutionary Theory in Sociology: An Examination of Current Thinking, Sociological Forum 5 (1990), S. 155–171 (164).
Vgl. auch Tom R. Burns/Thomas Dietz, Cultural Evolution: Social Rule Systems, Selection and Human Agency, International Sociology 7 (1992), S. 259–283 (263 ff.).
So Hannan/Freeman a.a.O. (1989), S. 66 ff. Siehe auch dies., Structural Inertia and Organizational Change, American Sociological Review 49 (1984), S. 149–164; dies., The Population Ecology of Organizations, American Journal of Sociology 82 (1977), S. 929–964. Vgl. ferner W. Graham Astley/Andrew Van de Ven, Central Perspectives and Debates in Organization Theory, Administrative Science Quarterly 28 (1983), S. 245–273;
Lawrence G. Hrebiniak/William F. Joyce, Organizational Adaptation: Strategic Choice and Environmental Determinism, Administrative Science Quarterly 30 (1985), S. 336–349;
Jitendra V. Singh/Robert J. House/David J. Tucker, Organizational Change and Organizational Mortality, Administrative Science Quarterly 31 (1986), S. 587–611;
Jacques Delacroix/Anand Swaminthan, Cosmetic, Speculative and Adaptive Organizational Change in the Wine Industry: A Longitudinal Study, Administrative Science Quarterly 36 (1991), S. 631–661. Weitere Literatur findet man unter dem Stichwort „inertia“ (Siehe oben Anm. 41). Etwas anderes, nämlich gute Chancen für geplante Änderungen, mag gelten, wenn der Anstoß eindeutig in drastischen Veränderungen der Umwelt liegt, denn dann geht es nicht um Reformen, sondern um Erhaltung, wenn nicht Überleben. Diese Bedingungen scheinen für viele Wirtschaftsunternehmen angesichts der Veränderungen der Wirtschaft (Globalisierung, verschärfte Konkurrenz) in den 90er Jahren dieses Jahrhunderts gegeben zu sein.
Für einen solchen Fall siehe Heather A. Haverman, Between a Rock and a Hard Place: Organizational Change under Conditions of Fundamental Environmental Transformation, Administrative Science Quarterly 37 (1992), S. 48–75.
Vgl. allgemein Luca Cavalli-Sforza/Marcus Feldman, Cultural Transmission and Evolution, Princeton 1981;
Robert Boyd/Peter J. Richerson, Culture and the Evolutionary Process, Chicago 1985, und speziell für organisatorische „Routinen“ Nelson/Winter a.a.O. (1982) oder Sidney
G. Winter, Survival, Seletion, and Inheritance in Evolutionary Theories of Organization, in Singh a.a.O. (1990), S. 269–297.
Vgl. auch J. Richard Harrison/Glen E. Carroll, Keeping the Faith: A Model of Cultural Transmission in Formal Organizations, Administrative Science Quarterly 36 (1991), S. 552–582.
Im Anschluss an Donald T. Campbell, Variation and Selective Retention in So-cio-Cultural Evolution, General Systems 14 (1969), S. 69–85 wird oft von „blind“ variation gesprochen.
Donald T. Campbell, Unjustified Variation and Selective Retention in Scientific Discovery, in: Francisco Ayala/Theodosius Dobzhansky (Hrsg.), Studies in the Philosophy of Biology, New York 1974, S. 139–161, korrigiert sich später durch „unjustified“ variation. Beides bleibt ungenau. Denn die Variation kann durchaus beobachtet werden und als Einzelereignis verständlich und akzeptabel sein. Auch kann man mit Weick a.a.O. (1977) betonen, dass die Variation selbst stabil genug sein muss, um auf Selektion warten zu können. Beschreibungen wie „blind“ oder „unjustified“ müssen nicht auf Variation bezogen werden, sondern auf die fehlende Koordination (oder den Zufall des Ineinandergreifens) der einzelnen evolutionären Funktionen.
Eine andere Version dieser Zufallsabhängigkeit des Durchgriffs von Variation und Selektion auf Stabilisierungserfolge findet man in Aussagen, die betonen, dass Firmen bei ihren Entscheidungen, die mit Erfolgen belohnt werden, Glück gehabt haben. Siehe Daniel A. Levinthal, Organizational Adaptation, Environmental Selection, and Random Walks, in: Singh a.a.O. (1990), S. 201–223 (212).
Siehe für den Fall des Gesellschaftssystems auch Niklas Luhmann, Die Gesellschaft der Gesellschaft, Frankfurt am Main 1997, S. 451 ff.
Siehe hierzu James G. March, Footnotes to Organizational Change, Administrative Science Quarterly 26 (1981), S. 563–577;
Daniel A. Levinthal, Organizational Adaptation and Environmental Selection: Interrelated Processes of Change, Organization Science 2 (1991), S. 140–145.
Siehe Hannan/Freeman a.a.O. (1989), S. 21 ff.
Als Beispiel für abrupte Umweltänderungen werden radikale Neuerungen im Bereich wirtschaftlich nutzbarer Technologie genannt. Siehe Michael L. Tushman/Philip Anderson, Technological Discontinuities and Organizational Environments, Administrative Science Quarterly 31 (1986), S. 439–465; ]
Philip Anderson/Michael L. Tushman, Technological Discontinuities and Dominant Designs: A Cyclical Modell of Technological Change, Administrative Science Quarterly 35 (1990), S. 604–633. Mit gleichem Recht könnte man an tief greifende politische Umbrüche denken, an Globalisierung der Märkte, an gewandelte Ansprüche der Kunden oder an das Auftauchen von technisch konkurrenzfähigen Billiglohnländern.
Dazu Bill McKelvey/Howard Aldrich, Populations, Natural Selection, and Applied Science, Administrative Science Quarterly 28 (1983), S. 101–128.
Vgl. E.D. Cope, The Primary Factors of Organic Evolution, Chicago 1896, S. 172 ff.;
Elman R. Service, The Law of Evolutionary Potential, in: Marshall D. Sahlins/Elman R. Service (Hrsg.), Evolution and Culture, Ann Arbor Mich. 1960, S. 93 ff. Heute ist wohl unbestritten, dass „Cope’s rule“ nicht ohne Einschränkung gilt. Es gibt auch evolutionäre Spezifikationen, die dem Aufbau höherer Komplexität dienen.
Siehe z.B. G. Ledyard Stebbins, The Basis of Progressive Evolution, Chapel Hill N.C. 1969, insb. S. 120 ff. Aber hier handelt es sich um sehr seltene evolutionäre Erfindungen, während die normale Evolution mit Aufbau und Destruktion von Systemen arbeitet. Der Systemtypus Organisation selbst dürfte mit seinem Potenzial für Komplexität eine solche evolutionäre Erfindung sein. Dabei geht es aber eher um die Emergenz einer neuen Form für Autopoiesis und nicht um das normale Lernen/Verlernen von Strukturen in Organisationen, das im vorliegenden Zusammenhang interessiert.
Siehe z.B. Weick a.a.O. (1977), S. 199 ff.
Siehe z.B. Miller/Friesen a.a.O. (1994).
Vgl. Karl E. Weick, Organizational Redesign as Improvisation, in: George P. Huber/William H. Glick (Hrsg.), Organizational Change and Redesign: Ideas and Insights for Improving Performance, Oxford 1993, S. 346–379.
Weick a.a.O. (1977), S. 207 ff. nennt das etwas drastisch „hypocrisy“. In der Praxis wird jedoch der Fall häufig sein, dass kaum festzustellen ist, ob die Kommunikation sich selbst oder andere täuscht.
Siehe Yves Barel, La paradoxe et le système: Essai sur le fantastique social, 2. Aufl. Grenoble 1989, S. 71 f.
Barel a.a.O. S. 282.
So Alan D. Meyer et al., Organizations Reacting to Hyperturbulence, in: George P. Huber/William H. Glick (Hrsg.), Organizational Change and Redesign: Ideas and Insights for Improving Performance, Oxford 1993, S. 66–111.
Siehe oben S. 344.
So Karl E. Weick, Organizational Redesign as Improvisation, in: Huber/Glick a.a.O. S. 346–379 (369 f.).
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Luhmann, N. (2000). Struktureller Wandel: Die Poesie der Reformen und die Realität der Evolution. In: Organisation und Entscheidung. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-97093-0_11
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