Zusammenfassung
Im Jahre 1749 erschien Leonhard Eulers grosses Werk über die Schiffe, die Scientia navalis seu tractatus de construendis ac dirigendis navibus1. Dieses Werk stellt nach der Mechanica sive motus scientia analytice exposita vom Jahre 17362 den zweiten Markstein in der Entwicklung der rationalen Mechanik dar und hat an Bedeutung bis in unsere Tage nichts eingebüsst. Nicht nur werden nämlich hier zum erstenmal die Prinzipien der Hydrostatik in vollendeter Klarheit aufgestellt und darauf basierend eine wissenschaftliche Grundlegung der Theorie des Schiffsbaus gegeben, sondern die hier aufgegriffenen Themenkreise erlauben uns einen Überblick über fast alle relevanten Entwicklungslinien der Mechanik im 18.Jahrhundert. Wir wollen im folgenden zur Illustration drei solche Themen herausgreifen:
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1.
Die Anwendung von Variationsprinzipien zur Bestimmung optimaler Schiffsproflie.
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2.
Die Herleitung der hydrodynamischen Grundgleichung und ihre Anwendung zur Berechnung des Rückstossantriebs eines Schiffes.
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3.
Die aus der Untersuchung von Schaukelbewegungen schwimmender Körper sich entwickelnde Kinematik und Dynamik starrer Körper.
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Anmerkungen
Scientia navalis, Petersburg 1749, konnte erst mit fast zehnjähriger Verspätung im Druck erscheinen, 2 Bände (E. 110, 111/O. II, 18, 19). Cf. W. Habicht, Leonhard Eulers Schiffstheorie, Einleitung und Kommentar zu den Bänden O. II, 18 und 19, p. VII–CXCVI.
Mechanica sive motus..., Petersburg 1736, 2 Bände (E. 15, 16/O. II, 1, 2).
Newton, Philosophiae naturalis principia mathematica, London 11687, 21713, 31726. Daniel Bernoulli, Dissertatio de actione fluidorum..., Comm. acado Petrop.2 (1727) 1729, 3 (1728) 1732; Hydrodynamica, sive de viribus et motibus fluidorum commentarii, Strassburg 1738, insbes. Kapitel XIII.
Methodus inveniendi lineas curvas..., Lausanne, Genf 1744 (E. 65/O. I, 24).
Cf. D. T. Whiteside (ed.), The Mathematical Papers of Isaac Newton, Vol. VI, Cambridge 1974, p.456–468, Text und Anmerkungen 1–24. Ferner E.A. Fellmann, Newtons Principia, Jber. Deutsch. Math.-Verein. 77, Heft 3, 1975, p.128–130; Über eine Bemerkung von G. W. Leibniz zu einem Theorem in Newtons «Principia mathematica», Verhandl. Naturf. Ges. Basel, Band 87/88,1978, p.21–28.
Cf. D. Bernoulli, Hydrodynamica, Kapitel XIII. Die Berechnung des Strahlantriebs findet sich auch in Eulers Abhandlung Sur le mouvement de l’eau par des tuyaux de conduite, Mém. Berlin 8 (1752) 1754 (E. 206/O. II, 15); Eneström datiert die Entstehung auf 1749. — Zur Geschichte des Problems cf. C.A. Truesdells Einleitung zu O. II, 12: Rationalfluid mechanics 1687–1765.
Offenbar gilt injedem Punkt X v=0, so dass (27) auch in der Form d=m (27a) geschrieben werden kann, wo d die Matrix des Drehimpulses oder DraUs d bezeichnet. (27a) heisst der Drehimpulssatz. Euler hat später bei der Herleitung seiner Gleichungen dies en Satz angewandt. Er hat bemerkt, dass dieser Satz für jede Massenverteilung, gleichgültig ob gasförmig, flüssig, elastisch oder starr, gültig ist. Nirgends erwähnt er dabei innere Spannungskräfte; tatsächlich treten sie ja bei der Herleitung der Gleichungen gar nicht auf. In einer späteren Arbeit aus dem Jahre 1776 hat Euler deshalb den Drehimpulssatz gleichwertig neben den Impulssatz als ein allgemeines Prinzip der Mechanik gestellt. Man vergleiche zu dieser Frage etwa C. A. Truesdell, A program toward rediscovering the rational mechanics of the age of reason, Arch. Hist. of Exact Sciences 1, 1, 1960, sowie den Beitrag von B. L. van der Waerden in diesem Band.
Wegen \( \smallint X{\rm{ }}v{\rm{ }}d\mu = \smallint {X^2}\omega {\rm{ }}d\mu \) ist d der Drallvektor. Da keine äusseren Kräfte wirken, ist dieser zeitlich konstant; cf. Anm. 7.
Wegen ω1X v= v1v ist F die doppelte kinetische Energie des Kreisels. Euler hätte sich also hier auf den Satz von der Erhaltung der lebendigen Kraft berufen können.
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Habicht, W. (1983). Einige grundlegende Themen in Leonhard Eulers Schiffstheorie. In: Leonhard Euler 1707–1783. Birkhäuser Basel. https://doi.org/10.1007/978-3-0348-9350-3_12
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Publisher Name: Birkhäuser Basel
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