Bildung im Ritual

Zusammenfassung

Im ersten Teil der Studie, in dem schulische „Feiern“ und „Feste“ als Rituale untersucht und ihr Beitrag zur performativen Bildung der Kinder und der Schulgemeinschaft herausgearbeitet wird, zeigen sich erhebliche Unterschiede zwischen der Inszenierung von Feiern, die von der Schulleitung und der Lehrerschaft ausgehen und der Initiierung von Festen, bei denen die Aktivität zu einem großen Teil von den anderen zur Schulgemeinschaft gehörenden Gruppen kommt. In beiden Fällen werden die symbolisch kodierten Körperprozesse und die Rolle der Rituale flir die interkulturelle Kommunikation analysiert. Im zweiten Teil der Untersuchung werden Rituale im Kontext von Religion, Glauben, Praxis bearbeitet. Im Mittelpunkt steht eine Konfirmation, die einmal aus der Perspektive konfirmierter Mädchen, ein anderes Mal am Beispiel einer Familie und der beiden konfirmierten Kinder rekonstruiert wird. Dabei erscheint die Konfirmation in einigen Aspekten beinahe schon als ein Ritual profanisierter Sakralität, das seine Funktion als Übergangsritual nur noch partiell erfüllt. Derartige Übergangsrituale fehlen bei muslimischen Jugendlichen, in deren Bewusstsein die Untergliederung des Lebenslaufs in unterschiedliche Lebensphasen kaum eine Rolle spielt. Im dritten Teil der Studie werden jugendliche Erlebniswelten untersucht. Der Erlebnisgehalt steht im Zentrum eines erlebnisorientierten Angebots fiir Jugendliche, bei dem über Natur- und Gemeinschaftserfahrungen eine liminale Phase inszeniert wird; am Beispiel von LAN-Partys wird gezeigt, wie Erlebniswelten in die virtuellen Räume von Computerspielen verschoben und eine rituelle Bearbeitung von Gewalt vollzogen wird. Die Studie zeigt, dass in einer diachronen Perspektive die institutionellen Rituale und Ritualisierungen des Kindheitsalters zugunsten von selbstbestimmten, spielerischrituellen Formen der Jugendlichen in den Hintergrund treten und dass die Institutionen selbst diesen Wandel befördern, dabei jedoch an systemische Grenzen gelangen.