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Prof. Dr. med. E. Ernst Peninsular Medical School, University of Exeter/UK

_ Die Autoren trugen alle Fall-Kontroll-Studien zum Thema zusammen, beurteilten ihre methodische Qualität und unternahmen den Versuch, eine Synthese der Daten zu erstellen. Insgesamt fanden sich vier Untersuchungen, die den Einschlusskriterien entsprachen. Nur zwei davon waren von ausreichender Qualität. Eine dieser Studien sprach für und die andere gegen einen Kausalzusammenhang. Die Autoren folgern, dass verlässliche Evidenz weder für noch gegen die These existiert, dass zervikale Manipulationen einen Schlaganfall verursachen können.

Kommentar

Kaum ein Thema der Komplementärmedizin erregt die Gemüter mehr als dieses. Auf der einen Seite stehen Manualtherapeuten, die standhaft die Meinung vertreten, dass ihre Behandlungsformen harmlos sind. Auf der anderen Seite stehen Neurologen und andere Experten, die die Datenlage so einschätzen, dass zumindest Bedenken angebracht sind. Beide scheinen gute Argumente für ihre Thesen zu haben, sodass hier eigentlich nur aussagekräftige Forschung helfen kann.

Leider führt die vorliegende Analyse nur wenig weiter, denn die publizierten Fall-Kontroll-Studien ergeben eine fast klassische Patt-Situation. In dieser Lage wäre es hilfreich, auf andere Daten zurückzugreifen. Hätten die Autoren z. B. Fallberichte mit in Betracht gezogen, dann wäre das Bild wohl klarer geworden. Derzeit sind mehrere hundert Fälle publiziert, bei denen chiroparaktische Manipulationen der oberen Wirbelsäule zu sehr ernsten Zwischenfällen mit z. T. permanenten neurologischen Defiziten oder sogar zum Tod geführt haben. Natürlich sind solche Berichte nichts weiter als Anekdoten mit wenig Gewicht, in der Gesamtschau ergeben sie jedoch durchaus wertvolle Hinweise.

Wie immer die Diskussion um dieses Thema auch ausgehen mag, aus meiner Sicht steht bis zum Vorliegen wirklich überzeugender Daten eines fest: Therapeuten, die solche Therapien einsetzen, sollten ihre Patienten zumindest über das Risiko aufklären – und ich freue mich, dass auch die Autoren dieser Analyse diese Meinung deutlich vertreten.