Das Kräftefeld der Chinesischen Entwicklungsstrategien

Zusammenfassung

Während in der Sowjetunion die Diskussion um den rechten Weg zum Aufbau des Sozialismus Ende der 20er Jahre weitgehend entschieden wurde, ihr Ausgang später im Lehrbuch “Politische Ökonomie”, Abschnitt über die sozialistische Produktionsweise, kodifiziert wurde, und die neueren Auseinandersetzungen nur um die Operationalisierung der unbestrittenen Grundprinzipien geführt werden, ist dieser Diskussionsprozeß und der daraus ableitbare innerparteiliche Konflikt in der VR China seit Ende der 20er Jahre ununterbrochen im Gange. Das heißt, es gibt keine eindeutig identifizierbare “Generallinie”, die durchgängig als Richtschnur der entwicklungspolitischen Entscheidungen dient, und die textlich in einer dem sowjetischen Lehrbuch vergleichbaren Form niedergelegt wäre. Demzufolge ist es nicht möglich, etwa den Maoismus, auch wenn sich alle maßgeblichen Kräfte in China auf den Vorsitzenden Mao berufen, als die herrschende Theorie anzusehen, aus der etwa das chinesische Entwicklungsmodell stringent zu deduzieren wäre. Der Maoismus oder seine Elemente, die sich mit ökonomischen Fragen befassen, sind nur eine, allerdings sehr einflußreiche,Kraft neben anderen Faktoren, die,insbesondere was die eigentümliche Dynamik der chinesischen Entwicklung anbetrifft, von hervorragender Bedeutung ist. Eine Analyse des chinesischen Entwicklungsmodells muß damit beginnen, das jeweils unterschiedliche Verständnis der einzelnen Konzeptionen von Entwicklung herauszuarbeiten, die zu diesem Verständnis notwendigen Grundlagen zu berücksichtigen und schließlich aus der Wechselwirkung der objektiven Faktoren und theoretischen Konzepte die tatsächliche Entwicklungsstrategie und ihre Varianten zu bestimmen.