Nachrichten im Wettbewerb

Zusammenfassung

Als eines der wichtigsten Themen im Zusammenhang mit dem Golfkrieg werden nicht die Kriegsereignisse selbst, sondern die Berichterstattung darüber in Erinnerung bleiben, die in bislang unbekanntem Ausmaß erfolgte und die Bilder vom Kampfgeschehen meist zeitgleich, ununterbrochen und weltweit verbreitete. Die Kriegsbilder trugen zu einem Großteil das CNN-Logo und machten den amerikanischen News Channel spätestens zu diesem Zeitpunkt bis in den letzten Winkel der Erde bekannt. Zu bezweifeln ist allerdings, ob mit dieser Rund-um-die-Uhr-Berichterstattung auch eine Eins-zu-Eins-Abbildung der Wirklichkeit erreicht wurde (vgl. Virilio 1993; MacArthur 1993; Morrison 1992). Die Kriegsberichterstatterin des ‚Observer‘, Julie Flint, stellte rückblickend fest, daß „wohl bei keinem anderen Krieg der neueren Zeit Informationsmenge und Informationsqualität derart auseinanderklaffte wie beim Golfkrieg“.² Angesichts der zweifelhaften journalistischen Qualität und der nach dem Golfkrieg wieder auf marginale Werte zurückgehenden Einschaltquoten von CNN wäre es ein Trugschluß, diesem Ereignis eine Art ‘Urknalleffekt’ für die feststellbare Häufung von News-Channel-Projekten zuzuschreiben. Vielmehr dürfte ihm die Wirkung eines Brennglases zukommen, das verschiedene, weiter zurückreichende Entwicklungen erstmals deutlich sichtbar auf den Punkt brachte. Die tieferliegenden Ursachen der gegenwärtigen Ausdifferenzierung reiner Nachrichtenkanäle beruhen zum einen auf fundamentalen Veränderungen des Nachrichtensektors selbst, darüber hinaus jedoch zu einem Großteil auf Umwälzungen des gesamten Fernsehmarktes.

Der Beitrag ist eine stark überarbeitete und aktualisierte Fassung eines Artikels für die Zeitschrift Media Perspektiven: Ware Nachrichten. Fernsehnachrichtenkanäle und Veränderungen im Nachrichtenmarkt. In: Media Perspektiven 6/1993, S. 278 – 289.