Auszug
„Es ist ein Mädchen“, daneben ein Kinderbild von Angela Merkel — so kommentierte die taz treffend eine schwierige Geburt: Die Union hatte sich entschieden, eine Frau ins Rennen um die Kanzlerschaft zu schicken. Die taz brachte damit verschmitzt ironisierend auf den Punkt, was nicht nur bei schwierigen Geburten immer die erste Frage ist: Was ist es denn, Junge oder Mädchen? Bei der Wahl von Kanzlerkandidaten war die Frage bis zum Jahr 2005 allerdings ziemlich überflüssig gewesen, bei Geburten sind die Chancen für Jungen und Mädchen erheblich gleichmäßiger verteilt als in der Politik. Seit der ersten Bundestagswahl 1949 hat es 53 Jahre gedauert, bis 2002 in Deutschland überhaupt erstmals die reale Möglichkeit bestand, dass eine Frau als Kanzlerkandidatin nominiert wurde. Es dauerte dann noch einmal drei Jahre, bis tatsächlich zum ersten Mal eine Frau als Spitzenkandidatin der großen Parteien in den Wahlkampf ziehen konnte und sogar Aussichten darauf hatte, schließlich zur Kanzlerin gewählt zu werden. Nachdem die Entscheidung gefallen war, geschah alles „zum ersten Mal“. Angela Merkel war die erste Kanzlerkandidatin in Deutschland, und sie wurde die erste Bundeskanzlerin. Was es bedeutete und wie damit umzugehen wäre, dass zum ersten Mal eine Frau als Kanzlerkandidatin antrat, war dann auch eines der großen Themen im Wahlkampf. Das hat sich nicht zuletzt daran gezeigt, dass es Angela Merkel gegenüber Gerhard Schröder gelang, den Kanzlerbonus zu überwinden, und sie in den Medien mindestens so häufig genannt wurde wie der Amtsinhaber. Dass Merkel im Wahlkampf und erst recht dann, als sie das neue Amt antrat, stets „die Erste“ war und alles „zum ersten Mal“ tat, war zwar ohne Frage korrekt, verweist jedoch zugleich auf die ungewohnte Situation und damit darauf, dass Frauen in der großen Politik und in politischen Spitzenämtern bislang die Ausnahmerescheinung waren und hier eher fremd sind.
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Holtz-Bacha, C. (2008). Frauen, Politik, Medien: Ist die Macht nun weiblich?. In: Holtz-Bacha, C. (eds) Frauen, Politik und Medien. VS Verlag für Sozialwissenschaften. https://doi.org/10.1007/978-3-531-90963-9_1
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