Liebe Leserinnen und Leser,

ein Gespenst geht um in Controllerland — das Gespenst einer zunehmenden Standardisierung und — damit einhergehend — Industrialisierung von Controlling-Prozessen. Standardsoftware, Effizienzdruck und Globalisierung führen in größeren Unternehmen seit geraumer Zeit zur Reduktion regionaler und funktionaler Freiheitsgrade, die Zentralisierung und die Automatisierung von Prozessen folgen in aller Regel auf dem Fuße. Beide induzieren signifikante Effizienz- und vielfach auch sichtbare Qualitätsgewinne. Die Zeiten, in denen Shared Service und Outsourcing nur über „Labor Arbitrage“ argumentiert wurde, sind dabei genauso vorüber wie die Zeiten, in denen Shared Service nur eine Herausforderung für die Buchhaltung und die HR war. Zunehmend stehen die Kernprozesse des Controllings im Rampenlicht. Aber sind wirklich alle Controlling-Prozesse standardisierbar? Üblicherweise verspürt man beim Thema Industrialisierung des Controllings eher Zweifel: Ist das Aufgabenfeld des Controllers nicht Handwerk, das dem spezifischen Kontext von Funktion, Branche und Unternehmen, den spezifischen Anforderungen vor Ort gerecht werden muss? Steht das Controlling nicht zwingend für eine enge Interaktion zwischen Manager und Controller, die nur vor Ort möglich ist und Shared Service auch dann wenig sinnvoll erscheinen lässt, wenn eine gewisse Standardisierung möglich sein sollte?

Wir sind davon überzeugt, dass sowohl die Rolle des Business Partners als auch die des Polizisten — wir sprechen hier von Ergänzungs- und Begrenzungsaufgaben des Controllers — nur eingeschränkt standardisierbar sind. Hingegen gilt für die im Controller-Alltag häufig dominierenden Entlastungsaufgaben, dass offensichtlich doch mehr standardisiert werden kann, als von vielen Controllern bislang angenommen wurde. In einigen Beiträgen dieser Ausgabe und im Dialog mit Dr. Joachim Jäckle von der Henkel AG & Co. KGaA sehen Sie, wie Pionier-Unternehmen im Shared Service die Grenzen weiter ausloten und sich nicht mit einer zentralisierten Berichterstellung („Reporting Factory“) zufriedengeben. Wo die Grenze des ökonomisch Sinnvollen liegt und inwieweit die Zentralisierung nur eine Vorstufe für die Automatisierung von Controlling-Prozessen ist, vermag heute vermutlich niemand zu sagen. Sicher erscheint aber, dass ein Großteil der traditionellen Entlastungsaufgaben von Controllern von dieser Entwicklung nicht verschont bleiben wird. Über die Zeit wird dies nicht ohne Auswirkungen auf das Selbstverständnis unserer Disziplin sowie das Berufsbild und den Karriereweg eines Controllers bleiben.

Viel Spaß bei der Lektüre wünschen Ihnen

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