Partizipation im Unterricht — Zur Differenz von Erfahrung und Ideal partizipativer Verhältnisse im Unterricht und deren Verarbeitung

Zusammenfassung

Schule ist nicht nur ein von der Regierung auf parlamentarischdemokratischem Wege vorgegebenes Regelwerk, sondern sie wird vor Ort von — im Idealfall — allen Schulbeteiligten konkret gestaltet (vgl. Aurin 1994). Schule ist in diesem Sinne als gemeinsamer Raum der Mitbestimmung von Schulleitung, Lehrern, Eltern und vor allem Schülern zu verstehen. Mitbestimmung gilt als eine Antwort auf die anthropologische Grundannahme der Selbstbestimmungsmöglichkeit und -fähigkeit des Menschen sowie auf seinen Anspruch, darin gefördert zu werden. Der Bildungsentwurf der Bildungskommission Nordrhein-Westfalen „Zukunft der Bildung — Schule der Zukunft“ (1995) entspricht diesem Gedanken, wenn vehement gefordert wird, dass Selbstgestaltung und Verantwortung von Schülern besonders betont werden müssen. Aus derartigen Reformbestrebungen geht ein Verständnis von Schule aus, das den Schüler nicht mehr als Objekt des Erziehungsprozesses ansieht, sondern es sich zum Anliegen macht, ihn mit zunehmendem Alter in die schulische Verantwortung einzubinden (vgl. Keuffer 1996). Schülern soll im Rahmen der schulischen Möglichkeiten die Chance gegeben werden, sich durch Mitbestimmung in die selbstverantwortliche Subjektrolle einzuüben. In der Fassung des Schulgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt vom 9. September 1996 steht dazu in der Ausformulierung des Erziehungs- und Bildungsauftrages der Schule: „die Schüler sollen auf die Wahrnehmung von Verantwortung vorbereitet, zu individueller Entscheidungskompetenz befähigt, zu Selbstbestimmung erzogen und zur freien Entfaltung ihrer Persönlichkeit angehalten werden“ (§ 1).