Zusammenfassung
Das Heine-Jubiläumsjahr endete, wie es dramaturgisch nicht besser hätte inszeniert werden können, mit einem Paukenschlag: Wenige Tage vor dem 200. Geburtstag des Düsseldorfer Dichters geben Rechtsmediziner der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und der Georg-August-Universität Göttingen eine Mitteilung an die Presse: Die im Sommer 1997 in Auftrag gegebene Haaranalyse habe den erstaunlichen Befund ergeben, daß die untersuchte Haarprobe Heines mit einer im Verhältnis zur Norm bis zur 200fachen Menge von Blei belastet sei. Die ersten Folgerungen werden von den Medizinern gleich frei Haus mitgeliefert: Möglicherweise starb Heine an einer Bleivergiftung.
Preview
Unable to display preview. Download preview PDF.
Anmerkungen
Henner Montanus: Der kranke Heine. Stuttgart 1996.
Zum Vergleich: Im geometrischen Mittel wiesen 1990–1992 Erwachsene im Altersintervall von 25–69 Jahren einen Bleigehalt von 1.0 μg/g auf. (Michael Wilhelm/Helga Idel: Hair Analysis in Environmental Medicine. — In: Zentralblatt für Hygiene und Umweltmedizin 198 (1996), S. 495).
Deutsches Ärzteblatt 95, Heft 1–2, 5. Januar 1998 (41).
Alberto Destro. — In: DHA III, 853.
Rheinische Post, Nr. 287, Mittwoch, 10. Dezember 1997.
Jan-Christoph Hauschild/Michael Werner: Der Zweck des Lebens ist das Leben selbst: Heinrich Heine — eine Biographie. Köln 1997, S. 619–625.
Wilhelm/Idel [Anm. 2], S. 485.
Peter Neukirch: Blei in der Humantoxikologie: eine Literaturübersicht. München 1982. Univ. Diss., S. 75.
Vgl. hierzu instruktiv folgenden rezenten Beitrag: J. Thomas Hindmarsh/Philip F. Corso: The Death of Napoleon Bonaparte: A Critical Review of the Cause. — In: Journal of the History of Medicine and Allied Sciences 53 (1998), S. 201–218.
Vgl. Brief von Prof. Dr. Steffen Berg, em. o. Prof. f. Rechtsmedizin der Universität Göttingen, vom 4. Mai 1998 an das Heinrich-Heine-Institut Düsseldorf.
Wolfgang Forth: Allgemeine und spezielle Pharmakologie und Toxikologie für Studenten der Medizin. Mannheim 1987, S. 764.
Louis Tanquerel Des Planches: Traité des maladies de plomb ou saturnines suivi de l’indication des moyens qu’on doit employer pour se préserver de l’influence délétère des préparations de plomb. 2 Bde. Paris 1839; deutsch 2 Bde. Quedlimburg 1842; engl. Lowell 1848; Boston 1850.
Mathieu J. Orfila: Traité des poisons tirés des règnes minéral, végétal et animal ou toxicologie générale considérée sous les rapports de la physiologie, de la pathologie et de la médecine légale. Paris 1813–1815. Hier nach der Ubersetzung von Sigismund Friedrich Hermbstädt zitiert: Allgemeine Toxicologie oder Giftkunde, worin die Gifte des Mineral- Pflanzen- und Thierreichs, aus dem physiologischen, pathologischen und medizinisch-gerichtlichen Gesichtspunkt untersucht werden […] (Berlin 1818/19. Bde. I–IV). Bd. II, S. 265.
Albert Eulenburg: Real-Encyclopädie der gesammten Heilkunde. Wien und Leipzig 1894, S. 451.
Orfila [Anm. 13], Bd. II, S. 265. Mit Kataplasmen sind heiße Breiumschläge zur Schmerzlinderung beispielsweise bei Koliken gemeint.
Eulenburg [Anm. 14], S. 451
Hiermit ist das Brennen von bestimmten Hautarealen zur Steigerung der Abwehrreaktion gemeint.
Vgl. hierzu und im folgenden Forth [Anm. 11], S. 765; Neukirch [Anm. 8], S. 82–114; Gustav Kuschinsky/Heinz Lüllmann/Klaus Mohr: Kurzes Lehrbuch der Pharmakologie und Toxikologie. Stuttgart 1993.
Marie Lafarge wurde wegen des Verdachtes, ihren Mann vergiftet zu haben, im September 1840 der Prozeß gemacht. Der Indizienprozeß konnte über den Nachweis geführt werden, daß in der Leiche des Ehemannes noch Spuren von Arsen gefunden wurden. Das entscheidende Gutachten, das zur Verurteilung führte, wurde von Orfila vorgelegt, wenn auch nicht unwidersprochen durch ein Gegengutachten von François-Vincent Raspail.
Orfila [Anm. 13], Bd. II, S. 243–246 u. 264f.
Ebd., S. 256–269.
Ebd., S. 281–285.
Forth [Anm. 11], S. 766.
Moritz Heinrich Romberg: Lehrbuch der Nerven-Krankheiten des Menschen. Berlin 1851 Bde. 1 u. 2. Hier wird die 2. Auflage zugrunde gelegt, weil Heine die 3. Auflage nicht kennen konnte und weil die 1. Auflage in einem weitaus größeren Zeitabstand zu dem Datum der Erinnerung Alfred Meißners erschienen ist als die 2. Auflage.
Romberg [Anm. 24] Bd. II, S. 138–191.
Ebd., S. 151–157 (Bleilähmung) und S. 185–191 (Tabes).
Ebd., S. 185 ff.
Kaare Weismann: Neurosyphilis, or chronic heavy metal poisoning: Karen Blixen’s lifelong disease. — In: Sexually Transmitted Diseases 22 (3) (1995), S. 137–144.
Eulenburg [Anm. 14], S. 455.
In Platons Dialog »Phaidon« appelliert der sterbebereite Sokrates: »Kriton, wir schulden dem Asklepios einen Hahn; entrichtet ihm den und versäumt es nicht.«
Neukirch [Anm. 8], S. 83.
Hauschild/Werner [Anm. 6], S. 194ff.
Ebd.
Nach Julius Petersen ein auf Hippokrates zurückgehendes Heilmittel und Laxativum. (Julius Petersen: Hauptmomente in der geschichtlichen Entwicklung der Medizinischen Therapie. Kopenhagen 1877, S. 71).
Eulenburg [Anm. 14], S. 460 u. 482. Man hoffte, daß sich durch die Gabe von Jodkalium das Blei in Jodblei verwandle und dann ausgeschieden werden könne. Später hat man erkannt, daß das nicht der Fall ist.
Forth [Anm. 11], S. 530 u. Kuschinsky/Lüllmann/Mohr [Anm. 18], S. 269.
Romberg [Anm. 24], Bd. I, S. 319 u. Orfila [Anm. 13], Bd. II, S. 282 ff.
Eulenburg [Anm. 14], S. 460 u. 464.
Hier ist die Umrechnungstabelle von Ewalds »Handbuch« zugrunde gelegt, nach der für 1 Gran 0,0609 Gramm zu berechnen sind. (Carl Anton Ewald: Handbuch der allgemeinen und speciellen Arzneiverordnungslehre. Auf Grundlage der neuesten Pharmacopoen. 11. neu umgearbeitete u. vermehrte Auflage. Berlin 1887).
Forth [Anm. 11], S. 528.
Kuschinsky/Lüllmann/Mohr [Anm. 18], S. 267.
Ebd., S. 266.
Joseph Friedrich Sobernheim: Handbuch der praktischen Arzneimittellehre für angehende, praktische und Physikats-Ärzte, so wie als Leitfaden für den akademischen Unterricht. Berlin 1840. Hier 2. Teil, S. 17 u. 22.
Sobernheim [Anm. 43], Bd. II, S. 279.
Ebd., S. 281; Ewald [Anm. 39], S. 564ff. — Für Ackerknecht ist dies ein Ausdruck von »abstoßendem Arzneimittelmißbrauch« und »romantischer Polypharmazie« (Erwin Ackerknecht: Therapie von den Primitiven bis zum 20. Jahrhundert. Stuttgart 1970, S. 98).
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 1999 Springer-Verlag GmbH Deutschland
About this chapter
Cite this chapter
auf der Horst, C., Labisch, A. (1999). Heinrich Heine, der Verdacht einer Bleivergiftung und Heines Opium-Abusus. In: Kruse, J.A. (eds) Heine-Jahrbuch 1999. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-03788-6_6
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-476-03788-6_6
Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
Print ISBN: 978-3-476-01710-9
Online ISBN: 978-3-476-03788-6
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)