Die erziehungswissenschaftliche Diskussion zur Erwachsenen- und Weiterbildung ist – auch 40 Jahre nach ihrer Etablierung an Universitäten – noch auf der Suche nach einer angemessenen Bestimmung des Verhältnisses von Erwachsenenbildung und Forschung. Das betrifft u.A. die Frage, inwieweit eine theoretisch und methodisch organisierte Reflexion zugleich einer Programmatik der Bildung Erwachsener verpflichtet ist. Für die Entwicklung empirischer Forschung wirkt sich diese Konstellation – wie einer Reihe jüngerer Einführungen in die Erwachsenenbildung/Weiterbildung zu entnehmen ist – verzögernd aus. So schreibt Wittpoth (2003, S. 66): „Solche Art Forschung gewinnt in der Erwachsenenpädagogik erst allmählich an Bedeutung.“ Weisser (2002, S. 65) resümiert zum Stand der empirischen Forschung über Weiterbildung: „Doch den diesbezüglichen Bemühungen war es […] nicht beschieden, eine disziplinäre, an Inhalten und Methoden gebundene Fassung zu finden, die weithin anerkannt und respektiert würde.“ Kade et al. (1999, S. 63) konstatieren „(…) in den (erziehungs-)wissenschaftlichen Diskursen über das Lernen Erwachsener eine meist ungeklärte Beziehung zwischen einer pädagogisch-professionellen Perspektive und der stattgefundenen Versozialwissenschaftlichung des Denkens über das Lernen im Erwachsenenalter.“

In den über zehn Jahren seit dem ersten Erscheinen dieser Einführungen hat sich die Forschung über Weiterbildung weiter entwickelt. Neben einer Vielzahl meist kleinerer Projekte, die sich unmittelbar aus Feld- und Professionsbezügen ergeben, steigt inzwischen – wenn auch verhalten – die Zahl grundlagenorientierter Projekte, für die begutachtete Drittmittel bspw. der Deutschen Forschungsgemeinschaft eingeworben wurden. Bemerkenswert sind aber auch die interdisziplinären Entwicklungen in der Weiterbildungsforschung – insbesondere aus der Bildungssoziologie und der Bildungsökonomie gehen Impulse auf die Erforschung der Weiterbildungsbeteiligung mit large-scale-Datensätzen aus.

Im Themenschwerpunkt dieser Ausgabe der Zeitschrift für Erziehungswissenschaft werden jüngere Entwicklungen der Forschung zur Bildung Erwachsener vor dem Hintergrund der Diskussion um die empirische Bildungsforschung aufgegriffen. Ohne dass mit der empirischen Bildungsforschung ein konsistentes theoretisches oder methodisches Forschungsprogramm verbunden wäre, spiegelt die Diskussion ein Wissenschaftsverständnis, das mit den Anforderungen an Interdisziplinarität, methodischer Grundierung und Ausrichtung an theoriegeleiteten Fragen nach Voraussetzungen, Verläufen und Folgen formaler Bildungsbeteiligung umrissen ist. Der Feldbezug ergibt sich dabei weniger aus einer Übernahme von Fragen aus der Profession, sondern aus der Idee, von einer Beobachterperspektive, die Professionelle im Bildungssystem aus systematischen Gründen nicht einnehmen können, auf Bildungspraktiken bezogenes und damit praktisch relevantes Wissen bereit zu stellen.

Im einleitenden Stichwortartikel stellen Kuper und Schrader den durchaus noch als disparat zu bezeichnenden interdisziplinären Forschungsstand aus Studien dar, die Fragen der Wirkung von Weiterbildung adressieren bzw. Anschlüsse für entsprechende Studien bieten. Kaufmann und Widany greifen in ihrem Beitrag eine zentrale Unterscheidung der bildungssoziologischen Forschung zur Weiterbildung – die zwischen betrieblicher und beruflicher Bildung – auf und wenden sich in einer empirischen Analyse auf Grundlage der NEPS-Daten der theoretisch bereits diskutierten, empirisch aber bislang unbearbeiteten Frage zu, ob diese binäre Klassifikation angemessen ist. Rosenbladt und Lehmann berichten aus einer Panel-Studie zur Teilnahme an Alphabetisierungskursen. Die Befunde dieser Studie ruhen auf einer standardisierten Kompetenzmessung, einem Verfahren zur Messung von Wirkungen pädagogischer Maßnahmen, das in der Weiterbildungsforschung bislang kaum entwickelt ist. Goeze, Hetfleisch und Schrader nehmen Anregungen aus der Forschung zur Prozessqualität von Unterricht auf. Sie stellen die Ergebnisse einer experimentellen Interventionsstudie dar, in der nach den Wirkmechanismen der Arbeit mit Unterrichtsvideos für den Aufbau professioneller Kompetenzen bei Lehrkräften in der Erwachsenenbildung gefragt wird.

Die Beiträge zum Thementeilschwerpunkt finden eine Abrundung in den thematisch einschlägigen Rezensionen. Käpplinger bespricht jüngere Studien zur Weiterbildungsbeteiligung und Kade ergänzt das Themenspektrum mit der Besprechung einer Studie, die historisch und systematisch Individualitätskalküle in der Konstruktion von Karrieren behandelt.

Insgesamt zeigen die Beiträge ein Spektrum erziehungswissenschaftlich orientierter und empirisch fundierter Forschung zu den Voraussetzungen, Prozessmerkmalen und Wirkungen der Weiterbildung. Es umfasst die wichtigen Strukturelemente der Weiterbildungssegmente, der organisatorischen Einbettung von Weiterbildung und der Interaktionen in Lehr-Lernsettings der Weiterbildung. Darüber hinaus eint die hier präsentierten Beiträge der gemeinsame Bezug zur Einsicht Webers (1985, S. 151), dass „[e]ine empirische Wissenschaft […] niemanden zu lehren [vermag], was er soll, sondern nur, was er kann und – unter Umständen – was er will.“