Zusammenfassung
Eine empirische Untersuchung zur sozialen Bildungsungleichheit und deren Wandel ist auf Forschungshypothesen angewiesen, die die statistische Modellspezifikation und die Interpretation der Analyseergebnisse strukturieren. Die theoretischen Ansätze (vgl. Kapitel 4) dienen — unter Berücksichtigung der gesellschaftlich-institutionellen Rahmenbedingungen in Frankreich (vgl. Kapitel 3) — als ein wichtiger Leitfaden für die Ausarbeitung der Forschungshypothesen. Theoretisch ist in erster Linie die Bedeutung sozioökonomischer und kultureller Herkunftsbedingungen herausgestellt worden. Die theoretischen Ansätze unterscheiden sich dabei aber maßgeblich in der Spezifikation der Mechanismen, von denen angenommen wird, daß sie die herkunftsbedingten Ungleichheiten in Bildungsungleichheiten umsetzen. Für die beabsichtigten empirischen Analysen auf der Makroebene kann es jedoch nur indirekt von Bedeutung sein, ob soziale Ungleichheiten im Bildungserwerb reproduktions- oder handlungstheoretisch beispielsweise erklärt werden. Die vorliegende Untersuchung beansprucht keine exakte Modellierung verschiedener theoretischer Ansätze. Im folgenden wird davon ausgegangen, daß sozialen Ungleichheiten im Bildungserwerb im wesentlichen rationale Entscheidungen individueller Bildungsakteure zugrundeliegen, das „sozialselektive“ Agieren der im Bildungswesen beschäftigten Akteure seinerseits aber keineswegs unerheblich ist. Der Fokus der Forschungshypothesen liegt auf folgenden Fragen, die die empirische Untersuchung leiten sollen:
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1.
Wie wirken verschiedene Dimensionen der sozialen Herkunft auf die Bildungsentscheidungen ein? (Kapitel 5.1)
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2.
Wann bzw. wie kommen Effekte der sozialen Herkunft im Verlauf der Bildungskarriere zur Geltung? (Kapitel 5.2)
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3.
Wie haben sich soziale Bildungsungleichheiten im Verlauf des 20. Jahrhunderts im Zuge der ökonomischen, sozialen und institutionellen Veränderungen entwickelt? (Kapitel 5.3)
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Referenzen
Diese Annahme gilt für die Frauen allerdings nur eingeschränkt (siehe Abschnitt 5.3).
Die Verwertbarkeit beruflicher Ausbildung im Beschäftigungssystem ist ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis sozialer Ungleichheiten im weiterführenden Bildungswesen. Je eher berufliche Qualifikation einen institutionell verfestigten Zugang zum Arbeitsmarkt und zu bestimmten Berufen sichert, um so eher ist davon auszugehen, daß vor allem Kinder aus einfachen Herkunftsklassen für eine berufliche Ausbildung und nicht für eine Fortsetzung der Ausbildung im weiterführenden Schulwesen votieren. Die institutionalisierte Verknüpfung zwischen beruflichem Ausbildungswesen und Beschäftigungssystem kommt zum einen der ausgeprägteren Risikoaversion der einfachen Sozialschichten entgegen. Zum anderen bietet der enge Nexus zwischen Ausbildung und beruflicher Tätigkeit ihnen einen unmittelbaren und klar vorstrukturierten Weg zur Verwirklichung beruflich-sozialer Aspirationen im manuellen und einfachen Dienstleistungssegment.
Auch Bourdieu und Passeron (Bourdieu (1966); Bourdieu und Passeron (1964)) vertreten die Ansicht, daß familiär tradierte kulturelle Kompetenzen eher für den Schulerfolg in Philosophie und Literatur als in Mathematik entscheidend sind.
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© 1998 Leske + Budrich, Opladen
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Brauns, H. (1998). Dimensionen sozialer Ungleichheit und deren Wandel im französischen Bildungswesen: Formulierung von Hypothesen für die empirische Analyse. In: Bildung in Frankreich. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-322-92282-3_5
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-92282-3_5
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften
Print ISBN: 978-3-8100-2165-6
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