Skip to main content
Log in

Vorsichtige Rechnungslegung und Informationsgehalt

Conservative accounting and information content

  • Forschung
  • Published:
Zeitschrift für Betriebswirtschaft Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Vor- und Nachteile vorsichtiger Rechnungslegung werden aktuell und kontrovers diskutiert. Dieser Beitrag formalisiert Vorsicht in einem Informationssystem. Es wird gezeigt, dass eine Erhöhung der Wahrscheinlichkeit des Eintretens ungünstiger Signale bei gleichbleibender Präzision deren Informationsgehalt verringert. Dadurch wird die Interpretation als vorsichtige und unvorsichtige Rechnungslegung z. T. ambivalent. Dies hat auch Konsequenzen für den Zusammenhang von Marktrenditen und Ergebnissen, die für eine empirische Schätzung herangezogen werden. Weiter wird anhand der Darstellung mehrerer ökonomischer Modelle aufgezeigt, warum verzerrte Rechnungslegung aus vielen Gründen vorteilhaft sein kann.

Abstract

This paper contributes to the current and controversial debate about costs and benefits of conservatism in financial reporting. It presents a formalization of conservatism of an information system and shows that, holding precision constant, an increase of the probability of bad signals reduces their information content. This can make the interpretation of bias as conservative or aggressive ambiguous. It has also consequences for the association of market returns and earnings, which is used in empirical estimates of accounting conservatism. The paper discusses several models that show economic benefits of conservatism.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this article

Price excludes VAT (USA)
Tax calculation will be finalised during checkout.

Instant access to the full article PDF.

Abb. 1
Abb. 2
Abb. 3
Abb. 4
Abb. 5

Notes

  1. IASB Framework, F.37; FASB Conceptual Framework, CON 2.91 ff.

  2. Auch das BilMoG reduzierte die Vorsicht in der deutschen Rechnungslegung.

  3. Vgl. z. B. Givoly und Hayn (2000); Giner und Rees (2001); García Lara und Mora (2004); Gassen et al. (2006). Siehe auch die Überblicksbeiträge in Ryan (2006); Fülbier et al. (2008).

  4. So etwa Barth (2008, S. 1167).

  5. Vgl. z. B. Watts (2003a).

  6. Beispielsweise sehen Dickhaut et al. (2010), insbes. S. 243 f., eine Parallele von Vorsicht und Gehirnprozessen bei Menschen, weil psychologische und neuerdings auch neuroökonomische Forschung zeigt, dass das Gehirn Gewinne und Verluste in unterschiedlichen Gehirnregionen verarbeitet.

  7. Das Basismodell findet sich z. B. in Gigler und Hemmer (2001) oder in Göx und Wagenhofer (2010). Dieses Modell wird hier um das zusätzliche Ereignis erweitert, dass keine Information vorhanden ist.

  8. Die Ungleichheitsrelationen gelten nur für Pr(y L ) ¹ 0 bzw Pr(y H ) ¹ 0. Pr(y L ) = 0 oder Pr(y H ) = 0 können nur bei F = 1 auftreten.

  9. Vgl. auch Gigler et al. (2009).

  10. Gigler et al. (2009, S. 780), nehmen weiter an, dass die Monotone Likelihood Ratio Property gilt, dh φ x/φ steigt in y für gegebenes δ.

  11. Vgl. Watts (2003a).

  12. Vgl. z. B. Gigler und Hemmer (2001), Gigler et al. (2009).

  13. Vgl. Schneider (1997, S. 105).

  14. Vgl. z. B. Wagenhofer (2005).

  15. Vgl. bereits Basu (1997), Beaver und Ryan (2005). Bei manchen Bilanzierungs- und Bewertungsregeln können beide Arten von Vorsicht auftreten. Vgl. auch Fülbier et al. (2008, S. 1324 f.)

  16. In der kontinuierlichen Struktur mit der Definition von Gigler et al. (2009, S. 785 f.), kann unbedingte Vorsicht jedoch einen gewissen Informationsgehalt haben.

  17. Vgl. z. B. Watts (2003b), Fülbier et al. (2008).

  18. Vgl. z. B. Dietrich et al. (2007); Givoly et al. (2007); Ryan (2006). Callen et al. (2010) nehmen an, dass die Rechnungslegung wie auch weitere Informationen für die Bildung der Marktpreise Verwendung finden und dass erst beide gemeinsam zu der beobachteten Nichtlinearität des Zusammenhangs von Ergebnissen und Marktrenditen führen.

  19. Ball und Shivakumar (2008) finden allerdings, dass Ergebnisinformationen keinen großen Effekt auf Marktrenditen haben.

  20. Interessanterweise verwendet Basu (1997, S. 10), wie viele andere nachfolgende Studien, zur Ermittlung der Marktrendite die Preise von neun Monaten vor und drei Monaten nach dem Bilanzstichtag. Der Grund dafür ist, dass die Veröffentlichung des Jahresabschlusses für das Vorjahr nicht in den Zeitraum für die Marktrenditeberechnung fällt. Allerdings fällt damit der Jahresabschluss des betreffenden Untersuchungsjahres in den Zeitraum, und dies ist mit der Annahme, dass sich der Marktpreis ohne die Information der Rechnungslegung bildet, nicht konsistent. Des Weiteren können in den drei ersten Monaten des nächsten Geschäftsjahres wertbegründende Ereignisse stattfinden, die in der Rechnungslegung noch gar nicht berücksichtigt werden dürfen. Die empirischen Ergebnisse sind aber i. d. R. robust gegenüber dem genauen Zeitraum.

  21. Gigler et al. (2009, S. 793–796), geben ein ähnliches Beispiel für drei Signale.

  22. Guay und Verrecchia (2006) geben ein Beispiel für einen ähnlichen geknickten Verlauf bei Zulassung von Bilanzpolitik.

  23. Ein Beispiel ist Ball und Shivakumar (2005). Vgl. zur Messung von Ergebnisqualität z. B. Wagenhofer und Dücker (2007, S. 278 f.).

  24. Der Knick verschwindet allgemein dann, wenn die Wahrscheinlichkeit für das Eintreten eines ungünstigen Signals derjenigen eines günstigen Signals entspricht, dh Pr(y L ) = Pr(y H ). Dies ist dann der Fall, wenn f 1 = 1/2 + qF und f 2 = 1/2 + (1 − q)F eine zulässige Lösung ergibt.

  25. Vgl. Guay und Verrecchia (2006, S. 151).

  26. Vgl. dazu Arya et al. (1998).

  27. In den Diskussionen um das Conceptual Framework gewann man öfter den Eindruck, dass das IASB und das FASB solche Aspekte nicht berücksichtigten. Denn dieses berücksichtigt Anreize und deren Gegensteuerung nicht.

  28. Vgl. z. B. Antle und Nalebuff (1991).

  29. Diese Begründung erfordert die Annahme, dass die Erfassung von Information Kosten verursacht; sonst wäre schwer begründbar, warum nur Verluste, nicht aber auch Gewinne erfasst werden. Vgl. Guay und Verrecchia (2006, S. 156 f.).

  30. Eine öfter benutzte Differenzierung in Situationen mit und ohne Vertrag ist nicht zielführend, da alle Ressourcenallokationsentscheidungen letztlich Verträge umfassen.

  31. Demski et al. (2009) zeigen in einem Modell mit adverser Selektion am Markt für Investitionsgüter, dass außerplanmäßige Abschreibungen unter bestimmten Umständen optimal sein können.

  32. Ball et al. (2008) zeigen, dass der Grad der Vorsicht mit der Größe des Fremdkapitalmarkts steigt, aber von der Größe des Eigenkapitalmarkts unabhängig ist. Daraus schließen sie, dass Vorsicht eine nachgefragte Eigenschaft der Rechnungslegung für Kreditverträge ist. Dies impliziert, dass die Vertragskosten hoch sind.

  33. Beatty et al. (2008) finden, dass Covenants in Kreditverträgen, die bestimmte vorsichtige Anpassungen (sogenannte income escalators) vornehmen, und vorsichtige Rechnungslegung positiv korreliert sind. Daraus ist zu schließen, dass vertragliche Anpassungen alleine nicht effizient sind. Vgl. auch Armstrong et al. (2010) mit einem Überblick.

Literatur

  • Antle R, Nalebuff B (1991) Conservatism and auditor-client negotiations. J Acc Res 29(Suppl):31–54

    Article  Google Scholar 

  • Armstrong CS, Guay WR, Weber JP (2010) The role of information and financial reporting in corporate governance and debt contracting. J Acc Econ 50:179–234

    Article  Google Scholar 

  • Arya A, Glover J, Sunder S (1998) Earnings management and the revelation principle. Rev Acc Stud 3:7–34

    Article  Google Scholar 

  • Ball R, Robin A, Sadka G (2008) Is financial reporting shaped by equity markets or by debt markets? An international study of timeliness and conservatism. Rev Acc Stud 13:168–205

    Article  Google Scholar 

  • Ball R, Shivakumar L (2005) Earnings quality in UK private firms: comparative loss recognition timeliness. J Acc Econ 39:83–128

    Article  Google Scholar 

  • Ball R, Shivakumar L (2008) How much new information is there in earnings? J Acc Res 46:975–1016

    Article  Google Scholar 

  • Barth ME (2008) Global financial reporting: implications for U.S. academics. Acc Rev 83:1159–1179

    Article  Google Scholar 

  • Basu S (1997) The conservatism principle and the asymmetric timeliness of earnings. J Acc Econ 24:3–37

    Article  Google Scholar 

  • Beatty A, Weber J, Yu JJ (2008) Conservatism and debt. J Acc Econ 45:154–174

    Article  Google Scholar 

  • Beaver WH, Ryan SG (2005) Conditional and unconditional conservatism: concepts and modeling. Rev Acc Stud 10:269–309

    Article  Google Scholar 

  • Callen JL, Segal D, Hope O-K (2010) The pricing of conservative accounting and the measurement of conservatism at the firm-year level. Rev Acc Stud 15:145–178

    Article  Google Scholar 

  • Caskey J, Hughes J (2008) Efficiency properties of impairment accounting in debt contracting. Working paper, November

  • Chen Q, Hemmer T, Zhang Y (2007) On the relation between conservatism in accounting standards and incentives for earnings management. J Acc Res 45:541–565

    Article  Google Scholar 

  • Chen Q, Mittendorf B, Zhang Y (2010) Endogenous accounting bias when decision making and control interact. Contemporary Acc Res 27:1063–1091

    Article  Google Scholar 

  • Demski JS, Lin H, Sappington DEM (2009) Asset revaluation regulations. Contemporary Acc Res 26:843–865

    Article  Google Scholar 

  • Dickhaut J, Basu S, McCabe K, Waymire G (2010) Neuroaccounting: consilience between the biologically evolved brain and culturally evolved accounting principles. Acc Horiz 24:221–255

    Article  Google Scholar 

  • Dietrich JR, Muller III KA, Riedl EJ (2007) Asymmetric timeliness tests of accounting conservatism. Rev Acc Stud 12:95–124

    Article  Google Scholar 

  • Fülbier RU, Gassen J, Sellhorn T (2008) Vorsichtige Rechnungslegung: Theoretische Erklärung und empirische Evidenz. Z Betriebswirtschaft 78:1317–1342

    Article  Google Scholar 

  • García Lara JM, Mora A (2004) Balance sheets versus earnings conservatism in Europe. Eur Acc Rev 13:261–292

  • Gassen J, Fülbier RU, Sellhorn T (2006) International differences in conditional conservatism – the role of unconditional conservatism and income smoothing. Eur Acc Rev 15:527–564

    Article  Google Scholar 

  • Gigler FB, Hemmer T (2001) Conservatism, optimal disclosure policy, and the timeliness of financial reports. Acc Rev 76:471–493

    Article  Google Scholar 

  • Gigler F, Kanodia C, Sapra H, Venugopalan R (2009) Accounting conservatism and the efficiency of debt contracts. J Acc Res 47:767–797

    Article  Google Scholar 

  • Giner B, Rees W (2001) On the asymmetric recognition of good and bad news in France, Germany and the United Kingdom. J Bus Fin Acc 28:1285–1331

    Google Scholar 

  • Givoly D, Hayn C (2000) The changing time-series properties of earnings, cash flows, and accruals: has financial reporting become more conservative? J Acc Econ 29:287–320

    Article  Google Scholar 

  • Givoly D, Hayn CK, Natarajan A (2007) Measuring reporting conservatism. Acc Rev 82:65–106

    Article  Google Scholar 

  • Göx RF, Wagenhofer A (2009) Optimal impairment rules. J Acc Econ 48:2–16

    Article  Google Scholar 

  • Göx RF, Wagenhofer A (2010) Optimal precision of accounting information in debt financing. Eur Acc Rev 19:579–602

    Article  Google Scholar 

  • Guay W, Verrecchia R (2006) Discussion of an economic framework for conservative accounting and Bushman and Piotroski. J Acc Econ 42:149–165

    Article  Google Scholar 

  • IASB (2010) The conceptual framework for financial reporting 2010. IFRS Foundation, London

    Google Scholar 

  • Kwon YK, Newman DP, Suh YS (2001) The demand for accounting conservatism for management control. Rev Acc Stud 6:29–51

    Article  Google Scholar 

  • Li J (2009) Accounting conservatism and debt contracts: efficient liquidation and covenant renegotiation. Working paper, January

  • Ryan SG (2006) Identifying conditional conservatism. Eur Acc Rev 15:511–525

    Article  Google Scholar 

  • Schneider D (1997) Betriebswirtschaftslehre, Band 2: Rechnungswesen. 2. Auflage, Oldenbourg, München, Wien

  • Wagenhofer A (1996) Vorsichtsprinzip und Managementanreize. Z Betriebswirtschaftliche Forsch 48:1051–1074

    Google Scholar 

  • Wagenhofer A (2005) Bilanzielle Vorsicht und Informationsgehalt der Rechnungslegung. In Schneider D, Rückle D, Küpper H-U, Wagner FW (Hrsg) Kritisches zu Rechnungslegung und Unternehmensbesteuerung. Duncker & Humblot, Berlin, S. 227–248

    Google Scholar 

  • Wagenhofer A, Dücker H (2007) Die Messung von „Earnings“-Qualität. Z Betriebswirtschaft 57:263–297

    Article  Google Scholar 

  • Watts RL (2003a) Conservatism in accounting, Part I: explanations and implications. Acc Horiz 17:207–221

    Article  Google Scholar 

  • Watts RL (2003b) Conservatism in accounting, Part II: evidence and research opportunities. Acc Horiz 17:287–301

    Article  Google Scholar 

Download references

Danksagung

Dieser Beitrag basiert auf einem Vortrag an der NRW Akademie der Wissenschaften und der Künste. Für wertvolle Hinweise danke ich zwei Gutachtern, Mag. Marina Ebner, Prof. Dr. Ralf Ewert, Prof. Dr. Robert Göx und Mag. David Windisch.

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Alfred Wagenhofer.

Rights and permissions

Reprints and permissions

About this article

Cite this article

Wagenhofer, A. Vorsichtige Rechnungslegung und Informationsgehalt. Z Betriebswirtsch 82, 1367–1387 (2012). https://doi.org/10.1007/s11573-012-0637-1

Download citation

  • Received:

  • Published:

  • Issue Date:

  • DOI: https://doi.org/10.1007/s11573-012-0637-1

Schlüsselwörter

Keywords

JEL Classification

Navigation