Neuraminsäure und elektrophoretische Beweglichkeit

Zusammenfassung

Es war schon seit den ersten Arbeiten über die Wirkung der Neuraminidase auf Erythrozyten und das Freilegen des T-Antigens auf Erythrozyten klar geworden, daß die elektrophoretische Beweglichkeit dieser Zellen stark vermindert wird. Man kann dies sogar zur Diagnose der T-Polyagglutinabilität sowie auch der Tn-Anomalie als auch einiger seltener Typen im MN Blutgruppensystem (M^g, M^k) benutzen (siehe Tabelle24). Das heißt mit anderen Worten, daß nach Behandlung mit Neuraminidase die elektrokinetische Oberflächenladung vermindert wird. Das Gleiche muß folgerichtig eintreten, wenn Defekte in der Neuraminsäure-haltigen Glykoproteinfraktion, weniger in der Glykolipoidfraktion auftreten. So ist auch verständlich, daß nach Behandlung mit proteolytischen Enzymen die elektrophoretische Beweglichkeit verringert wird, weil eben ein großer Teil der Neuraminsäure-haltigen Glykoproteine losgelöst wird. Dies ist beispielsweise bei menschlichen Blutkörperchen der Fall (siehe Abb. 25). Um so erstaunlicher war daher, daß zwar bei Rindererythrozyten, wie wir gesehen haben, große Mengen an Neuraminsäure-haltigen Glykopeptiden abgetrennt werden, daß sich aber die elektrophoretische Beweglichkeit dabei überhaupt nicht ändert (Seaman und Uhlenbruck, 1963) (Abb. 25). Man kann sich dies so erklären, daß eine zweite aber gleich oder ähnlich geladene Schicht nach Abtrennung der Neuraminsäure-haltigen Glykopeptide zum Vorschein kommt. Oft sind hier andere Ladungsträger wirksam, da sich diese Ladung kaum oder nur gering durch anschließende Neuraminidase-Behandlung ändert. Dies stellt einen zweiten Zelltyp dar im Hinblick auf die elektrophoretische Beweglichkeit und die Anordnung elektrophoretisch wirksamer Gruppen.