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Zusammenfassung

Als sich die abendländische Philosophie entwickelte, gehörte zu ihren ersten Themen auch die Frage, was es denn eigentlich ist, das den Menschen zum Menschen macht. Diese Frage lag nahe, weil mit dem Reflexivwerden des Denkens in Form der Philosophie die Sonderstellung des Menschen in der Welt erst wirklich augenfällig wurde: Der Mensch ist vor allem deshalb anders, weil er sich nach diesem Anderssein fragt. Und so war es nicht der aufrechte Gang oder der Gebrauch von Werkzeugen, sondern die Vernunftbegabung, die als artbildender Unterschied zwischen Mensch und Tierwelt angesehen wurde: Der Mensch als das “animal rationale”, diese aristotelische Formel zieht sich bis heute durch die philosophische Literatur zur Vernunft10. Das Thema der menschlichen Vernunft dominiert die Philosophie in einer Weise, die Schnädelbach zu der Behauptung zuspitzte: “Von einer Bereichsabgrenzung, die der Theorie der Rationalität ein spezielles Untersuchungsfeld anweist, konnte keine Rede sein; die Philosophie der Vernunft war die ganze Philosophie” (Schnädelbach 1984, 8f.)11. Vernunft als anthropologische Konstante zu verstehen, also als spezifisches Merkmal des Menschen, kann jedoch nicht bedeuten, den Menschen prinzipiell für vernünftig zu erklären. Deshalb ist die Bestimmung des “animal rationale” zunächst nur die Feststellung einer Begabung zur Vernunft: Der Mensch ist das eine Wesen, das zumindest vernünftig sein kann, aber deshalb noch keineswegs immer vernünftig ist12.

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Literatur

  1. Die lateinische Formel bezieht sich auf die Definition des Menschen als sprach- und vernunftbegabtes Wesen bei Aristoteles (vgl. Aristoteles 1973, 49; 1983, 292f.); vgl. ferner Batens/van den Enden 1974, 3; Patzig 1993; Schnädelbach 1984; Schnädelbach 1987, 48 und besonders Schnädelbach 1992; zur Kritik dieser Konzeption siehe Weldon 1962, 115f. ; zu antiken Rationalitätskonzepten allgemein vgl. Furley 1973 und Macintyre 1988.

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  2. Ähnliche Allaussagen finden sich auch für die Psychologie: “Alle Fragestellungen, Methoden und Theorien der (modernen) Psychologie sind durch den Anspruch auf Rationalität gekennzeichnet” (Wegener 1986, 395).

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  3. Vgl. Ryle 1972, 176ff.; Spaemann 1980, 16ff.; Rescher 1993, 2.

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  4. Vgl. Shapiro 1969; Goldberg 1969; Barzel/Silberberg 1973; Brody/Page 1973; Bishop/ Oldendick/Tuchfarber 1978; Abramowitz 1978; Meier 1980; Rattinger 1980; Barry 1982; Herstein 1985; Roth 1990; Bluck/Kreikenbom 1991; Page/Shapiro 1992; Fuchs/Kühnel 1993; Wessels 1993.

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  5. Vgl. Allison 1971; Bank 1971; Heppel 1983; Brams 1985; Cerutti 1987; Opp 1989; Dowding 1991.

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  6. Vgl. Brickman 1972; Fontaine 1975; Jungermann 1976; Shaklee 1979; Cohen 1981; Smedslund 1981; Evans 1982; Shulman/Carey 1984; Baron 1985; Stich 1985; Cohen 1986; Wegener 1986; Manktelow/Over 1993.

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  7. Vgl. Weber 1985; Luhmann 1973; Habermas 1981; Voss 1985.

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  8. Vgl. Eemeren/Grootendorst 1984, 1992; Føllesdal/Waltøe/Elster 1988; McCain 1991.

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  9. Zur Rationalitätsproblematik in der Justiz vgl. Diesing 1973; Eckholdt-Schmidt 1974; Westermann 1977; Göttert 1978; Rabin 1979; Schelsky 1980; Schreiner 1980; Arnaud/Hilpinen/Wröblewski 1985; Aarnio 1987; Peters 1991; Weinberger 1992; Habermas 1992. Zur Rationalität juristischer Argumentation vgl. Alexy 1983; Gullvåg 1986 und Toulmin/Rieke/Janik 1979, 203–227.

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  10. Ökonomische Rationalitätsprobleme behandeln u. a. Albert 1967; Hartfiel 1968; Godelier 1972; Roishausen 1972; Wiswede 1972; Diesing 1973; Vandamme 1974; Tisdell 1975; Sen 1976; Backhaus 1977; Tully 1982; Brunsson 1985; Elkin 1985; Vossenkuhl 1985; Ulrich 1986; Bicchieri 1987; Priddat 1988; Kirsch 1992; Minssen 1992; Braun 1993; Gerrard 1993; Lorch 1994; Werder 1994. Eigenständige Schulen haben sich entwickelt mit dem Modell der “bounded rationality” nach Herbert A. Simon (March 1978; March/Simon 1977; Simon 1978, 1982, 1983) sowie der Theorie der “rational expectations”, die sich mit der Rationalität ökonomischer Voraussagen befaßt (siehe die Bibliographie mit 476 diesbezüglichen Titeln in Redman 1992). Zur Abgrenzung von Rationalität und Rationalisierung vgl. Tully 1982, 21ff. sowie Audi 1985.

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  11. Vgl. Lucchelli/Bergamini/Bachini 1976; Graul/Pütter/Löw 1986; Kochen 1991; Abholz 1994.

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  12. Zur Rationalität in der Kunst vgl. Seel 1985; Rech 1990; zur ästhetischen Argumentation besonders Toulmin/Rieke/Janik 1979, 265–283; zu “Musik und Rationalität” vgl. Jameux 1983.

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  13. Vgl. Torrance 1971 ; Plantinga/Woltersdorff 1983; Hübner/Vuillemin 1983.

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  14. Zur Sexualethik vgl. Ard 1989; zum Zivilschutz vgl. Schlösser 1975; zur Geographie vgl. Hasse 1993; zum Suizid vgl. Barry 1994.

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  15. So etwa Schnädelbach 1984, 8: “Von Vernunft zu reden steht unter Metaphysikverdacht, während das Rationalitätsthema eine soliden wissenschaftlichen Eindruck macht”.

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  16. Vgl. Homann 1985, 148; Luhmann 1992, 56.

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  17. Vgl. Lenk/Spinner 1989 und auch Lenk 1988.

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  18. Vgl. auch Horkheimer 1967, 15; Patzig 1994, 1; Zimmerli 1981, 175.

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  19. Vgl. dazu Hollis 1967; Lukes 1967; Mullick 1975; Barnes 1976; Fales 1976; Maclntyre 1978, 244ff.; McKerrow 1982; Jarvie 1984; Linkenbach 1986; Hoopen 1990; Chattopadhyaya 1992; Gupta 1992; Mohanty 1992; Rorty 1992; Solomon 1992; Mall 1994. In dieser intensiv geführten Diskussion geht es um die Frage, ob der westliche, szientifisch geprägte Rationalitätsbegriff global Anwendung finden kann (Universalismus), bestimmte Verhaltensformen und Überlieferungen anderer Völker also irrational zu nennen sind, oder ob diese Kulturkreise ihre ganz eigene Rationalität besitzen, die gleichberechtigt neben der westlichen anzuerkennen ist (Relativismus).

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  20. Dieses Argument wäre auch Kritikern entgegenzuhalten, die “die Rationalität” für “Illusion” halten (vgl. etwa Bubner 1990, 111). Zu den Problemen einer Pluralisierung der Vernunft vgl. Kekes 1979, 1988; Kambartel 1989, 27ff.; Welsch 1994a; Welsch 1994b, 150ff. Kekes weist darauf hin, daß der Rationalitätsbegriff aufgegeben werden müßte, wenn sich die Einheit der Rationalitäten nicht mehr bestimmen ließe (vgl. Kekes 1979, 106).

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  21. Vgl. Landmann 1975, 1976; Lenk 1986b; Baumgartner 1989; Wüstehube 1995, 125.

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  22. So auch Kepplinger 1992b, 177: “Zu den großen Leistungen der europäischen Geschichte gehört die Ausdifferenzierung zahlreicher Teilsysteme — Staat und Kirche, Legislative und Judikative, Wirtschaft, Wissenschaft usw. Jedes dieser Teilsysteme stellt unterschiedliche Anforderungen an die jeweils Handelnden und verfugt über eine spezifische Rationalität. Formal gleiche Handlungen können deshalb in einem Teilsystem rational, in einem anderen dagegen nicht rational sein.”

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  23. Vgl. Horkheimer/Adorno 1969.

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  24. Baum verortet den Grund dieser Rationalitätsblindheit unter anderem in der einseitigen Ausrichtung von Teilen des Faches: “Denn hartnäckig ignoriert die Mainzer Schule den mittlerweile nicht mehr bezweifelbaren Umstand, daß in der Moderne rationale Begründungsprozeduren die Führung in nahezu allen Lebensbereichen, besonders aber im Bereich der gesellschaftlichen und der politischen Praxis übernommen haben.” (Baum 1994, 233).

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  25. Vgl. Kepplinger 1992b; Baum 1994; Früh 1994; Brosius 1995. Frank Esser verdanke ich den Hinweis auf eine Mainzer Magisterarbeit, die unserem Thema noch am nächsten kommt (vgl. Fellinger 1993).

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  26. Vgl. Oakeshott 1950, 3; 1966, 91; Haller 1981, 179.

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  27. Mit der Frage, wie sich diese Forderung wiederum begründen ließe, befassen sich Black 1982 und vor allem Rescher 1993.

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  28. Meinungen unterscheiden sich von Handlungen auch dadurch, daß wir mit ihnen keine Ziele verfolgen (vgl. Wachbroit 1987, 35, Fußn. 1), deshalb wäre die Formulierung, “Meinungen anzustreben” ziemlich sinnlos.

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  29. Vgl. Dreitzel 1965, 2.

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  30. Vgl. Tugendhat 1983, 5.

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  31. Vgl. Ryle 1972, 192.

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  32. Zum Beispiel Seel 1994, 408: “‘Rational’ heißt soviel wie begründbar” oder Peters 1991, 167: “Rationalität ist an Begründung oder Begründbarkeit gebunden”.

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  33. Auch die Kritiker des klassischen Rationalitätsmodells beschreiben es als begründungszentriert. So führt etwa Hans Albert zum Satz vom zureichenden Grund (principium rationis sufficientis) aus:

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  34. “Wenn wir diesen Satz aber als methodisches Prinzip formulieren, dann haben wir damit einen Grundsatz gewonnen, den wir mit einigem Recht als allgemeines Postulat der klassischen Methodologie des rationalen Denkens auffassen können, als den grundlegenden Satz desjenigen Rationalitätsmodells, das in der klassischen Erkenntnislehre zu dominieren scheint: Suche stets nach einer zureichenden Begründung aller Deiner Überzeugungen” (Albert 1991, 11).

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  35. Vgl. Gibson, Q. 1976, 122; Peters 1991, 213.

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  36. Wobei dieses Verständnis sicherlich auch der christlichen Tradition entspringt, die allumfassende Vernunft Gott vorbehalten hat. Auf diesem Hintergrund ist wohl auch Kants Interpretation dieses Problems zu sehen: “Am Menschen (als dem einzigen vernünftigen Geschöpf auf Erden) sollen sich diejenigen Naturanlagen, die auf den Gebrauch seiner Vernunft abgezielt sind, nur in der Gattung, nicht aber im Individuum vollständig entwickeln” (Kant 1784, 18).

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  37. Vgl. Walton 1967, 542; Audi 1983, 318f. Hursthouse gibt Intentionalität darüber hinaus auch als Bedingung von “arational actions” und damit letztlich jeder Handlung an (Hursthouse 1991, 59). Zum Verhältnis von Intentionen und Handeln vgl. insb. Bratman 1987.

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  38. Vgl. Richmond 1976, 161; Levy 1985, 326.

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  39. So in Luhmann 1973.

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  40. Vgl. Peters 1991, 171, 202; Rescher 1993, 4.

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  41. So heißen “Vernunft” wie “Grund” im Lateinischen “ratio”, im Englischen “reason”, im Französischen “raison”, im Portugiesischen “razäo” etc.

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  42. Neben dieser Diagnose der “vielen Rationalitäten” finden sich aber immer noch Arbeiten, die die klassische Einheit der Vernunft anhand des Begründungskonzepts verteidigen, besonders engagiert sind hier Rescher (vgl. Rescher 1993) und Habermas (vgl. Habermas 1981).

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  43. Eine umfassende Aufarbeitung der Rationalitätsliteratur ist längst unmöglich. So resignierte auch Homann angesichts der “uferlosen” Literatur zum Rationalitätsproblem (Homann 1988, 51).

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  44. Vgl. Weber 1985.

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  45. Handeln als Bewirken von Effekten in der Welt kann rational sein nur deshalb, weil es sich vom reinen Verhalten durch seine Intentionalität unterscheidet, also darin, daß ihm eine mehr oder weniger bewußte Entscheidung zugrunde liegt: Wer beim Spaziergang versehentlich einen Grashalm umknickt, hat damit keine Handlung vollzogen, wohl aber, wer gezielt eine Blume ausreißt: “The ‘rationality’ of conduct; then, on this view of it, springs from something that we do before we act; and activity is ‘rational’ on account of its being generated in a certain manner.” (Oakeshott 1950, 6). Die Rationalität einer Handlung also läßt sich auf diejenige der Entscheidung zurückfuhren, die der Handlung zugrundeliegt (vgl. Farmer 1992,418).

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  46. Vgl. Peters 1991, 180ff.

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  47. Vgl. Habermas 1984a, 602f.; Habermas 1989b.

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  48. Zur Unterscheidung von strategischem und kommunikativem Handeln vgl. Habermas 1988b, 68f.

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  49. Vgl. Swain 1978; Pappas 1979; Audi 1983, 1986; Alston 1985; Alston 1986; Foley 1987; Becker 1995.

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  50. So Gosepath (1992) in einer jüngeren Monographic

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  51. Dieses Rationalitätskonzept führt außerdem zu absurden Schlußfolgerungen: Da kognitiv hochbegabte Individuen angesichts der Vielfalt der Begründungsforderungen ihre Möglichkeiten schon aus Zeitgründen kaum je ausschöpfen können, wäre ihr Verhalten als irrationaler zu bezeichnen als das kognitiv minderentwickelte Individuen, die ihre Ressourcen problemlos voll ausschöpfen und so höchste Rationalitätswerte erlangen können.

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  52. Zur Vieldeutigkeit von Rationalität bei Weber vgl. Brubaker 1984, 2f.; Eisen 1978; Kalberg 1980, 1981, ferner Käsler 1972; Swidler 1973; Vogel 1973; Hennen 1976; Schluchter 1976, 1979; Lenhardt 1980; Parsons 1981; Benhabib 1981; Weiss 1981; Angehrn 1983; Turner/Factor 1984; Döbert 1985.

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  53. “Weber hat niemals erklärt, was er unter Werten’ verstand” (Strauss 1990, 73).

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  54. Vgl. Luhmann 1973, 36f.; Kmieciak 1976, 150; Habermas 1981 I, 244; Müller-Koch 1991, 50f.; Peters 1991, 189.

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  55. Vgl. Weber 1985, 13; MacCormick 1985, 162ff.

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  56. Um Mißverständnissen vorzubeugen: Es handelt sich um Wolfgang Kuhlmann. Vgl. ferner Hollis 1979, 5; Harsanyi 1983, 231 (“rationality means choosing [...] the best means to achieving a given end’4); Dahrendorf 1966, 5 (“Rational sind stets nur die Mittel des Handelns, nicht die Objekte und nicht die Ziele”) oder auch Mall 1991, 70ff.; Hollis 1979, 5.

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  57. Lübbe weist darauf hin, daß die Bedeutung der Nebenfolgen mit der Komplexität moderner Gesellschaften zugenommen hat: “Die Sinnerfüllung und Sinngarantie unseres Handelns ist nebenfolgenbegrenzt. Das jedenfalls gilt für alles Handeln, das seine medialen Spielräume zweckrational erweitert und damit sich interaktionell kompliziert und zugleich dynamisiert. Die Nebenfolgen-trächtigkeit rationalen Handelns nimmt mit der Komplexität und mit der Dynamik der modernen Zivilisation zu, und der Prozeß dieser Zivilisation ist somit durch abnehmenden Grenznutzen bestimmt” (Lübbe 1987, 18).

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  58. Vgl. dazu Albert 1960, 226. An diesem Punkt schließt auch die Diskussion um Verantwortungs- und Gesinnungsethik an. Das klassische Problem ist der Tyrannenmord: Darf ein Zweck (Befreiung vom Tyrannen), der wertrational begründet ist (Wert der Freiheit), mit Mitteln angestrebt werden, die im selben Werthorizont nicht zugelassen sind (Wert des individuellen Lebens)?

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  59. Ein Erklärungsansatz ist Webers stark ökonomische Perspektive. In einer Zeit, in der die ökologische Fragestellung noch nicht relevant war, war die ökonomische Rationalitätstheorie rein zweckrational bestimmt durch die Orientierung an der Profitmaximierung. Dieses Bild findet sich auch noch weit nach Weber, so bei Allison: “In economics, to choose rationally is to select the most efficient alternative, that is, the alternative that maximizes output for a given input or minimizes input for a given output” (Allison 1971,29).

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  60. Vgl. Willard 1989, 156; Greven 1993; Brunner 1994; Welsch 1995.

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  61. Vgl. dazu Rescher 1993, 126f.).

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  62. Vgl. Apel 1995, 52. Die Notwendigkeit der Begründbarkeit von Zwecken läßt sich auch ohne Bezug auf historische Katastrophen zeigen: “A man simply does not satisfy the criteria of rationality, it may be suggested, if he pursues for its own sake an end like the removal of greenness from the world” (Benn/Mortimore 1976b, 273).

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  63. Dies meint wohl auch Kambartel mit der Feststellung: “Insbesondere bedürfen zweckrationale Argumentationen immer der Einbettung in wohlumrissene Problemsituationen” (Kambartel 1989, 47).

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  64. Ein Alternativansatz wäre lediglich, im aristotelischen Sinne Glückseligkeit (Eudaimonia) als nicht weiter begründungsbedürftiges Ziel menschlichen Handelns anzusetzen. Zu den damit verbundenen Problemen vgl. Benn/Mortimore 1976b.

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  65. Vgl. Aldrup 1971, 153f.; Apel 1981, 11; Weber 1984, 32; Peters 1991, 194. Die normative Position bejaht dies: “This normative dimension means that values are not treated as arbitrary and idiosyncratic. Any actor offering a normative judgement can be called upon to back it with reasons. [...] In these terms, one can argue on behalf of a value judgement on the basis of its consistency with a broader system of values, or its concurrence with a culture of joint subscription” (Dryzek 1987, 434).

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  66. Vgl. Albert/Topitsch 1990.

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  67. Vgl. Wenzel 1992, 402f.

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  68. Der zentrale Wertantagonismus ist der von Gleichheit und Freiheit, der sich auch durch die Formel der “gleichen Freiheit aller” nicht aufheben läßt, weil darin die Freiheit zugunsten der Gleichheit eingeschränkt ist (vgl. Matz 1978, 39).

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  69. Ausnahmen stellen jene Bereiche dar, wo Lebenserhaltung in Konflikt mit anderen Werten gerät (Abtreibung, Sterbehilfe etc.).

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  70. Unter monologischem Handeln verstehe ich das Handeln von Akteuren unabhängig von der kommunikativen Rechtfertigung dieses Handelns gegenüber anderen.

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  71. Zur möglichen Rationalität reflektierter Traditionen vgl. Peters 1991, 223.

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  72. Vgl. Maclntyre 1988, 351f.

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  73. Vgl. Willard 1989, 164 und Kohler, der Handeln definiert als Antwort auf die Frage “Was tun?” (Kohler 1988, 19).

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  74. Zur Diskussion des Verhältnisses von Rationalität und Emotionen vgl. Parsons 1981; Ainslie 1985; Elster 1985a; Rorty 1985; Scherer 1985; Sousa 1987; Schiele/Schneider 1991; Hornung 1991; Kemper 1993.

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  75. Vgl. auch Strasser 1984, 166f.

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  76. Zur Interpretation von Emotionen als kognitive Bewertung von Erregungszuständen vgl. Schachter/ Singer 1962.

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  77. Vgl. Taylor 1967, Aronovitch 1980.

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  78. Gegen diese beiden Thesen (“Anti-causal-Thesis” und “Explanatory-Dualism-Thesis”) argumentiert Sayre-McCord 1989, vgl. auch Beckermann 1977 sowie die Diskussionsbeiträge in Beckermann 1985.

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  79. Vgl. auch Locke 1974, 170 und vor allem Davidson, der das Kausalitätskonzept mit ähnlichen Argumenten verteidigt (vgl. Davidson 1985, 83).

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  80. Vgl. Alston 1967; Taylor 1967.

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  81. Klassisch ist hier Hempel 1977, eine aktuelle Übersicht liefert Arni 1993. Vgl. auch Gibson, Q. 1976; Audi 1990. Diese Theorie stellt einen Zweig der Wissenschaftstheorie dar, der sich mit folgender Frage beschäftigt: Unter welchen Bedingungen kann Wissenschaft Handlungen, die sie beobachtet, rational nennen? Wichtig und leicht zu übersehen ist dabei die Differenz zu unserer Fragestellung. Während wir fragen, wann ein Handelnder rational handelt, fragt die Theorie rationalen Handelns danach, wann eine wissenschaftliche Rekonstruktion einer Handlung rational genannt werden kann, oder anders: wann eine Handlung als rational erklärt gelten soll. Dies muß keineswegs konvergieren: “Die vom Beobachter konstruierte Rationalität ist nicht die durch die Intelligenz eines Subjekts entwickelte Rationalität” (Grosser 1973, 33). Die Rationalität einer Handlungserklärung ist die Rationalität des Forschers, der nach Gründen sucht, die eine Handlung verständlich erscheinen lassen. Der Unterschied zeigt sich deutlich in Richards’ Schema solcher Handlungserklärungen:

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  82. “(i) A was in Situation B.

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  83. (ii) A was a rational agent in that situation.

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  84. (iii) In a situation of type B, any rational agent will do x.

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  85. (iv) Therefore, A did x” (Richards 1971, 56).

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  86. Ob der Handelnde in der Situation tatsächlich ein rationaler Akteur war, und ob er Handlung x ausführte, weil diese in Situationen des vorliegenden Typs die effektivste ist, ist damit keineswegs gesagt. Schließlich läßt sich jede Handlung, die Folgen hat, dadurch rationalisieren, daß die Folgen als die Ziele interpretiert werden, die der Handelnde offensichtlich verfolgte. Da sich wohl für fast jede Handlung eine Perspektive finden läßt, aus der die Folgen als sinnvolles Ziel interpretierbar sind, wäre allgemeine Rationalität die Folge: Alles wäre rational, was sich irgendwie funktional erklären läßt.

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  87. Vgl. Gäfgen 1971; Harsanyi 1977; Føllesdal/Wallee/Elster 1988, 301ff. und die Übersicht bei Arni 1993. Einen Vorläufer hat die Rational Choice Theory hier bei Parsons (vgl. Parsons 1937, 58).

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  88. Vgl. Poole 1992.

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  89. Vgl. Kaplan 1964; Rescher 1993, 109ff. u. 128ff.

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  90. Vgl. Sen 1985.

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  91. Ich folge dabei im wesentlichen der Darstellung bei Zey 1992.

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  92. Vgl. Smelser 1992, 383f.

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  93. Vgl. Petracca 1991, 293.

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  94. Vgl. Zey 1992, 14.

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  95. Vgl. Petracca 1991, 294ff.

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  96. Vgl. etwa den Überblick bei Abelson 1976.

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  97. Vgl. Zey 1992, 17f.

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  98. Vgl. Simon 1982, 1983, 1990, 1993. Simon weist vor allem immer wieder auf die mangelnde Durchkalkulierbarkeit politischer Entscheidungen hin: “We have no automatic formula, no numbers to compute, that will tell us just how much emphasis we should put on improving the environment and just how much on meeting our energy needs” (Simon 1983, 84).

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  99. Vgl. Smelser 1992, 392.

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  100. Vgl. Zey 1992, 20. Dieses Problem übersieht Wiesenthal, der die Aufnahme “sozialer” Motive in die RC-Theorie als Vergrößerung ihrer Erklärungskraft betrachtet (vgl. Wiesenthal 1987, 15).

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  101. Vgl. Smelser 1992, 404; Zey 1992, 21.

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  102. Vgl. Petracca 1991, 303ff.; Zey 1992, 21.

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  103. Vgl. Petracca 1991, 314; Zey 1992, 20f.

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  104. Vgl. Benn 1976, 265; Srubar 1993.

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  105. Vgl. Petracca 1991 312ff. und auch Wiesenthal 1987, 20.

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  106. Zu altruistischen Motiven rationaler Akteure vgl. Monroe/Barton/Klingemann 1991.

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  107. Ich folge der Darstellung in Nida-Rümelin 1993a, 9ff. Vgl. dazu auch Gauthier 1975; Harsanyi 1976; Campbeh/Sowden 1985; Elster 1985b; Crozier 1991; Buchstein 1992; Nida-Rümelin 1993c; Lorch 1994.

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  108. Da die Gefangenen nicht kommunizieren können, ist ihre Kooperation erschwert. Sie können höchstens die Wahrscheinlichkeit einschätzen, mit der der andere sich ebenfalls kooperativ verhält und daraus ein mathematisches Modell erstellen, welches abzuschätzen vermag, ob die Jahre, die sie im Negativfall mehr verbüßen, durch die Chance beiderseitiger Kooperation übertroffen wird.

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  109. Vgl. Axelrod 1984, Sobel 1994, 330ff. Empirische Untersuchungen haben allerdings überraschend herausgefunden, daß sich auch bei Spielsituationen ohne Wiederholungsmöglichkeit (“One-Shot-Prisoners-Dilemma”) viele Versuchspersonen kooperativ verhalten. Nida-Rümelin interpretiert dies folgendermaßen: “Die Person kooperiert, weil sie weiß, daß beidseitig kooperatives Verhalten kollektiv rational ist” (Nida-Rümelin 1993a, 183). Zu ähnlichen Ergebnissen kommen Godwin/Mitchell 1982; Sen 1976, 340f.

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  110. Vgl. Junne 1972.

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  111. Vgl. Plamenatz 1973, 172ff.; Benn 1976, 253.

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  112. Ähnlich ließe sich im ökologischen Bereich das Nichthandeln trotz Umweltbewußtsein erklären: Wenn sich genügend andere umweltgerecht verhalten, kann der Trittbrettfahrer in den Genuß des ökologischen Nutzens kommen (weil sein eigenes Verhalten dann kaum noch schadet), ohne die individuellen Kosten einer Verhaltensänderung tragen zu müssen.

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  113. Auf Ansätze, die Alternativen zum Begründungskonzept anbieten, komme ich in Kapitel 2.5 zurück.

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  114. Vgl. O’Keefe 1982 und 1992.

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  115. Vgl. auch O’Keefe 1982.

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  116. Im Deutschen hat Lumer für diese beiden Typen die Begriffe Argumentationshandlung und Argumentationsinhalt vorgeschlagen (vgl. Lumer 1995, 87).

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  117. Und O’Keefe beschränkt sich auch darauf, entsprechende Unklarheiten in der Literatur aufzudecken.

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  118. Diese “kognitive Wende” vollzieht auch Brockriede, wenn er feststellt: “Arguments are not in Statements but in people” (Brockriede 1992, 73). Vgl. ferner Hample 1980.

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  119. Ueding und Steinbrink nennen in ihrem Standardwerk zur Rhetorik als “theoretisches Erkenntnisziel und wissenschaftliches Interesse” der Rhetorik: “nämlich die Möglichkeiten zu erforschen und die Mittel bereitzustellen, die nötig sind, die subjektive Überzeugung von einer Sache allgemein zu machen” (Ueding/Steinbrink 1994, 1).

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  120. “Dieses Schema liegt bis heute allen sprachwissenschaftlichen Arbeiten zur Argumentationstheorie zugrunde” (Völzing 1980, 214). Auf das Toulmin-Schema beziehen sich unter anderem: Schwitalla 1976; Berens 1975; Huth 1975, 1977; Hoffmann 1982; Strauber 1986; Burleson 1992; Wenzel 1992;

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  121. Visala 1993. Nicht durchgesetzt hat sich das Schema von Gottlieb (vgl. Gottlieb 1968; Rabin 1978).

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  122. Vgl. Toulmin 1958, 97.

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  123. Vgl. Weldon 1962, 183.

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  124. Mangelnde begriffliche Trennschärfe beklagt auch Hample. Er sieht im Toulminschema Abgrenzungsprobleme zwischen “backing and warrant, warrant and data, and data and rebuttal” (Hample 1992b, 226). Ähnlich argumentiert auch Klein 1980, 25.

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  125. So weist Hample darauf hin, daß die Grundstruktur des Schemas auch als klassischer Syllogismus (“D if D, then C; so C”, Hample 1992b, 226) interpretierbar, aber eben nicht auf diese Interpretation eingeschränkt ist.

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  126. Vgl. Toulnün/Rieke/Janik 1979, 78.

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  127. Toulmin erläutert: “Depending on the kind of claim that is under discussion, these grounds may comprise experimental observations, matters of common knowledge, statistical data, personal testimony, previously established claims, or other comparable ‘factual data”‘ (Toulmin/ Rieke/Janik 1979, 25).

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  128. Doch auch hier zeigt er eine äußerste Zurückhaltung gegenüber politischen Fragen, die in seinen Schriften kaum auftauchen.

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  129. Das Problem klärt sich, wenn man “schlechte Zwecke” durch “negative Folgen” ersetzt: Dann ist der Unterschied von Grund und Zweck klar, aber auch, daß “schlechte Zwecke” keine Begründungen für Handlungen darstellen können.

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  130. Vgl. Wohlrapp 1995b, 281.

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  131. “In beiden Fällen besteht die argumentative Geltung irgendwelcher Thesen darin, daß über sie ein Konsens erreicht wird, der nicht bloß faktisch ist, sondern aufgrund theoretisch mehr oder weniger anspruchsvoller Qualifizierungen einen Allgemeinheitsanspruch erheben kann” (Wohlrapp 1995, 282).

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  132. Vgl. ähnlich Ehninger/Monroe/Gronbeck 1978, 353; Toulmin/Rieke/Janik 1979, 13; Gethmann 1979, 99.

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  133. Vgl. Habermas 1981, 114ff. und McCarthy 1989, 516f.

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  134. Vgl. auch Habermas 1983, 69.

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  135. Vgl. ein ähnliches Argument bei Huth 1975, 103.

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  136. Vgl. Habermas 1979b, 201.

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  137. Vgl. Habermas 19811, 69f. (dem widersprechend allerdings Habermas 1984a, 182). Hierzu wäre auch anzumerken, daß es Ziel des therapeutischen Gesprächs ist, den Klienten zur Einsicht in seine “wahrhaften” Expressionen zu leiten. Damit ist aber noch nicht gesagt, daß auch der Therapeut dann die Wahrhaftigkeit von Expressionen beurteilen kann. Schon deshalb ist dies nicht als Diskurs zu betrachten, denn dort gilt es ja gerade den Opponenten (und nicht den Proponenten selbst) von der Wahrhaftigkeit zu überzeugen. Zu Bezügen zwischen der Theorie des kommunikativen Handelns und der Psychoanalyse vgl. Heim 1991.

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  138. Dieser Widerspruch läßt sich auch nicht dadurch relativieren, daß der zitierte Aufsatz ursprünglich bereits 1972 publiziert wurde, da Habermas ihn 1984 in den “Vorstudien und Ergänzungen zur Theorie des kommunikativen Handelns” wieder abdruckt.

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  139. Vgl. Habermas 1983, 68f.; 1992, 32.

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  140. An wieder anderer Stelle nennt Habermas auch nur Wahrheit und Richtigkeit als diskursiv einlösbare Geltungsansprüche (vgl. Habermas 1979a, 109).

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  141. So schon Aristoteles, zitiert nach Perelman 1979, 87: “solche, die fragen, ob Schnee weiß ist oder nicht, die sollen gefälligst hinsehen”. Vgl. auch Terris 1963, 272; Perelman 1979, 99; Dijk 1980, 144f.; Schwab 1980, 125; Lumer 1995, 89 und Lumer 1990a, 143: “Für elementare Wahrnehmungsaussagen gibt es kein direktes Argumentationsverfahren; direkt können sie nur mittels unmittelbarer Beweise, also nonverbal belegt werden: Der Adressat wird in die entsprechende Verifikationssituation geführt”. Vgl. schließlich Petter, die Argumentation definiert “als eine Methode, mit der die Geltung ‘nicht-beweisbarer’ Thesen gegenüber einer Zuhörerschaft begründet werden soll” (1988, 103).

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  142. Dies übersieht auch Wunderlich, der die “Begründung von Wissensbehauptungen” (Wunderlich 1974, 60) diskutiert, als Beispiele Verifikationsverfahren bringt, dann aber auf Problemfälle stößt und zu dem Schluß kommt: “Wir müssen feststellen, daß nicht jedes Wissen noch durch Argumente begründet werden kann” (Wunderlich 1974, 61). Auf Wunderlich und andere an Habermas orientierte Autoren beruft sich wiederum Klein, der die Verhältnisse völlig umkehrt und nur Wahrheitsansprüchen Begründbarkeit zuspricht (vgl. Klein 1987, 18ff), was er mit dem Sprachgebrauch von “100 native speakers” (Klein 1987, 18) begründet.

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  143. Vgl. Schmidt-Faber 1986, 52ff.

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  144. Eine ähnliche These gegen Habermas vertreten Ilting (1976, 38f.), Zimmermann (1985, 292 u. 320) und Scheit (1987, 194). Vor allem Scheit zeigt auf instruktive Weise, daß die Konsenstheorie der Wahrheit scheitern muß, wenn sie den Gedanken der Korrespondenz mit Tatsachen völlig ausklammern will.

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  145. Habermas hat diesbezüglich eine Klärung versprochen (“I readily admit that the ‘evidential dimension’ of the concept of truth is badly in need of further clarification”, Habermas 1982, 275), die aber meines Wissens noch nicht vorliegt. Noch in den “Erläuterungen zur Diskursethik” vertritt er das Konzept einer “Begründung von Tatsachen” (Habermas 1991, 141).

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  146. Vgl. Kambartel 1989, 27ff.

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  147. Vgl. Habermas 1991, 123. und auch Habermas 1971a, 122ff.

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  148. So bei Windisch 1989, 58.

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  149. Vgl. auch Habermas 1991, 161.

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  150. Vgl. Habermas 1981 I, 388ff. Vgl. auch die Rekonstruktion und Kritik des Arguments bei Bader 1985, 360ff.

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  151. Vgl. Kamiah 1978, 21; Kopperschmidt 1980, 69.

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  152. Vgl. ähnlich Apel 1984a, 53.

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  153. Darunter fallen zunächst Ansätze, die mit einer anderen Terminologie im Prinzip ähnliches sagen. So definiert etwa Kemmerling:

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  154. “Alle Rationalität hat, so denke ich, mit gutem Schließen zu tun. Rational ist eine Entscheidung oder eine Handlung, die sich als ein guter Schluß aus den Wünschen und Erwartungen des Handelnden betrachten läßt; rational ist eine Überzeugung, die sich als das Ergebnis eines guten Schlusses aus Wahrnehmungen und/oder andern rationalen Überzeugungen betrachten läßt; rational ist ein Wunsch, der sich als das Ergebnis eines guten Schlusses aus grundlegenden Wünschen und möglicherweise hinzutretenden rationalen Überzeugungen darstellen läßt” (Kemmerling 1994, 705).

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  155. Weil sich die Schlüssen zugrunde liegenden Regeln und Prämissen auch als Begründungen der Folgerung verstehen lassen, kann Kemmerlings Rationalitätsbegriff problemlos zu den begründungs-zentrierten Konzepten gezählt werden.

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  156. Vgl. Niemann 1993.

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  157. Vgl. Albert 1991, 15f.

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  158. Vgl. auch Titze 1975, 88f.

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  159. Vgl. Gerhards 1992, 307.

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  160. Zum Problem der Entscheidung über relevante Probleme vgl. Wettersten/Agassi 1987.

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  161. Niemanns Behandlung dieses Problems zeugt von Ratlosigkeit: “Oft sind inkommensurable Größen gegeneinander zu verrechnen: Wieviele Kaninchenleben ist ein gesünderer Lippenstift wert? Oder wie Bernhard Shaw es zuspitzte: Wieviele Minuten eines schönen Sonnenuntergangs entsprechen gerade einem Pfund Miesmuscheln? Wenn nicht klar ist, welche Maßstäbe bei solchen Entscheidungen benutzt werden, kann man sie auch nicht auf ihre Adäquatheit hin beurteilen und nicht kritisieren. Vollkommene Rationalität, die auch die Maßstäbe noch beurteilt, ist in solchen Fällen nicht möglich. Die Rationalität solcher Entscheidungen hegt dann in der Offenheit für eine Revision der Entscheidung im Fall, daß es

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  162. gelingt, die Maßstäbe einer Kritik und Neubeurteilung zugänglich zu machen. Problemlösungen solcher Art zu bewerten ist nicht einfach, aber im täglichen Leben haben wir ständig in dieser Weise Entscheidungen zwischen inkommensurablen Alternativen zu treffen und das noch unter Zeitdruck. Dann gibt es keine andere Möglichkeit, unsere Problemlage zu verbessern, als uns die Probleme, die uns drücken, so klar wie möglich zu machen und nach der bestmöglichen Erleichterung zu suchen.” (Niemann 1993, 19).

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  163. Ähnlich formuliert dies auch Niemann, nur vermeidet er mit allen Mitteln, von Begründungen zu sprechen (vgl. Niemann 1993, 19f.).

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  164. Dies sieht auch Dryzek, wenn er Begründung und Problemlösung als alternative Kriterien für Rationalität faßt: “The public face of politics as the twentieth century draws to a close affirms the triumph of at least two broad principles. The first is democracy, understood as the collective construction and application of political authority. The second is rationality, whether understood in terms of making choices for good cognitive reasons or as the capacity to resolve problems effectively through individual cogitation and social interaction” (Dryzek 1990, 217).

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  165. Und auch Bubner 1990, 109: “Rationalität ist, ganz generell gesprochen, das Kennzeichen solcher Zustände, in denen Ordnung und Durchsichtigkeit weitgehend oder vollständig realisiert sind.”

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  166. Vgl. Schnädelbach 1984, 1985, 1987, 1992, 1994.

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  167. In diesem Sinne weist auch Peters Schnädelbachs Einwand zurück (vgl. Peters 1991, 169).

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  168. In eine ähnliche Richtung geht Lyotards Bestimmung von Vernunft: “Der Ausdruck ‘Vernunft’ hat mannigfache Bedeutung. Sein Umfang ist an dieser Stelle einzugrenzen. Ich beschränke mich auf seinen ‘Gebrauch’ im Umkreis dessen, was seit Galilei Wissenschaft genannt wird. Innerhalb dieser Grenze kann man Vernunft das Ensemble der Regeln nennen, die ein Diskurs zu beachten hat, wenn er einen Gegenstand (seinen Referenten) erkennen oder Kenntnis von ihm vermitteln will.” (Lyotard 1985, 32)

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  169. Damit stimmt Schnädelbach durchaus noch überein (vgl. Schnädelbach 1992, 97f.).

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  170. Habermas weist auf die Umkehrbarkeit dieses Zusammenhangs hin: “Man wüßte eben nicht, was es heißt, die Bedeutung eines sprachlichen Ausdrucks zu verstehen, wenn man nicht wüßte, wie man sich seiner bedienen könnte, um sich mit jemandem über etwas zu verständigen” (1988b, 76).

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  171. Vgl. Apel 1995, 44f.

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  172. Vgl. Albert 1991, 15 und Albert 1978,7ff.; vgl. auch Gethmann 1979, 31f. Dieses Trilemma findet sich bereits in der Spätantike bei Sextus Empiricus dargestellt (1993, 120f. und 130f.).

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  173. Vgl. dazu auch Miller 1987.

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  174. Vgl. dazu Bartley 1964, 6.

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  175. So etwa Brown 1988, der zwar einige Verteidigungsversuche gegen den drohenden Regreß diskutiert, dabei aber z. B. die deutsche Transzendentalpragmatik ignoriert.

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  176. So etwa Hans Albert: “Zu den für das moderne Denken folgenreichsten Einsichten gehört wohl die, daß es keine absoluten Begründungen geben kann. Damit wird die Begründungsidee, die für den klassischen Rationalismus seit Aristoteles maßgebend war, radikal in Frage gestellt. Wer da glaubt, es handele sich um eine vergleichweise harmlose Angelegenheit, da ja nur ‘Letztbegründungen’ ad absurdum geführt seien, macht sich die Sache zu leicht. Im Hintergrund des klassischen Begründungspostulats war nämlich stets die Vorstellung wirksam, man könne durch ein geeignetes Verfahren in objektiv gültiger Weise jeden möglichen Zweifel als ungerechtfertigt erweisen” (Albert 1978, 7). Das Problem in dieser Argumentation liegt darin, daß Albert von der (ohnehin höchst unscharfen) Annahme einer “im Hintergrund wirksamen Vorstellung” auf die Notwendigkeit des Letztbegründungsanspruchs im Begründungsdenken schließt. Interessant ist dabei, wie Albert seine Position begründet und es konsequent vermeidet, die Worte “Grund” und “Begründung zu benutzen.

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  177. Vgl. Habermas 1971a, 101 ff.; Habermas 1981, I, 25ff.

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  178. Vgl. Jäger 1976a, 26f.

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  179. So auch Gethmann und Hegselmann: “Eine Regel, die ein unendliches konstruktives Weiterbegründen verlangt, dürfte jedoch uneinsichtig sein. Als Regel für O [den Opponenten einer Behauptung; d. Verf.] ist die Regel vom zu vermeidenden willkürlichen Abbruch ebenfalls nicht einsichtig. Denn wenn O aufhört zu zweifeln, bedeutet dies ja, daß es P [dem Proponenten; d. Verf.] gelungen ist zu begründen” (Gethmann/Hegselmann 1977, 363). Vgl. auch Jäger 1976a, 26.

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  180. Vgl. Peters 1994, 47. Daß Konsens als Ziel einer Argumentation auch ein Konsens über den Dissens sein kann, übersehen die Kritiker konsensorientierter Kommunikationsmodelle. So werfen etwa Dyck (1980a) und Kalivoda (1986) solchen Modellen einen realitätsfernen Utopismus vor, weil in der Realität Politik parteilich sei und meist nicht über die Artikulation des Dissenses hinausgehe. Der so kritisierte blinde Glaube an den Konsens findet sich allerdings auch bei manchen Autoren, die sich auf Habermas berufen, so etwa bei Kopperschmidt (1973). Durch gelegentlich unscharfe Formulierungen hat Habermas dieses Mißverständnis allerdings genährt, so wenn er definiert: “Kommunikativ nenne ich die Interaktionen, in denen die Beteiligten ihre Handlungspläne einvernehmlich koordinieren” (Habermas 1983, 69). Zum Verhältnis von Konsens und Dissens vgl. auch Debatin 1989 und Rescher 1995.

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  181. Vgl. auch Ptassek 1993, der das Konzept einer “rhetorischen Rationalität” mit ganz ähnlicher Begründung vertritt: “Man hat in der Praxis von einem angesichts der Situation und des Entscheidungsdrucks endlichen Bedürfnis nach Begründung auf Seiten der Beteiligten auszugehen: Wo gehandelt werden muß, bleibt die Möglichkeit, über alle Kriterien und Gesichtspunkte vollständige Klarheit zu erlangen, eine abstrakte Fiktion, der als entgegengesetztem Extrem ein nicht weniger unplausibler Dezisionismus entspricht.” (164f.). Auch Westermann macht seine Kritik am “Münchhausen-Dilemma” an Alberts problematischer Prämisse fest, nach der jede Begründung wieder einer Begründung bedarf (vgl. Westermann 1977, 68ff.).

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  182. Vgl. zu dieser pragmatischen Lösung des Letztbegründungsproblems auch Welsch 1994a, 401f. und Oelmüller 1989, 135.

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  183. Vgl. Mittelstraß 1984, 131.

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  184. Außerdem wären die fatalen Konsequenzen zu bedenken, wenn aufgrund des Letztbegründungsproblems der Anspruch auf Vernunft überhaupt aufgegeben würde, vgl. dazu Lenk 1974, 157.

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  185. Eine ähnliche pragmatische Argumentation liefert Wohlrapp, der die Widerlegung des Münchhausen-Trilemmas ironisch als “Pflichtübung” allen Begründungsdenkens bezeichnet (Wohlrapp 1995b, 295): “Die ganze neuzeitliche Kultur beruht darauf, daß Theorien nicht bloß intellektuelle Spielereien sind, sondern daß sie Praxen stützen. Jedes Anrufen einer Werkstatt unterstellt, daß es dort Leute gibt, die positiv wissen, wie ein Auto repariert wird. Dieses ‘Wissen’ besteht aus etwas mehr als nicht falsifizierten Hypothesen: Anderthalb Jahrhunderte Automobilbau nämlich. Und das unterscheidet es doch hinlänglich von z. B. der (auch unwiderlegten) Urknallhypothese. Wenn wir also ausweisen können, daß und wie ein Stück Theorie für die theoretische Stützung einer Praxis dienlich ist, dann ist das ein ‘Begründen’, welches (a) nicht so artifiziell ist wie das von Albert anvisierte und (b) nicht vom Trilemma-Argument disqualifiziert wird” (Wohlrapp 1995b, 295).

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  186. Vgl. auch Kuhlmann 1981, 1989a, 1989b.

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  187. Descartes ‘cogito ergo sum’ stellt den Versuch dar, die Unmöglichkeit zu zeigen, hinter den Zweifel noch einmal zurückzugehen: Indem ich zweifle, habe ich anerkannt, daß ich zweifle, also bin (vgl. Apel 1995, 47). Zur Auseinandersetzung mit dem skeptischen Zweifel vgl. auch Craemer 1974.

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  188. Zu den komplexen philosophischen Problemen, die diese Lösung des Letztbegründungsproblems wiederum mit sich bringt, vgl. Zeidler 1984.

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  189. Vgl. auch Kuhlmann 1981, 15ff. und Welsch 1995, 411: “Der Rückgang durch diverse Begründungsebenen führt zuletzt auf eine Schicht, die man nicht mehr begründen oder durchstoßen kann, weil sie für das Begründen selbst so elementar ist, daß sie in jedem Begründungsversuch ihrerseits in Anspruch genommen würde” oder Apel 1995, 31: “Als letztbegründet können diejenigen (Existential-und Regel-)Präsuppositionen der Argumentation gelten, die ohne performativen Selbstwiderspruch nicht bestritten und (eben deshalb) ohne petitio principii nicht deduktiv begründet werden können.”

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  190. Vgl. Kuhlmann 1989b, 12.

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  191. An diesem Konzept entzündete sich erwartungsgemäß auch die philosophische Kritik, auf die hier nicht im einzelnen eingegangen werden kann, vgl. Engels 1979.

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  192. Gethmann und Hegselmann haben versucht, solche Argumentationen auszuhebern. Sie argumentieren, daß Skeptikerwiderlegungsargumente nur funktionieren, wenn etwa der Satz vom verbotenen Widerspruch akzeptiert wird (vgl. Gethmann/Hegselmann 1977, 347). Selbstwidersprüche müssen wir um unserer Identität willen vermeiden, und so wäre die Entscheidung für Identität wiederum eine begründungsbedürftige Basis jeder derartigen (scheinbaren) Letztbegründung (Gethmann/Hegselmann 1977, 355). Hier ist zu fragen, ob jemand ohne funktionierende Identität diese Entscheidung überhaupt treffen könnte (dies wäre wieder eine Skeptikerwiderlegung), ob der Rede von Begründungen also nicht die Annahme eines sprach- und handlungsfähigen Subjekts (samt seiner Identität) bereits vorausgehen muß.

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  193. Vgl. Kuhlmann 1981, 20f. Kuhlmann hat allerdings exemplarisch gezeigt, daß derartige reflexive Argumentationen auf verschiedenste philosophische Probleme anwendbar sind und zu befriedigenden Antworten fuhren (vgl. Kuhlmann 1981, 25).

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  194. Zu diesem Schluß kommt — auf ganz anderem Hintergrund — auch die Hermeneutik: “Rationalität wird innerhalb von Diskursen zur Orientierung bei Überführung des doxastischen Wissens in epistemisches Wissen hergestellt und erfordert somit keine Letztbegründung. [...] Es kann sich immer nur um begründete Behauptbarkeit unter guten epistemischen Begründungen handeln; welche Bedingungen epistemisch besser oder schlechter sind, ist wiederum nur diskursrelativ zu bestimmen.” (Pasternack 1988, 110).

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  195. Ähnlich läßt sich auch die Frage nach der interkulturellen Relativität von Rationalität beantworten, die eine Zersplitterung in eine westliche und eine östliche (oder noch weitere) Rationalität problematisiert: So gesehen wäre zu vermuten, daß die Rationalitäten verschiedener Kulturkreise im Bezug auf Begründungen übereinstimmen, nur jeweils andere Inhalte als Begründung akzeptiert werden (vgl. Lukes 1967). Die Behauptung eines formalen “Begründungsuniversalismus” wäre zu stützen, indem nachgewiesen wird, daß der Bezug auf begründbare Geltungsansprüche Merkmal jeder Sprache ist.

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Kuhlmann, C. (1999). Zur Theorie der Rationalität. In: Die öffentliche Begründung politischen Handelns. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-91625-9_2

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