Einleitung

Für eine erfolgreiche Peritonealdialyse (PD) ist die Verwendung von Glukoselösungen nach wie vor ein wichtiges Standbein. Konventionelle laktathaltige Glukoselösungen haben einen pH-Wert von 5,0–5,5, da sie hitzesterilisiert werden. Dabei entstehen toxische Glukosedegradationsprodukte (GDP). Die Produktion dieser GDP ist aber bei niedrigerem pH-Wert geringer. GDP wirken lokal toxisch (Zelltoxizität, Ablagerungen von AGE [„advanced glycosylation end products“] in der Peritonealmembran), nach Resorption aber auch systemisch toxisch. Glukose ist ein kleines Molekül und wird deshalb gut peritoneal resorbiert. Das führt zu einer Verminderung der peritonealen Ultrafiltration (UF), vor allem bei längeren intraperitonealen Verweilzeiten und Patienten mit hohen peritonealen Transportraten. Die aus den PD-Lösungen absorbierte Glukose kann außerdem negative metabolische Effekte hervorrufen (Gewichtszunahme, gestörte Glukosetoleranz, Lipidstoffwechselstörungen). Weiterentwicklungen der PD-Lösungen in den letzten beiden Jahrzehnten haben sich deshalb einerseits auf eine bessere Biokompatbilität und andererseits auf die Entwicklung eines optimaleren osmotischen Agens (Icodextrin, Aminosäuren) konzentriert.

Glukoselösungen mit niedrigerer GDP-Konzentration

Biokompatiblere PD-Lösungen werden in Zweikompartimentbeuteln produziert. In einem Kompartiment befindet sich Glukose, im anderen der Puffer (Laktat, Bikarbonat oder eine Kombination aus beiden Puffern). Das Glukosekompartiment hat einen niedrigen pH-Wert, sodass bei der Hitzesterilisation nur wenige GDP entstehen. Das Kompartiment, das den Puffer enthält, hat einen deutlich höheren pH-Wert. Der Patient vermischt vor der intraperitonealen Instillation die beiden Kompartimente. Allen Lösungen ist gemeinsam, dass dadurch eine PD-Lösung mit einer im Vergleich zu konventionellen Glukoselösungen niedrigeren GDP-Konzentration entsteht („Low-GDP“-Lösungen). Davon abgesehen, unterscheiden sich aber die Produkte der verschiedenen Anbieter doch erheblich aufgrund der unterschiedlichen GDP-Konzentration, des unterschiedlichen pH-Werts und auch der unterschiedlichen Puffer. Für den praktischen Gebrauch, aber auch für die Interpretation von klinischen Studien ist es daher wichtig, dass die Gruppe der „Low-GDP“-Lösungen eine heterogene Gruppe von Arzneispezialitäten darstellt. „Low-GDP“-Lösungen werden in manchen Regionen ausschließlich verwendet, während sie aber in anderen Ländern gar nicht erhältlich sind.

Bessere Biokompatibilität – längerer Erhalt der Peritonealmembran?

In frühen Studien konnte gezeigt werden, dass in vitro die Exposition von Granulozyten, Makrophagen und Mesothelzellen mit „Low-GDP“-Lösung versus konventionellen Lösungen zu einer erhöhten Produktion verschiedener Zytokine führt. Dies wird als Ausdruck der besseren Biokompatibilität dieser neueren Lösungen interpretiert. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass bei Patienten, die „Low-GDP“-Lösungen verwenden, eine erhöhte Dialysat-CA-125-Konzentration (als Maß für einen besseren Erhalt des Mesothels) nachweisbar ist als bei Therapie mit konventionellen PD-Lösungen. Die Transformation von epithelialen zu mesenchymalen peritonealen Zellen (ein Schlüsselprozess in der Entwicklung morphologischer Schäden des Peritoneums) wird durch Verwendung von „Low-GDP“-Lösungen im Vergleich zu konventionellen Lösungen deutlich reduziert [1]. Interessanterweise zeigen sowohl die klinische Erfahrung als auch Studien, dass die peritoneale UF unmittelbar nach Wechsel von einer konventionellen zu einer „Low-GDP“-Lösung rückläufig ist (in einem Teil der Studien assoziiert mit einem Anstieg der peritonealen Transportraten). Dieser Veränderung liegt wahrscheinlich ein vaskulärer Effekt zugrunde [25]. Langfristig sollten durch die Verwendung biokompatiblerer Lösungen die peritoneale Funktion und Morphologie besser erhalten bleiben. Dies wird im Moment aber nur durch wenige Studien eindeutig bestätigt. Die randomisierte balANZ-Studie [16] konnte allerdings zeigen, dass bei Patienten, die eine „Low-GDP“-Lösung verwendet haben, im Gegensatz zu jenen Patienten, die mit einer konventionellen PD-Lösung dialysiert haben, ein Anstieg der peritonealen UF (allerdings kein primärer Endpunkt) über 2 Jahre nachweisbar war. Mehrere klinische Studien berichteten, dass in Peritonealbiopsien von Patienten, die „Low-GDP“-Lösungen verwendet haben, ein geringeres Ausmaß an vaskulärer Hyalinisierung und Mesothelzellschädigung sowie signifikant weniger Ablagerungen von AGE nachweisbar waren [9, 13]. Auch wenn es sich um nichtrandomisierte Arbeiten mit geringer Anzahl untersuchter Patienten handelt, sind diese Ergebnisse doch interessant. Ausdruck einer besseren Biokompatibilität von PD-Lösungen könnte auch eine bessere Peritonitisrate sein. Auch hier liefern klinische Studien unterschiedliche Ergebnisse [15, 32, 34]. Großteils fand sich allerdings keine Verbesserung der Peritonitisrate. Rezente Metaanalysen zeigen keinen signifikanten Effekt von „Low-GDP“-Lösungen auf die peritoneale UF oder die Peritonitisrate [4, 42]. Möglicherweise war die Beobachtungszeit in diesen Studien aber noch zu kurz, um letztere Punkte definitiv zu beantworten.

Systemische Effekte von „Low-GDP“-Lösungen?

Da GDP peritoneal resorbiert werden, ist klinisch interessant, ob „Low-GDP“-Lösungen auch positive systemische Effekte erzielen. In-vitro-Studien zeigen, dass nach Exposition mit GDP die Apoptose von renalen Tubuluszellen aggraviert wird [18]. Nach Infusion einer GDP-Lösung in Ratten nach subtotaler Nephrektomie sind vermehrt interstitielle und glomeruläre renale Schäden nachweisbar [26]. Klinische Ergebnisse, die den Effekt von „Low-GDP“-Lösungen auf die Nierenrestfunktion beschreiben, zeigten allerdings unterschiedliche Ergebnisse. Während einige Studien keinerlei Effekt nachweisen konnten [11], zeigten andere Studien einen langsameren Rückgang der Nierenrestfunktion [12, 32]. In der bisher größten publizierten Arbeit, der balANZ-Studie, fand sich bei PD-Patienten, die „Low-GDP“-Lösungen verwendet haben, ein nichtsignifikanter Trend zu einem langsameren Abfall der glomerulären Filtrationsrate (p = 0,06; [15]). Allerdings war die Zeit bis zur Anurie bei Patienten, die mit konventioneller Lösung behandelt wurden, signifikant kürzer als bei Patienten in der „Low-GDP“-Gruppe. Die unterschiedlichen Ergebnisse in diversen Studien (auch was die peritoneale UF und die Peritonitisrate betrifft) könnten mit dem oben erwähnten Aspekt zusammenhängen, dass es sich bei „Low-GDP“-Lösungen um eine heterogene Gruppe von Produkten handelt (unterschiedliche Puffer, unterschiedlicher pH-Wert, unterschiedlicher GDP-Gehalt). Zwei rezente Metaanalysen bestätigen einen positiven Effekt von „Low-GDP“-Lösungen auf die Nierenrestfunktion von PD-Patienten [6, 42]. In einem Übersichtartikel analysiert Davies allerdings, dass in allen klinischen Arbeiten, die nach Verwendung von „Low-GDP“-Lösungen eine Verbesserung der Nierenrestfunktion beschreiben, gleichzeitig auch ein Rückgang der peritonealen UF nachweisbar war [7]. Er stellt in dem Artikel die entscheidende Frage, ob der günstige Einfluss dieser Lösungen auf die Diurese der PD-Patienten vielleicht weniger mit dem niedrigeren GDP-Gehalt, sondern viel mehr damit zusammenhängt, dass diese Patienten in einem höheren Ausmaß überwässert waren. Tatsächlich konnten klinische Arbeiten mit Hilfe der Bioimpedanzspektroskopie feststellen, dass Patienten, die „Low-GDP“-Lösungen verwenden, einen höheren Körperwassergehalt hatten als jene, die konventionelle Lösungen benutzt haben [36]. Die Ergebnisse sind eingeschränkt beurteilbar, da es sich um nichtrandomisierte Studien handelt und die Patientengruppen nicht sicher vergleichbar waren. Dennoch sollte berücksichtigt werden, dass vor allem bei einem Wechsel von konventionellen zu biokompatiblen PD-Lösungen der Wasserhaushalt der Patienten entsprechend überwacht werden muss. In rezenten Metaanalysen fand sich zwar ein positiver Effekt von „Low-GDP“-Lösungen auf die Nierenrestfunktion, aber kein signifikanter Effekt auf harte Endpunkte wie Patientenüberleben oder technisches Überleben [4].

Icodextrinhaltige Lösungen

Icodextrin wird aus Maisstärke gewonnen und besteht aus Oligo- und Polysachariden mit einem durchschnittlichen Molekulargewicht von 17 kD. Die Lösung ist zwar isoosmolar und enthält eine geringere Konzentration an GDP, hat aber auch einen pH-Wert von 5,0–5,5. Die Biokompatibilität ist somit nicht optimal.

Einfluss von Icodextrin auf den Natrium- und Wasserhaushalt

Rezente Studien und Metaanalysen zeigen, dass die Gabe von icodextrinhaltiger PD-Lösung 1‑mal täglich in einer langen intraperitonealen Dialysatverweilzeit an der kontinuierlichen ambulanten (CAPD) oder automatisierten PD (APD) im Vergleich zu glukosehaltiger Lösung zu einer besseren peritonealen UF und einem günstigen Einfluss auf den Körperwassergehalt führt [27, 29, 33]. Dabei kann gleichzeitig die Glukosezufuhr reduziert werden. Trotz besserer UF durch icodextrinhaltige Lösungen ist die Nierenrestfunktion nicht stärker rückläufig als bei Verwendung von Glukoselösungen. Ein Grund könnte sein, dass osmotisch aktive Icodextrinspaltprodukte nach peritonealer Resorption die intravasale Hypovolämie verhindern, die bei Verwendung glukosehaltiger Lösungen auftreten kann. Der positive Effekt auf die UF ist auch bei Patienten mit Peritonitis nachweisbar. Icodextrin kann daher in dieser Situation ohne Bedenken eingesetzt werden.

Icodextrin führt zu einer besseren Natriumelimination als Glukoselösungen

Icodextrin führt zu einer besseren Natriumelimination als Glukoselösungen [30], da bei intraperitonealer Gabe die UF über die kleinen Poren der Peritonealmembran (und nicht über die Aquaporine) stattfindet und somit im Gegensatz zu Glukoselösungen kein Natriumsiebeffekt auftritt. Außerdem wird bei Steigerung der peritonealen UF entsprechend mehr Natrium eliminiert. Icodextrinhaltige Lösung sollte daher vor allem bei PD-Patienten mit deutlich eingeschränkter Nierenrestfunktion eingesetzt werden.

Glukosesparender Effekt durch Icodextrin?

In den letzten Jahren wurde zunehmend der glukosesparende Effekt icodextrinhaltiger Lösungen diskutiert. Eine kleine randomisierte Studie zeigte bei diabetischen PD-Patienten, die 1‑mal täglich Icodextrin verwendet haben, im Vergleich zu jenen, die ausschließlich mit Glukoselösungen dialysiert wurden, signifikant niedrigere HbA1c-Werte sowie signifikant niedrigere Serumtriglyzeridkonzentrationen [27]. Die Frage, ob glukosefreie PD-Lösungen einen metabolischen Effekt haben könnten, wurde auch von der IMPENDIA/EDEN-Studie untersucht [22]. In dieser randomisierten Studie wurden diabetische PD-Patienten, die mit einer Kombination aus Glukoselösungen (konventionell oder „low GDP“), Aminosäurenlösungen und icodextrinhaltiger Lösung dialysiert wurden, mit einer anderen Gruppe, die ausschließlich mit konventionellen glukosehaltigen PD-Lösungen behandelt wurden, untersucht. Der HbA1c-Wert (primärer Endpunkt) war nach 6 Monaten in der Interventionsgruppe signifikant (um durchschnittlich 0,5 %) niedriger als in der Kontrollgruppe. Interessanterweise war in der Interventionsgruppe auch das Serumalbumin signifikant rückläufig. Obwohl die Ursache unklar ist, könnte es sein, dass die Patienten in der Interventionsgruppe etwas mehr überwässert waren als jene in der Kontrollgruppe. Die Studie weist auch einige methodologische Probleme auf; z. B. wurden in der Interventionsgruppe 4 verschiedene PD-Lösungen verwendet. Der Effekt der einzelnen Lösung auf die metabolische Situation bleibt somit unklar. Auch nichtrandomisierte Studien beschreiben bei Verwendung von Icodextrin einen günstigen Einfluss auf den Lipidstatus und die Körperfettmasse von PD-Patienten [3]. Die randomisierte STARCH-Studie kam zu dem Ergebnis, dass auch bei nichtdiabetischen APD-Patienten die Verwendung von icodextrinhaltiger PD-Lösung im Vergleich zu Glukoselösung die Insulinresistenz verbessert [8].

Andere Anwendungen von icodextrinhaltigen PD-Lösungen

Icodextrinhaltige Lösungen können bei guter Nierenrestfunktion auch als Monotherapie (z. B. 1 Verweilzeit/Nacht) angewendet werden, z. B. bei inkrementeller PD oder bei Patienten mit therapierefraktärer Herzinsuffizienz und Überwässerung. Zukünftig interessant ist auch die Verwendung von icodextrinhaltiger PD-Lösung 2‑mal täglich (als Teil einer CAPD-Therapie oder 2 Tagesverweilzeiten bei APD-Patienten). Obwohl Icodextrin für diese Anwendung nicht zugelassen ist, zeigen einige kleinere klinische Studien, dass die peritoneale UF und die Natriumelimination weiter verbessert werden können, ohne dass nennenswerte Nebenwirkungen auftreten [10]. Icodextrin 2‑mal/Tag über jeweils 12 h ohne zusätzliche Glukoselösungen könnte gelegentlich bei Patienten mit Herzinsuffizienz, die oft eine gute Nierenrestfunktion (Clearance-Leistung) haben, oder bei älteren Patienten mit signifikanter Komorbidität angewendet werden. Bei diesen Patienten steht oft die Verbesserung der Lebensqualität, nicht aber die Verlängerung der Überlebenszeit im Vordergrund. Immer müssen jedoch Nutzen und Risiko gegeneinander abgewogen und das Einverständnis des Patienten eingeholt werden.

Nebeneffekte von Icodextrin

Bei Verwendung von icodextrinhaltiger PD-Lösung kann eine Hyponatriämie auftreten (wahrscheinlich ein Verdünnungseffekt durch die osmotische Wirkung intravasaler Icodextrinspaltprodukte). Diese ist üblicherweise mild. Schwere symptomatische Hyponatriämien sind jedoch in Situationen beschrieben, in denen noch eine andere verursachende Noxe vorliegt (z. B. schwere Hyperglykämie). Praktisch wichtig ist die Interferenz von Icodextrin mit Laboruntersuchungen. So kann bei Verwendung der Glukosehydrogenasemethode bei mit Icodextrin behandelten Patienten eine Fehleinschätzung des Blutzuckers (etwa 50–60 mg/dl zu hoch) auftreten. Amylase wird falsch-niedrig gemessen. Selten tritt durch die Anwendung von Icodextrin ein Exanthem auf. Die Häufigkeit der bakteriellen Peritonitis, aber auch der sterilen Peritonitis ist allerdings bei icodextrinbehandelten Patienten nicht häufiger als bei jenen, die nur mit Glukoselösungen behandelt werden [41].

Bei Verwendung von icodextrinhaltiger PD-Lösung können Interferenzen mit der Blutzuckermessung auftreten

Da in zahlreichen klinischen Studien sowohl ein adäquater Flüssigkeitsentzug als auch eine gut erhaltene Nierenrestfunktion mit dem Patientenüberleben korrelieren, ist die Frage entscheidend, inwieweit die Verwendung icodextrinhaltiger PD-Lösung harte Endpunkte beeinflusst. Während einige klinische Studien tatsächlich einen günstigen Einfluss auf das technische Überleben oder Patientenüberleben zeigten [14, 37], konnte dies in einer rezenten Metaanalyse nicht bestätigt werden [5].

Aminosäurelösungen

Einfluss von Aminosäurelösungen auf den Ernährungsstatus

Aminosäurelösungen enthalten anstelle von Glukose als osmotisches Agens eine Kombination aus 15 Aminosäuren. Diese 1,1 %ige Lösung hat einen ähnlichen osmotischen Effekt wie 1,36 %ige Glukoselösung. Aminosäurelösungen sind primär entwickelt worden, um den Ernährungszustand der PD-Patienten zu verbessern. Ein Vorteil ist, dass durch diese Dialyselösungen eine positive Proteinbilanz erzielt werden kann, ohne dass gleichzeitig Phosphat zugeführt wird. Tatsächlich beschrieben frühe klinische Studien bei Verwendung dieser PD-Lösung über einen Anstieg von Serumalbumin, Serumpräalbumin, Serumtransferrin und IGF („insulin-like growth factor“)-1 (als Ausdruck einer anabolen Reaktion) sowie über Gewichtszunahmen [17]. Andere Studien konnten allerdings keinen günstigen Einfluss von Aminosäurelösungen auf den Ernährungsstatus von PD-Patienten finden [24]. Nur eine randomisierte Studie hat den Effekt einer Aminosäurelösung im Langzeitverlauf (über 3 Jahre) an einer kleinen Patientenzahl untersucht [21]. Dabei konnte gezeigt werden, dass die „lean body mass“ stabil gehalten werden konnte, während sie bei ausschließlicher Verwendung von Glukoselösungen während der Beobachtungszeit abnahm. Andere Ernährungsparameter waren zwischen den beiden Gruppen nicht unterschiedlich. Interessanterweise war der positive Effekt auf die fettfreie Körpermasse vor allem bei weiblichen PD-Patienten nachweisbar. Für den nicht durchgehend überzeugenden Effekt der Aminosäurelösungen bei PD-Patienten können mehrere Gründe angeführt werden:

  1. 1.

    Die hochdosierte Verwendung von Aminosäurelösungen kann zu einem Anstieg des Serumharnstoffs und, obwohl die Zusammensetzung der Lösung im Lauf der Zeit geändert wurde, auch zu einer metabolischen Azidose führen. Beide Nebeneffekte würden aber dem positiven Einfluss auf den Ernährungsstatus entgegenwirken. Daher können Aminosäurelösungen nur 1‑mal (maximal 2‑mal) pro Tag verwendet werden. Bei ausgeprägter Mangelernährung ist nicht zu erwarten, dass der klinische Effekt dann sehr ausgeprägt ist.

  2. 2.

    Aminosäurelösungen haben nur einen anabolen Effekt, wenn sie gleichzeitig mit „Nichtproteinkalorien“ verabreicht werden. Daher ist es wichtig, bei CAPD-Patienten die Aminosäurelösung intraperitoneal zu instillieren, wenn in derselben Verweilzeit auch eine Mahlzeit eingenommen wird (z. B. mittags). Dies wurde nicht in allen Studien berücksichtigt. Bei APD-Patienten hat eine Kombination aus Aminosäurelösungen und Glukoselösungen (= „Nichtproteinkalorien“) an der Cycler-Therapie in klinischen Studien zu einer positiven Stickstoffbilanz geführt [39].

  3. 3.

    Die Mangelernährung ist bei PD-Patienten ein komplexes Krankheitsbild. Stenvinkel et al. haben 2 Typen von Mangelernährung unterschieden [35], was mit Sicherheit eine starke Vereinfachung der klinischen Situationen darstellt: Typ 1 ist eine eher unkomplizierte Form der Mangelernährung, die vor allem bei Patienten mit reduzierter Dialysequalität oder Azidose auftritt. Sie ist kaum mit Komorbidität assoziiert und lässt sich gut mit Azidoseausgleich, Intensivierung der Dialyse und Gabe von Aminosäurelösungen behandeln. Typ 2 wird auch als MIA („malnutrition-inflammation-atherosclerosis“)-Syndrom bezeichnet. Es handelt sich um Patienten mit einem großen Ausmaß an Komorbidität und oxidativem Stress, Inflammation (oft erhöhte CRP-Werte ohne sicheren Fokus) sowie, damit verbunden, erniedrigten Serumalbuminkonzentrationen. Diese Form der Mangelernährung ist ohne Beseitigung der Komorbiditäten kaum beeinflussbar. Es ist auch nachvollziehbar, dass Aminosäurelösungen hier keinen wesentlichen positiven Effekt erzielen. Der Anteil an Patienten mit verschiedenen Typen von Mangelernährung war in den oben erwähnten Studien wahrscheinlich unterschiedlich, was vielleicht auch die Unterschiede in den klinischen Ergebnissen erklärt.

Eine nichtrandomisierte klinische Studie zeigte, dass in einer unselektionierten CAPD-Population bei Verwendung von Aminosäurelösungen zumindest bei 72 % der Patienten ein Anstieg der fettfreien Körpermasse auftrat [28]. Das spricht dafür, dass bei Mangelernährung der Einsatz von Aminosäurelösungen zumindest versucht werden sollte. Diese Ergebnisse wurden allerdings in keiner weiteren Studie reproduziert.

Effekte der Glukoseeinsparung

Aminosäurelösungen sind glukosefrei und könnten daher neben einer anabolen Wirkung ähnliche metabolische Effekte haben wie Icodextrin. In einigen kleineren Studien wurde tatsächlich eine Verbesserung des Lipidstatus beschrieben [23]. Gute Daten aus größeren Studien fehlen allerdings bislang. Zudem konnten wir in einer randomisierten Studie nachweisen, dass die Instillation von Aminosäurelösung im Vergleich zur Glukoselösung akut zur Endotheldysfunktion führt (Verminderung des Blutflusses am Vorderarm; [40]). Die Ursache könnte eine vermehrte Generation von Homocystein aus Methionin sein, das in den Aminosäurelösungen enthalten ist. Auch hier sei erwähnt, dass die klinische Bedeutung dieses Effekts im Langzeitverlauf sowie hinsichtlich Mortalität und Morbidität der PD-Patienten noch nicht untersucht wurde.

Es bleibt auch höchst zweifelhaft, ob es in Zukunft große klinische Studien geben wird, die speziell auf den klinischen Effekt von Aminosäurelösungen fokussieren. Neuere, zum großen Teil vom Anbieter der Lösung gesponserte Arbeiten untersuchen immer eine Kombination aus verschiedenen Lösungen, sodass der Effekt des einzelnen Produkts schwer beurteilbar ist.

Aminosäurelösungen könnten die Funktion und Morphologie der Peritonealmembran günstig beeinflussen

Da Aminosäurelösungen glukosefrei und daher GDP-frei sind sowie auch einen höheren pH-Wert (zumindest im Vergleich zu konventionellen Glukoselösungen) haben, könnten sie aufgrund ihrer guten Biokompatibilität die Funktion und Morphologie der Peritonealmembran günstig beeinflussen. Tatsächlich zeigen tierexperimentelle Studien nach Anwendung von Aminosäurelösungen im Vergleich zu Glukoselösungen ein geringeres Ausmaß an Gefäßneubildung und submesothelialen Ödemen, eine geringere peritoneale Dicke sowie geringere Schäden an Mesothelzellen [43]. Eine klinische Studie an PD-Patienten beschreibt im Vergleich zur ausschließlichen Therapie mit Glukoselösungen eine höhere CA („cancer antigen“)-125-Konzentration und geringere IL (Interleukin)-6-Konzentration im Dialysat als Ausdruck einer besseren Biokompatibilität der Aminosäurelösungen [23]. Größere Studien am Menschen, besonders solche, die die peritoneale Funktion oder Morphologie untersucht hätten, sind jedoch noch nicht publiziert worden.

Aufgrund ihres Designs und/oder der kleinen Patientenzahl konnte bis heute keine Studie zeigen, dass der Einsatz von Aminosäurelösungen zu einer Verbesserung des Patientenüberlebens oder des technischen Überlebens führt.

Zukunftsaussichten

Auf dem Gebiet neuer PD-Lösungen gab es zuletzt wenige Entwicklungen. Ein interessanter Ansatz sind PD-Lösungen mit niedriger Natriumkonzentration. Eine rezente Studie zeigte, dass die Anwendung einer solchen Lösung einen blutdrucksenkenden Effekt hatte und die Zahl der verwendeten Antihypertensiva niedriger war als in der Kontrollgruppe, die mit PD-Lösungen mit höherer Natriumkonzentration dialysiert hat [31]. Das Gesamt-Kt/V (der primäre Endpunkt) war interessanterweise in der Interventionsgruppe signifikant rückläufig, und zwar aufgrund eines Abfalls der renalen kleinmolekularen Clearance. Die Ursache für dieses unerwartete Ergebnis bleibt unklar.

Ein anderer Ansatz ist die Zugabe von Alanylglutamin zu den Dialysatlösungen, um eine bessere Biokompatibilität der Lösungen zu erreichen. Klinische Daten zeigen, dass Glutamingabe die Infektionsrate und die Länge des Krankenhausaufenthalts von kritisch Kranken reduziert [38]. Glutaminmangel reduziert bei Exposition mit konventionellen PD-Lösungen die Hitzeschockreaktion von Mesothelzellen und steigert deren Vulnerabilität [19]. Umgekehrt kann Glutaminsupplementation diese Prozesse umkehren [2, 19]. Rezent konnte von uns die erste klinische Studie abgeschlossen werden, bei der Alanylglutamin (das Dipeptid wird wegen der besseren Stabilität verwendet) bei Menschen intraperitoneal verabreicht wurde. Es fanden sich bereits bei einer Verweilzeit von 4 h eine gesteigerte Expression von Hitzeschockproteinen sowie bei Patienten mit Peritonitisanamnese eine Reduktion der Dialysat-IL-8-Konzentration [20]. Eine derzeit laufende randomisierte, placebokontrollierte multizentrische Studie untersucht den Effekt der intraperitonealen Alanylglutaminsupplementation während einer Beobachtungszeit von 2 Monaten.

Fazit für die Praxis

  • Es ist nicht gesichert, dass neuere glukosehaltige Lösungen mit niedriger GDP-Konzentration die Peritonealmembran länger erhalten oder zu einer Verbesserung des Patientenüberlebens führen. Aufgrund klinischer Daten über einen günstigen Einfluss auf die peritoneale Morphologie sollte aber ein routinemäßiger Einsatz erwogen werden, sofern wirtschaftliche Aspekte nicht dagegensprechen.

  • Icodextrinhaltige Lösungen sollten aufgrund der besseren Ultrafiltration und Natriumelimination vor allem bei APD-Patienten und anurischen Patienten sowie aufgrund der geringeren Glukosezufuhr evtl. auch bei diabetischen und adipösen Patienten verwendet werden.

  • Aminosäurelösungen sollten bei Mangelernährung versuchsweise eingesetzt werden. Ob diese Lösungen die metabolische Situation oder die Funktion der Peritonealmembran längerfristig günstig beeinflussen, ist nicht ausreichend belegt.

  • PD-Lösungen mit niedriger Natriumkonzentration könnten in Zukunft zur Optimierung des Blutdrucks beitragen. Die Gabe von Alanylglutamin könnte durch günstigen Einfluss auf peritoneale Abwehrmechanismen das Membranüberleben verbessern.