Zusammenfassung
Mit der Anzweiflung der Kriminalstatistik als Grundlage für Kriminalitätsforschung und mit der Anzweiflung des forschungsstrategischen Grundmusters, für die “Anomalie des Kriminellen” (biologische, psychologische oder soziale) Gründe zu suchen, teilte sich die Kriminalsoziologie in zwei grundlegende Erklärungstypen:
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1.
Die klassische Kriminologie, die vor allem Sozialisations- und Strukturtheorien umfaßt und somit täterorientiert ist, geht von einem Prozeß aus, der schließlich in einer Täterpersönlichkeit mündet. Durch unterschiedliche Sozialisation ergibt sich eine unterschiedliche Affinität zu Objekten, also auch zur “Kriminalität”. Deshalb ist die kriminelle Person selber zu analysieren, denn in ihr sind die meßbaren Merkmale der “Kriminalität” vertreten.
Die Dunkelziffer als Differenzgröße zwischen der Anzahl “objektiv” vorgefallener Fälle von “Kriminalität” und der Dokumentation der Polizei als amtlich gewußte und deshalb aufgenommene Fället) ist hierbei ein rein statistisches Problem und bezieht sich nur auf einen bestimmten Prozentsatz der tatsächlichen Kriminalitätsrate.
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2.
Die “kritische” Kriminologie hingegen, kontroll- theoretisch, d.h. tatorientiert ausgerichtet, geht von Persönlichkeitsprofilen aus, die erst durch den “Aufschaukelungsprozeß” mit den Kontrollinstanzen entstehen. Deshalb ist nicht die kriminalisierte Person Ausgangspunkt des kriminologischen Interesses, sondern die Kriminalisierungsprozesse als Etikettdurchsetzungen der Instanzen sozialer Kontrolle. Dieser Erklärungsmodus setzt sozusagen ein “Gesamtdunkelfeld” voraus bzw. geht von einer Vermehrbarkeit der Kriminalitätswirklichkeit mit jeweils neuen Institutionen sowie Strategien für die Kriminalitätsinterpretation aus. Kriminalitätsstatistiken werden daher aus interaktionistischer Sicht dieses Verlaufsmodells als ein relevantes Stück der symbolischen Realität selber definiert.
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© 1989 Westdeutscher Verlag GmbH, Opladen
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Funken, C. (1989). Der „Paradigmawechsel“ innerhalb der Kriminalsoziologie. In: Frau — Frauen — Kriminelle. Beiträge zur sozialwissenschaftlichen Forschung, vol 112. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-322-87448-1_4
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DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-322-87448-1_4
Publisher Name: VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden
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